Aloys Höppner: Thuneres ak Keudelstein und Urkundliches zur Christianisierung des Eichsfeldes (1928)
Die Glocken des Hülfensberges
Nach einem Vortrage im Eichsfelder-Verein Bremen am 27. März 1927
„Noch liegt der Berg im Dämmergrau
Kaum ahnt der Ost den ersten Strahl..
Da wird es laut zu Berg und Tal ...
Zum heilgen Berge wallt es dar
Mit Kreuz und Fahne.“..
(Hermann Iseke.)
Es war im Jahre 1887. Die Lengenfelder zogen den Schlag hinauf. An der Landwehr über dem Petersgrunde schritt der jugendliche Fahnenträger schneller aus, um den Hildebrandhäusern den Weg zu verlegen. Vom Keudelsteiner Schloßhofbrunnen grüßte das Glöcklein `nach alter Observanz die Waller mit hellem Klang. (Und bald hob ein Singen und Summen an wie aus Himmelshöh´n: Üeber der Ulrichsbirke wogte es wie Sphärenmusik und Frührotschein, zu herzberückenden Akkorden vereint: Die Hülfensbergglocken. - Bei ihrem Schall horchte auf der Pflüger im weiten Werratal, auf Ringgaus Höhen, an der Gobert, auf dem Ulstein ,an den Faulunger Pfaffenköpfen, hier Regen erwartend ,dort Frost für den kommenden Tag. Es war kein klar abgestimmtes Zusammklingen, seitdem die eine Glocke einen kleinen Sprung davongetragen, und doch zog die Dominante des Geläutes jeden in ihren Bann, sodaß die Friedaer um Erhaltung der Glocken baten und beizusteuern sich erboten. Aus ihrem ehernen Munde klang es wie Meeresrauschen bald und donnernde Brandung, wie aus rauhen Nordmännerkehlen, bald linder wieder wie Bardengesang. Waren sie doch aus den Spenden der Seeländer von Lübeck und Bremen und reicher Braunschweiger Kaufleute anno 1444 gegossen worden, wie schon 80 Jahre früher die Opfer der nach Venedig durchreisenden Hanseaten den Bau der jetzigen Bergkirche ermöglicht hatten. Ja, die Anhänglichkeit der Nordländer an den Berg, die Kirche und Glocken war so groß, daß sie nach Jakob v. Melle`s Zeugnis bei persönlicher Verhinderung andere Pilgrime „to Sente Hülpe up yensyt Gottingen by Hilgerstadt“ fandten. Wer konnte voraussehen, daß Sie, verehrte Landsleute, 1/2 Jahrtausend später vom Hülfensberge zu den Seeländern verschlagen, einen Pilger von „yensyt Gottinghen by Hilgerstadt“ einladen würden, heute in diesem Saale die Glocken des Sünte Hülpe zu läuten?
Vorbei am Centstein der Ulrichsbirke geht die Prozession zum Hülfensberge. „Es nennt der greise Priester, der predigt unter Himmelswölb, vom Eichsfeld ihn den Glaubenshort.“ (Iseke.) Der greise Prediger ist der Bischöfliche Kommissar Zehrt. Bei seiner Berufung in das Kommissariat i. I. 1836 glich die Bergkirche einem Steinhaufen. Gras und Gestrüpp wuchsen an hl. Stätte. Nach der ersten Verödung des 16. Jahrhunderts war 200 Jahre später ein neuer Rückschlag eingetreten ,sodaß Mainz bereits die Verlegung der Wallfahrten erwog. Als dann Jerome 1810 das Kloster Anrode an den Burgmann zu Eldagsen Franz v. Wedemeyer für 204 000 Frank verkauft und dieser 1821 das Bergplateau der Bischöflichen Behörde überlassen hatte, war es vorerst unmöglich gewesen, den weiteren Verfall der Kirche und den Rückgang der Wallfahrten aufzuhaltem. Da erhoben sich zwei Söhne des Eichsfeldes, Dr. Konrad Zehrt und Dr. Konrad Martin, das alte Landesheiligtum zu retten.
Von 1837-39 waren es 726 Taler und anläßlich des 14tägigen Jubiläums 1848 gegen 4500 Taler, die zur Abstellung der größten Mängel aufgewendet wurden. 1855, 56 und 58 richtete der Sturm neue Verheerungen an. 1860 gab Bischof Konrad Martin den Berg in die Obhut des Franziskanerordens. Bis 1895 erwuchsen über 72 000 Mark Baukosten ,wovon die Geistliche Behörde 50 000 Mark übernahm. (P. Maternus). Das ganze Eichsfeld steuerte bei. Die größten Opfer aber brachten die Umwohner ,die auf meilenweiten, steilen Wegen ungemessene Fronfuhren unter Gefahr für Mann und Gespann um Gotteslohn leisteten. Es frommt, die Berghistoriker daran zu erinnern. Bei den Arbeiten wurde das Alte geschont, nur einmal wich man ´von diesem Grundsatze ab: Die Glocken , die in ihrer Birnenform und besonders gelungenen Legierung einen hohen Kunstwert hatten und die durch 446 Jahre über Berg und Tal geklungen „Kurfürsten und Bischöfe begrüßt, Pilger und Krüppel erfreut, Zeiten der Glaubenstreue und des Niederganges, Pest-, Hunger- und Kriegsjahre überdauert hatten, wurden im Sommer 1890 zerschlagen und von Ferdinand Otto in Hemelingen umgegossen. Noch heute trauert man im Eichsfeld und Hessenland um das alte ,sagenumrankte Geläut in dem man Juwel und Symbol des Berges zugleich sah.
