Arthur und Beate Bonus (1989)
Zu den auffallendsten Gestalten, die wir in Bischofstein erlebten, gehörte das Ehepaar Arthur und Beate Bonus. Hochgebildet, Idealisten, die nur an das Gute im Menschen glaubten, dabei anspruchslos an das Äußere, hilfsbereit und gütig lebten sie zwischen uns und strahlten immer eine herzliche innerliche Fröhlichkeit aus.
Besonders Beate Bonus werden alle erlebt haben. Am 28.10.1865 in Konstanz als Tochter des Pfarrers Albert Jeeb geboren, verbrachte sie ihre Kinderjahre in Rom, wo der Vater Gesandtschaftspfarrer war. Nach dessen Übernahme einer ländlichen Pfarrstelle in Pratau bei Wittenberg besuchte sie die Oberschule in der Lutherstadt, wo sie durch besondere künstlerische Begabung auffiel. Nach dem Schulabschluss studierte sie an der Künstlerinnenklasse der Münchener Akademie.
Hier traf sie mit Käthe Schmidt zusammen, die nach ihrer Verheiratung mit dem Berliner Arzt Dr. Karl Kollwitz unter dem Namen Käthe Kollwitz eine weithin bekannte Grafikerin und Bildhauerin wurde. Beide jungen Frauen verband eine lebenslange enge Freundschaft, die sich auch auf ihre Familien ausdehnte. Käthe Kollwitz urteilte später über die Freundin:
„Als Malerin leistete die Jeeb nichts Erhebliches, doch kam ihre eigentliche Begabung, die Schriftstellerei nach ihrer Verheiratung voll heraus“.
In ihrem Buch „Malergeschichten“ hat Beate Bonus die Münchener Jahre in humorvoller Weise beschrieben.
Am 10.10.1895 heiratete Beate den ein Jahr älteren Pfarrer und Schriftsteller Arthur Bonus. Von 1895 – 1903 verlebten beide glückliche Jahre im Pfarrhaus von Groß Mukrow Kreis Lübben/Spreewald. Hier wurden auch die beiden Kinder Helga und Heinz geboren.
Nach einem Unfall musste Arthur Bonus 1904, erst 40-jährig, in den Ruhestand gehen. Er widmete sich fortan ganz der Schriftstellerei. Gemeinsam mit seiner Frau machte er die skandinavische Sagenwelt und besonders das isländische Schrifttum in Deutschland sehr volkstümlich. Das Ehepaar lebte zunächst in Dresden, von 1906 – 1914 in Florenz und von 1914 – 1921 in München. 1921 nahm Arthur Bonus eine Stelle als Lehrer und Erzieher an der Odenwaldschule an, ehe er im November 1923 nach Bischofstein gelangte. Dort hatte sein Sohn Heinz von 1917 – 1920 die Schule besucht und mit dem Abitur abgeschlossen. Ripkes stellten dem Ehepaar die drei kleinen Räume neben den eigenen im Dachgeschoss des alten Schlosses zur Verfügung. Sie richteten sie nach ihrem Stil ein mit Bücherwänden bis unter die Decke.
Hier konnte Arthur Bonus seinen Studien nachgehen. Anfangs gab er den Oberklassen noch Religionsunterricht und hielt am Sonntagmorgen im Speisesaal Andachten. Beate Bonus pflegte zwischen ihrem schriftstellerischen Wirken die Blumen und Sträucher des etwas verwilderten Parks. Immer trug sie dabei lange, wallende, weiße Gewänder und breitkrämpige italienische Hüte. Wir Jungen vermuteten, dass das Ehepaar nur ein Bett benötige, da Arthur die Nacht am Schreibtisch durcharbeitete und um 5 Uhr zu Bett ging, wenn seine Frau ihr Wirken im Park begann.
Mit Ripkes verband beide eine hohe intellektuelle Partnerschaft, die beiden Familien reiche Früchte eintrug. Das Eichsfeld wurde beiden eine wirkliche Heimat, in die sie nach ihren Reisen immer wieder neu beglückt zurückkehrten.