I
Nicht aus eigenen Mitteln gelangte das von Mainz damals eben zusammengekaufte Eichsfeld zu solchen Glocken; die Wickinger des Nordlandes mußten ihre Schätze auftun. Vom Gestade der Nordsee kam auch Winfried, von Franken der Sage nach Karl der Große, von Erfurt 1574 Nikolaus Elgard ,von Fulda 1769 P. Weismüller, dieser mit einem Büchlein ,das wie harmonischer Glockenton den Ruhm des glorreichen Blutzeugen Bonifatius und des Hülfensberges ankündet. Damals wies wohl die Bergglocke noch keinen Riß auf.
II
Im Jahre 1808 läutete Johann Wolf, wehrte dem Irrtum und brachte System in die Geschichte des Berges. Nach 100 Jahren noch ehrt die Nachwelt die wissenschaftliche Ueberzeugung des greisen, um das Eichsfeld hochverdienten Forschers und dankt ihm. Doch auch die Kritik fordert ihre Rechte. Wolf behandelte die Berggeschichte zu sehr als Torso, losgelöst von der hessisch-thüringischen Mission überging den alten Streit zwischen Fritzlar und Hofgeismar.
Die im Südeichsfelde und Werratal ,von Sooden bis Kreuzburg einmütige Ueberlieferung untersuchte er nicht und begab sich somit des Rechtes ,über den Weg des Heiligen zu urteilen und das um so mehr, als er auch literarische Stimmen überhörte: So hätte er in der Göttinger Bibliothek in Paullini`s Syntagma folgende Aufzeichnungen des aus Eschwege gebürtigen Kreuzburger Klosterprobstes Johann Crämer aus 1514 nachlesen können: „J. .J. 724 kam Bonifatius zuerst nach Thüringen. Am Werraflusse einst mit seinen Schülern sich ergehend, gefielen ihm die Berge und Täler so sehr, daß er sich aufs Antlitz zur Erde werfend gelobte, Gott und dem hl. Petrus zu Ehren ein Kloster auf dem nachmaligen Krützberge zu errichten. Die ersten Mönche kamen aus dem Erfurter Peterskloster, dessen Vorsteher er nach alter Ueberlieferung die neue Gründung ans Herz legte. Nach anderen kamen die ersten Brüder aus dem Fritzlarer Colleg (Brower), nämlich Runcolph Svithard, Helmwich, Alefred, Stephan, Modestes, Megino. Der Petersberg wurde von den Kreuzfahrten am Montag der Kreuzwoche später Krützberg genannt. 1252 wurde die Kirche zu Ehren Mariä und Bonifatii auf dem Berge außerhalb der Mauern mit einem Cömeterium gebaut. Heinrich, Bischof von Hildesheim ,zuvor Propst in Helgenstat im Eichsfelde consekrierte sie. 1368 wurde auf dem Krützberge eine Bonifatiuskapelle von Martin Breuning und Nikolaus von Mölhusen errichtet und reichlich dotiert - construunt facellum S. Bonifatii in monte idque dotant liberaliter. - Möglich, daß Nikolaus von Mölhusen, ein Bonifatiusverehrer, auch die Hülfensbergkirche 7 Jahre zuvor mit erbaute und dotierte und dafür sein Familienwappen, die Mühlhaue, in den Schlußstein oberhalb des Eichenbalkens einzumeißeln sich ausbedang. - Landgraf Ludwig der Eiserne verwandelte 1160 das Peterskloster in eine Burg und gab den Mönchen auf Klagen des Erfurter Petersklosters Güter auf dessen Boden bei der Zelle St. Martini unterhalb Francqueroda und errrichtete auf Drängen des Mainzer Erzbischofs des Jakobskloster vor Kreuzburg“, dem Crämer vorstand. 1104 weihte Erzbischof Ruthard in der Zella bei Falken, 4 km abwärts der vorigen Zelle einen Altar ,schenkte ihn dem Erfurter Peterskloster und dotierte ihn mit 3 Hufen Land in Schnellmannshausen, deren Zins erst 1894 abgelöst wurde. 600 m westlich der 2. Zelle des späteren güldenen Stifts, lag mitten im alten Folch=anaha ,wie Thiele in den Mühlh . Gschtsbl. 1906/7 ausführt, die Bonifatiuskirche ,angeblich von Bonifatius gegründet ,nach einer Notiz des Pfarrarchivs von 1850, die sich als Abschrift einer Balkeninschrift (fraglichen Wertes) der 1863 abgebrannten Kirche bezeichnet, 748 erbaut:“Aedes haec diue nativitatis Mariae 748 exstructa.“ Einige Kapitäle werden im Erfurter Museum aufbewahrt. Otto und Sommer, Baudenkmäler, nennen die romanische Kirche sehr alt. Diese Bonifatiustradition wird das Erfurter Peterskloster wohl schwerlich selbst in seine Werragüter hineingetragen haben.
Dem Bischofsteiner Jurisdiktionale von 1586 entnimmt Wolf unbedenklich die durch die Keudelschen Lehnsbriefe widerlegten Angaben über Döringsdorf, Keudelstein, Hildebrandshausen, mißtraut aber der ebenda verzeichneten Nachricht: „Gründer und Patron des Hülfensberges ist St. Bonifatius, hiernach aber , wie die Historien melden, von weiland Karl dem Großen erweitert worden.,“ Auch der Notiz des Heiligenstädter Jesuitencollegs von 1576 „seit Karls Zeiten werde auf den Berg gewallfahrtet,“ sowie dem Anröder Bittgesuch von 1669 „ seit uralten Zeiten werde wegen des Martyrers Bonifatius zum Hülfensberge gewallfahrtet“ schenkt Wolf keinen Glauben und verstrickt sich so in einer Reihe von Irrtümern über Wallfahrten, Bonifatiusfest, Opferhaus usw. Die von ihm bekämpften Irrtümer waren Quisquilien, wie sie jeder Volkstradition anhaften. Damals zersprang die Glocke. Die Wallfahrten nahmen ab.
III
Einige Jahrzehnte später schlug Zehrt an die Glocken Salvators. War er auch kein Historiker von Fach, so doch ein Führer von Geburt, der intuitio erkannte, daß die das Eichenstück der Hülfensbergkirche umrankende Tradition an eine der vielen dem Thor geweihten Eichen: eine Thuneres ak, anknüpfen müsse, und daß somit Stuffosturz und Joviseichenfällung identisch seien. Ihm folgte Pfarrer Ludwig Osburg.
IV
Einst, so geht die Sage, läutete der Bergküster Mette. Da tritt eine unheimliche Gestalt, grau wie der Morgen ins Westportal und blickt ihn unverwandt an. In Todesangst zieht der Läuter weiter am Stricke, bis die Bebendorfer kommen und die Erscheinung verscheuchen. 1909 zog auch Löffler an den Glockentauen in der eitlen Hoffnung, „die richtige Erkenntnis nun auch denen verständlich zu machen, die mit den Handgriffen der historischen Methode weniger vertraut sind.“ (Löffler 1925). Da löste sich aus dem Waldesdunkel eine hohe , hagere Gestalt. Der Glöckner rief Flaskamp zu Hilfe. Doch dieser schrieb gerade Zensuren und ergänzte die abgekürzten Vornamen der Autoren. Und in den Glockenklang mischte sich Wolfs sonore Geisterstimme:
„Up yensyt von der Haderschere,
Epigone! Du betrübst mich sehre;
Strichst neunmalweise mir im Satz
Und setztest dich auf meinen Platz
Mit großem Klamor wie ein Spatz.-
Treff ich dich zwischen zwölf und ein,
Zerbreche ich dir Hals und Bein.“
„Heu me miserum! Weh mir Aermsten,“ stöhnte der Gelehrte auf und zog im Schweiße des Antlitzes weiter an den Strängen ,bis J. Stewe und Brodmann aus Bebendorf heraufeilten. Der Geist zog den Jesuitenhut tiefer in die Stirn und wandte sich gemessenen Schrittes zum Walde.