Schwer trugen die Eltern am Unfalltod der Tochter Helga nach einem Fenstersturz 1923. Helga hatte in Berlin eine Schwesternausbildung mitgemacht. Sie war vom Ehepaar Kollwitz wie eine Tochter aufgenommen worden und auch Heinz hatte dort längere Zeit gewohnt. Dieser hatte nicht, wie von den Eltern geplant, eine künstlerische Laufbahn begonnen, sondern Volkswirtschaft studiert und später promoviert. Unser Mitschüler, der die Eltern oft in Bischofstein besuchte, wurde später Ministerialdirigent im Bonner Wirtschaftsministerium. Er übersiedelte nach der Pensionierung nach Hamburg, wo er am 27.10.1977 verstorben ist.
Beate Bonus war bei allen Menschen unserer Schule sehr beliebt, wenn auch ihre manchmal etwas kindlich empfundenen Ideen nicht ganz ernst genommen wurden. So hatte sie einmal bei einem Faschingsfest als Pinguin verkleidet und in ein in der Ecke des Speisesaals vorbereitetes Nest mehrere Eier gelegt. Der als Polarforscher hinzukommende Hans Friedel fand die Eier, öffnete sie und las die darin befindlichen Zettel vor. Seine Kumpels hatten aber den Text ausgetauscht und so wurden böse Verse des „Goldenen Alphabets“ mit Bezug auf die Lehrer vorgetragen. Zum Glück bekam die Gute bei dem ausbrechenden Tohuwabohu das nicht mit.
Einen Höhepunkt in der Verbindung mit dem Ehepaar Kollwitz stellten dessen beide Besuche in Bischofstein dar. Auf Einladung Dr. Ripkes waren die auch politisch engagierte große Künstlerin und ihr Mann nach einem kurzen Besuch 1929 im Juli 1932 zwölf Tage im alten Schloss unterm Stein zu Gast. Dr. Rolf Barthel schildert diese Tage ausführlich in seinem Buch „Zwischenspiel in Bischofstein“ (Sonderausgabe 1964 der „Eichsfelder Heimathefte“). Auch in den nächsten Jahren trafen sich beide Paare häufig.
Am 6. April 1941 starb Arthur Bonus 77-jährig. Er wurde auf dem kleinen Bergfriedhof unter großer Anteilnahme aller Bischofsteiner zu Grabe getragen. Beate Bonus zog anschließend in das Haus der Familie Schwehr in der Lengenfelder Bahnhofstraße. Mit der Freundin, die bald darauf auch ihren Mann verlor, traf sie sich noch mehrfach, zuletzt Anfang 1944 in Nordhausen, wohin Käthe Kollwitz im Sommer 1943 übersiedelt war. Sie wechselte bald darauf nach Moritzburg bei Dresden, wo sie kurz vor Kriegsende am 22.4.1945 verstarb. Beate Bonus widmete der Freundin ihr Buch „60 Jahre Freundschaft mit Käthe Kollwitz“, das 1948 im Karl-Rauch-Verlag erschien.
Da ihre körperlichen Kräfte nachließen, beantragte Beate Bonus die Aufnahme in ein Altenheim. Durch Vermittlung von Frau Poser gelang es, einen Platz im nahen Altersheim der evangelischen Kirche im Kloster Zella zu erhalten. Sie wurde dort freundlich aufgenommen und gut versorgt. Nachdem sie vorher doch recht einsam war, fand sie hier viele geistige Anregungen. Am 22. Februar 1954 ist sie hier 89-jährig verstorben. Unter großer Anteilnahme der Bevölkerung wurde sie neben ihrem Mann und ihrer Tochter auf dem Bischofsteiner Bergfriedhof zur letzten Ruhe gebettet.
Neun Jahre später konnte der umfangreiche Nachlass von Beate Bonus, der auf dem Boden des Altersheims lagerte und der Altpapierverwertung zugeführt werden sollte, durch die Oberin gerettet werden, darunter neben vielen Briefdokumenten auch wertvolle Handzeichnungen beider Künstlerinnen.
(Quelle: „Bischofsteiner Rundschreiben“, Weihnachten 1989, S. 14-15)