Hundert Jahre historischer Entwickelung waren an Löffler fast spurlos vorübergerauscht. Die Verfechter der beiden Geismarthesen hatten sich seit Wolf dergestallt zerzaust, daß wirklich nichts übrig geblieben war „als beider Löwen Wedel“. Desungeachtet legte der Kölner Professor das lapidare Bekenntnis ab: „Ich glaube an Frizlar. Die Geschichte des Hülfensberges aber ist einfach genug.“ Ohne Vorstudien über Gaue, Grenzen und Tradition reihte er seine Quellen aneinander: „Der Hülfensberg und dieses Geismar haben n i e m a l s in Hessen gelegen, s o n d e r n in der thüringischen Germarmark.“ (Köln. Volksztg. 1924.) Durch das „sondern“ war die Germarmark in die bonisatianische Zeit verlegt ,um die allein der Streit ging. In Nr. 177 der „Eichsfeldia“ vom 29.08.24 von mir auf die älteste Urkunde jener Mark hingewiesen ,wonach Kaiser Otto II. am 29.04.974 in Mühlhausen seiner Gattin Teophanu Eschwege, Frieda, Mühlhausen, Tutinsoda und
Schlotheim im Lande Thüringen in der Mark Germar und in der Grafschaft des Grafen Wigger schenkte, wußte mir der Landsmann aus Steinbach für diese Belehrung keinen Dank, sondern richtete in seiner 2. Auflage 1925 die naive Frage an mich: „Es ist eine neue kindische Ausflucht, daß die thüringische Germarmark erst 250 Jahre später gegründet sei. War denn vorher ein leerer Raum an dieser Stelle?“ Mich bereits im Orkus wähnend, zitierte er dann am 22.11.1925 in Nr. 273 des „Eichsf Tageblatts“ die Urkunde ,als ob er sie immer gekannt und nie um 250 Jahre vorverlegt hätte. Nie wird er auch zugeben, daß es, da auch nach seinen Quellen ehedem die Chatten bis auf die Höhen des Thüringer Waldes vorgedrungen waren, mit dem „niemals hessischen Hülfensberg“ sehr windig bestellt ist. Das Wörtlein „niemals“ sollte ihm nochmals zum Verhängnis werden. In derselben Tageblattnummer schreibt er: „Erst im 13. Jahrhdt. ist das Werratal an Hessen gefallen, aber es i s t n i e m a l s zu U r hessen gerechnet, s o n d e r n als Landschaft an der Werra deutlich d a v o n unterschieden worden.“ Von mir gestellt, erwidert er am 20.12. 25 in Nr. 297: “Daß sich das „niemals“ auf die Zeit nach dem 13. Jahrhdt. beziehe, sollte ich Leuten ,die lesen können, nicht noch zu erklären brauchen.“ Damit reitet er sein Streitroß nur noch tiefer in den Sumpf. Urhessen und 13.. Jahrhdt. schließen sich gegenseitig aus. Schon wieder das „sondern“! Diese Sondernschmitze müssen jeden Gaul nervös und zu Schanden peitschen.
Pastor Letzner, der 1602 zum Hülfensberge kam, soll Stuffos Vater gewesen sein, obwohl der Erfurter Weihbischof Elgard schon 1575 alte Monumente dieses Götzen und des Bonifatius auf dem Berge vorfand. Wie Shylock feilscht und ringt nun Löffler mit Elgard um jedes Wort. Das „alt“ ist 1575 geschrieben ,ergo kann Stauff (nach L.) nicht vor diesem Jahre gelebt haben. Die monumenta-Baudenkmäler, Statuen, Bilder, möchte er gern verschwinden lassen und übersetzt sie deshalb mit „Urkunden“, obwohl der damals unbewohnte Berg schwerlich als Archiv gedient haben mag. Zornig taucht er dann seinen Fuß in „Kölnisches Wasser“ und verabschiedet den Stauff mit dem Titanentritt:„Man vermißt noch ein monumentum im Sinne des 16. Jhdts., nämlich das Stuffensloch, in das der teuflische Götze gefahren. Wenn er heute noch mit seinem Nebel und Gestank den Leuten bis nach Treffurt hin die Köpfe verdreht, so wird er vielleicht 1575 noch viel heftiger gestunken haben.“
Die Bonifatiustradition des Hülfensberges gibt der streitbare Historiker 1907 in „Unser Eichsfeld“ noch bis zum 14. Jhdt. zu; im Tageblatt 22. 11 .25 läßt er sie jedoch „erst im 16. Jhdt. im Werratal aus der Etymologie Wanfried-Winfried sich bilden und von da auf den Hülfensberg wandern, nicht umgekehrt vom Berg nach Wanfried..“ Also Abmarsch der Tradition von Wanfried im 16. Jhdt., Ankunft auf dem Hülfensberge im 14. Jhdt.
Nach welcher Etymologie mögen dann wohl die Kreuzburger, Falkner, Wendehäuser Treffurter, Burschlaner ihre weit ältere Bonifatiustradition gebildet haben? Warum kommen nach einer Wanfrieder Archivnotiz aus 1730 die Forellen für die landgräfliche Tafel aus dem „Keller-oder Bonifatiusbach“ der seit Menschengedenken nur Häsel- oder Kellerbach heißt? Etwa weil Forellen und Bonifatius mit o geschrieben? Warum ließ man den „Bonifatiusweg“ zum Hülfensberge bei dem Eisenbahnviadukt oberhalb Frieda beginnen und nicht im Strohrump bei Wanfried? Und der Zentstein in Schwebda, an dem Bonifatius nach vorreformatorischer Nachricht gepredigt und die Bonifatiuskirche in Forste (bei Schwebda), das zwischen 1407 und 1483 nach Keudelurkunden wüste geworden? Vielleicht fällt die Begründung besser aus, als beim Wandfrieder Roland: „Als Wanfried 1608 zur Stadt erhoben wurde, gab ihm der hessische Landgraf den hl. Bonifatius in der Darstellung eines Roland zum Stadtwappen .“ Darauf erwiderte Stadtsekretär Strauß: „ In der landesherrlichen Urkunde von 1608 wird das Wappen überhaupt nicht erwähnt, es war schon früher in Gebrauch, so 1583 ohne die Umschrift: „Bonifatius, Gründer der Stadt Wanfried.“ Der geharnischte Ritter ist überhaupt kein Bonifatius, nur der Volksmund nennt ihn so.“ Kleinlaut verzichtet nach dieser Belehrung Löffler im Tageblatt auf die Wappenverleihung durch den Landgrafen, und der Versuch, Bonifatius auf diesem Wege nach Wanfried einzuschnuggeln, endert mit dem griesgrämigen Selbstzuspruch:“ Die Herren vom Wanfrieder Geschichtsverein haben bei dieser Aufbauschung einer Quisquilie (Kleinigkeit) gar nicht bemerkt, daß sie alles bestätigen, worauf es mir ankommt.“ Nun, die Wanfrieder bestätigten ihm nichts, er selbst aber widerlegte mit der Wanfrieder Traditionsformel lediglich seine frühere Jesuitenthese. Die Idee, die Jesuiten hätten die Bonifatiustradition erfunden und dem Volke suggeriert, war so fix geworden, daß er Gegengründen unzugänglich blieb. Ehe noch der Orden gegründet war, bestand die Tradition im Werratal und Eichsfeld. Das Jurisdiktionale des Bischofsteins von 1586 gibt ausdrücklich die „Historien“, also ältere, verlorene Quellen, nicht die Jesuiten als Eideshelfer an. Der Propst von Anrode nennt die Bonifatiuswallfahrten 1669 uralt. Und als die evangelischen Wanfrieder 1568 die Inschrift „Winfrid aus Engelland“ über ihr repariertes Kirchenpoortal setzten folgten sie wohl nicht den Direktiven der Jesuiten.
Mit Verjüngungversuchen bedachte L. auch die 1923 aufgedeckte Knackricksche Freske des Hülfensberges, die er in das Jahr 1610 verlegte. Von Prof. Fuchs=Paderborn 100 Jahre früher datiert und als Bonifatiuskopf und Götze bzw. Engel im Baume bestimmt und von Dr. Uebe bestätigt, erschien sie dem kunstsinnigen Löffler immer noch verdächtig, und er „überdachte wie Jakob die Sache schweigend.“
Weismüller hält 1769 einen Schlußstein der Bergkirche für das gekrönte Haupt Karls des Großen. 1490 berichtet die „niedersächsische Bilderchronik Konrad Bote`s von einem Besteigen des Berges durch Karl, 1576 sagen die Heiligestädter Jesuiten, „seit Carols Zeiten werde gewallfahrtet,“ ähnlich der Bischofsteiner Vogt 1586. 1925 bestimmt Fuchs den Schlußstein als Salvator, Uebe 1926 als Johannes den Täufer (in disco), ein Sachverständiger von 1927 negiert dieses, Löffler aber war der sich freuende Dritte, und er errichtete in 2. Auflage ,um seinen Sieg auch der Nachwelt zu künden, sich selbst einen Triumpfbogen mit den gotischen Majuskeln: „Pfarrer Klamor, ein gewisser jemand wird immer dreister, je weniger man sich um ihn kümmert. Er entblödet sich nicht, den verdientesten Hülfensbergforscher, Wolf, dem der Eichsfeldische Klerus ein Grabmal gesetzt, 100 Jahre nach seinem Tode in bubenhafter Weise zu verunglimpfen“. Flaskamp zu seiner Linken, steuerte Löffler als Erster seinen Siegeswagen durch den weitspannenden Bogen, verlor dabei jedoch seine Schmitze. Symbolisch zerschlug der Sohn des Eichsfeldes edleres Metall als Präses P Zosimus durch Einschmelzung der Glocken. Die durch Zehrts Bemühungen wiederbelebten Wallfahrten gingen trotz Eisenbahn zurück. Am Hülfenstag war der Berg halbleer.
V
Der Wiedenbrücker Historiker hatte auf Grund einer Bonifatiusarbeit promoviert, auch einen Preis davongetragen und griff nun hoffnungsfroh in die Stränge der Bergglocken. (Westfalem, Jg. 1925, Heft 4 Münster.) Zunächst räumte er unter denen, die vor ihm geläutet hatten, auf, aber nicht in sachlicher Widerlegung, sondern meist in Form von Klassenzensuren. Außer Löffler wurde niemand versetzt: so wollte es der ludimoderator Hassiae et Thüringiae. Die Glocken überschlugen sich wie Stauff einst bei seinem Sturz; dann heulten sie auf, sangen ihr wildes Weh hinaus in die Lande, und über die Chattengaue ging ein Sausen wie von Schwingestocke über dem Flachskampe der Ahnen von Wiedenbrück:
„Brodmanns Arbeit ist ein reines Tohuwabohu, anregend zum Bedauern um die verschwendete kostbare Zeit.“ „Höppners Hülfensberg, eine inhaltliche wertlose, in der Form durchaus unwürdige Polemik eines Geistlichen gegen die heimischen Historik0er Wolf und Löffler, verdient Beachtung als (wie wenige) abschreckendes Beispiel ödester Dilettantenarbeit.“ „ Höppner,. Brodmann, Schäfer usw. sollten ihre Feder nicht weiterhin auf diesem Felde mißbrauchen.“ „Wenig methodisch läßt Jestädt viel Unkraut neben gutem Weizen aufschießen.“ Diesem Fritzlarer Dechant hatte er sein Buch, wenn auch ohne Erfolg, gewidmet. Der evangelische Schulrat Dithmar=Eschwege und Lehrer Pippart=Wanfried, Pfarrer Görich und Strauß, die sich in der Zeitschrift „Werratal“ über Wallfahrten und Religiosität verbreitet hatten, erhalten von dem Katholiken Fl. die Note: „Verdienen einige Beachtung als Beiträge zur Geschichte der Frömmigkeit, o d e r b e s s e r mißt man solche Wallfahrten am Geiste von Johannes 4,21 ( im Geiste und in der Wahrheit anbeten) der Verirrung des religiösen Sinnes im äußeren Getue“.
„Je mehr diese Ergebnisse der Forschungen ins Volk dringen, desto mehr zittern die Freunde der Wallfahrten, voran die dortigen Franziskaner und umwohnenden Geistlichen um den Ruf ihres Heiligtums. Ihn zu retten, veranstaltete man auch wieder im Sommer 1924 eine „Jubelfeier“ auf dem Berge. Mit „man“ bezeichnet er die Geistliche Behörde und den zum Jubiläum erschienenen Bischof, die Veranstalter der Feier. Dem eichsfeldischen Klerus, besonders den am Geismarstreit unbeteiligten Franziskanern unterstellt er unlautere Motive. Einmal habe ich allerdings gezittert, als Tertianer, als mir Pater Zosimus beim Sandfahren eine Prise „Nätschi-Dätschi angeboten.
Sachlich gehalten und der Erwiderung wert war nur der Satz: „Schäfer, Höppner und Stewe nehmen in ihrem Beweise die Eigenschaften des Hülfensberges in die Prämissen auf und gelangen so ohne Schwierigkeit zu dem gewünschten Ergebnisse.“ Im wohltuenden Gegensatz zu Löffler hatte Flaskamp in seinen „hessischen Bonifatiuspfaden“ Münster 1924, auch den positiven Beweis für sein Geismar versucht und gleichfalls dessen Eigenschaften mit in die Prämissen aufgenommen. Nun aber erweisen sich diese als zurechtgestutzt oder gefälscht:
1. Das aus der Joviseiche gezimmerte Bethaus wird zu einer Kirche mit eigenem Geistlichen promoviert und dieses Kuckucksei dann auf dem Hülfensberge abgelegt, „auf dessen unbesiedelter Höhe Bonifatius (nach Fl.) nichts zu suchen hatte, auch keinen Priester zurückzulassen damals in der Lage war.“
2. Gestenbergs „die von Geißmar“ werden in „Edderleute“ gefälscht, die nun in hellen Haufen zum Baumfest nach Fritzlars Domhöhe ziehen: „Und den Fluß hinauf hinunter zieh`n die Schatten
tapferer Chatten,
Die den Thunaer beweinen, besten Toten, den sie hatten.“
Oder war nur die Feder ausgeglitten? Nicht anzunehmen bei Flaskamp, der bei Reichsarchivrat Dr. Schäfer „die kleinlich-peinliche Quellenmusterung nach Art histotischer Forschung“ vermißt.
3. Die Erinnerung an die Geismartat soll sich an der Eder lange erhalten haben. - Kein Fritzlarer Mönch erwähnt diese Tat.- Auf dem Domplatze eine namenlose Zisterne, auf dem nahem Marktplatz ein Rolandbrunnen, auch im Dom kein Erinnerungszeichen wie auf dem Hülfensberge. Die über die nächste Umgebung nicht hinausgehende Eichentradition ist nicht ursprünglich, sie schwankt, dem Streit der Gelehrten treulich folgend, zwischen 3 Anhöhen.
4. Die Bonifatiustradition am „Waschbache bei Amöneburg, in der Wildnis von Münchhausen und bei Niederaula werden verworfen; die auf dem Christenberge alljährlich von den evangelischen Gemeinden veranstalteten Bonifatiustage (nach Mitteilung von Schulrat Dithmar) werden verschwiegen; erschrecklich wäre es aber, die „Fußtapfen“ ernst zu nehmen, die Bonifatius, voll Zorn über die auf Amöneburg wieder auflodernden Opferfeuer den Boden stampfend, am Wege nach Roda zurückließ. Flaskamp mag ruhig sein, nur an die Sohlen großer Männer heftet sich die Sage.
5. Einmal ist er im Besitze von zwei richtigen Prämissen, weiß aber damit nichts anzufangen: Etwa 10 Jahre nach dem Sturz der Eiche war Megingoz mit Sturm Schüler des neugegründeten Klosters Fritzlar. Als Würzburger Bischof regte er mit Lullus den angelsächsichen Mainzer Priester Willibald, wie dieser bemerkt, an, das Leben des Bonifatius zu beschreiben und korrigierte auch vor 786 nach einem alten Mainzer Bericht die fertige auf Wachstafeln geritzte Arbeit. (Richter, Fuldaer Geschitsbl. 1906). Zur Zeit der Korrektur war aber Geismar längst von Fritzlar und Buraburg, seit 741 nacheinander Bischofsitze, überflügelt worden. Stand die Eiche in oder bei Fritzlar, so hätte Megingoz die Stelle aufgesucht und in der Petrikapelle gebetet, den Willibald aber veranlaßt, das damals schon anachronistische „bei Geismar“ mit dem Wachsgriffel zu glätten und „bei Fritzlar“ oder „bei Buraburg“ zu setzen.
6. Die Jupitereiche soll der religiös-staatliche Mitteslpunkt des Landes“ gewesen sein. Sie war es höchstens für einige Centenen oder Hundertschaften. Willibald betont, daß Bonifatius „von anderen, die schon gesunderen Sinnes waren und keinen Götzendienst trieben“, auf das Donaridol aufmerksam gemacht worden sei, „quorum consultu, atque consilio roborem succidere temptavit,“ auf deren Rat er (nicht vor Herbst 723 oder 24) es unternahm, die Eiche zu schlagen. Trotzdem setzt Flaskamp die Eiche auf die nachmalige Domhöhe Fritzlars, also mitten in das Missionsgebiet, wo Bonifatius 719, 22 und 23 wirkte, Massentaufe und Firmung spendete.
Der Heilige hätte sonach von seiner Buraburger Blockhütte aus den 4 km entfernten Riesenbaum, diesen „religiös-staatlichen Mittelpunkt des Landes“ jahrelang übersehen, oder nicht sehen wollen, trotzdem er mit den Schutzbriefen Karl Martells in der Tasche nichts zu fürchten hatte, hätte auch alle Hinweise der Eingeborenen solange überhört. Mit dieser absurden Annahme treibt der preisgekönte Historiker der Katastrophe entgegen. Besorgt nur um die Lektüre und die kostbare Zeit seiner Gegner, behandelt er den Kern seines Problems mit geradezu fahrlässiger Gedankenlosigkeit. Wie Löffler mit der Wanfrieder These seine frühere Jesuitenthese abmurkste, so Flaskamp mit dem „Landesmittelpunkt“ seine Donareiche. Eine neue Vogelgauchart fiel fauchend im Wanfrieder und Fritzlarer Holze ein, legt ihre Kuckuckseier ins eigene Nest und lauert auf kahlem Aste, ob ein eichsfeldischer oder chattischer Gimpel kommt, sie auszubrüten.
7. Weil der hochbetagte Bonifatius nach Eigils Leben des Sturmius bei Fulda von seiner Blockhütte aus den Bauleuten zusah ,muß er auch als 40jähriger Missionar immer wieder zum Buraberger Blockhaus zurückkehren, darf dessen Bannmeile nicht überschreiten. Das „Hessen des 8. Jahrhunderts“, auf Flaskamps Karte gestrichelt, umfaßt nur einige Quadratmeilen um Fritzlar, reicht nur bis zur Edermündung ,nicht bis zu den Quellen des Elb- und Emsbaches. Von Metze bis zur 30 km entfernten sächsischen Grenze an der mittleren Diemel gähnt demnach ein menschenleerer Raum. Vom 8. Jhdt. an müssen die Hessen eine beispiellose Eroberungpolitik verfolgt haben. Denn Flachskamps „Grenze heutigen hessischen Volkstums“ geht bis zum Meißnerkamm und zur Quelle der Wehre. Hier lief sie nur vom 5. bis 6 Jhdt. Darauf kehrten die Chatten mit den andringenden Franken zurück ins Werratal und über den Hülfensberg hinaus bis zur heutigen Sprachgrenze.
Von der Hieb- und Stichfestigkeit seiner Prämissen überzeugt, rennt Fl. wie Winkelried in die feindlichen Speere, indem er das ungelesene Quellenmaterial Levisons seinen Gegnern Höppner, Brodmann und Schäfer höhnend als Lektüre empfielt. Nun enthält aber die bei Levison abgedruckte vita quarta Bonifatit auctore Moguntino, die sog. Legenda aus dem 11. Jhdt., die älteste uns überlieferte Grenze, die damals nicht über den Meißner ging, sondern (zitiert nach Galletti) „ über Harleshausen, Brandenfels. Netra, Rittarthausen, um die Felsen des Heldasteins gegen Dreffurth, hinab an die Werra, Wanfried, sog. Landstraße, Schwebeda, über den Eichenberg nach den Schlössern Stein, Gleichenstein, Scharfenstein, zur Leine, Worbis, bei Bodenstein vorbei, oberhalb des Flusses Arn, an Duderstadt vorbei, Schartfeld, zum Harz. Der nicht immer zuverlässige Verfassser der Legenda, - er verwechselt Karl den Großen mit Kaiser Lothar - kann hier , wo er die Grenzen der 4 thüringer Dingstühle und des großen Landgerichts zu Mittelhausen bei Weimar beschreibt, wohl nicht irren. Am Eichenberge, 2 km südlich des Hülfensberges, stößt die Linie auf die Germaramark und schneidet diese, den Hülfensberg westlich lassend und der Urchatten- und heutigen Sprachgrenze bis zum Gleichenstein folgend, in zwei Hälften. Die westliche Hälfte der Mark hielt sich also nicht zum Dingstuhl Thomasbrücken ,sondern zum Chattenloh (Katzenloch) bei Bierbach zwischen Niederhone und Weidenhausen, wo die Bilsteiner Gaugrafen nach falischem Rechte richteten. Sie war also im 11. Jhrdt. nur durch Personalunion (Wigger und Rugger) mit Thüringen verbunden und fiel 200 Jahre später größtenteils an Hessen zurück.
Hatte sie aber noch im 11. Jhdt. ihre hessische Gerichtsbarkeit, so auch zur Zeit der Entstehung der Mark um 974. und nichts spricht dafür, ja der sächsische Einfall des 9. Jhdt. dagegen, daß sie in der Vorzeit bis zum Jahre 531 thüringisch gewesen sei. Die Chatten schufen hier eine ähnliche 20 km-Zone im 6. Jhdt. wie die Sachsen im Norden Thüringens, vgl. von Wintzingerode, Wüstungen, Einleitung. Die Grenze der Legenda wird bestätigt durch örtliche Befunde. Alle bei Schannat abgedruckten und im Marburger Staatsarchiv noch vorhandenen Großbuschlaer Urkunden nennen dessen Jokobis - seit 1508 Bonifatiuskirche „inter confinia Thuringiae et Hassiae sita“ - auf der Grenze Thüringens und Hessens gelegen.- Von hier zieht Dr. B. Jaegers „Meine Mundart“, in Anlehnung an Dr. Konrad Hentrichs „Dialektgeographie der thüringer Eichsfelder“ (Verlag Mecke-Duderstadt) auch die Sprachgrenze nach Norden östlich am Hülfensberge vorüber. In Lengenfeld thüringisch: „De Liete, ich wall pate,“ in Geismar hessisch: „De Lidden, ich wall bade.“ In Treffurt noch “Gajerge, Gantobis, Gift (Schipfen, Tipfen)“und das stimmhafte „s“, „Sand, Satan“, in Burschla hessisch: „Kajerge Kantobis, Kift und das stimmlose „s“. „Sand, Satan“. Seit 1000 Jahren rufen die Hessenzatäner“ zurück: „Thüringer Heringsnasen“, und die Gelehrten streiten sich, ob der Oname von Iring abzuleiten ist. Heringe sind salzig, und wir verargen es dem Thüringer Löffler nicht, wenn er ab und zu scharf wird. Wenn er aber die Bewohner der Wanfrieder Gegend von 1506 als Thüringr, also als ethnographische Heringsnasen auszurufen sucht, so protestiert männiglich gegen solche Marinierung, insonders der Wanfrieder Roland, der seine Bonifatius-Matamorphose kaum verwunden hat. - Die Faulunger Völkers Jerge und Müllenmelcher aßen Schweinebraten im Gasthof zu Katharinenberg. Kantobis aus Burschla sieht ihnen betrübt zu. Jerge nimmt die Schreibsandbüchse vom Fensterbrett hält sie verkehrt über den Teller und murmelt: Ich wall mich en bißchen Pfaffer nahme.“ Kantobis bestellt sich auch einen Schweinebraten, holt die Sandbüchse und streut. Nach einer Weile knirschen des Burschlaer Zähne: „S´äs je Saand zwischen dam Schwienebroten.“ Mit ernster Miene versetzt der Faulunger Jerge: „Viellicht het sich das Schwien mo im Saane rümgewelzert“. Durch die so dokumentierte Stammesverschiedenheit der Faulunger und Burschlaer erleidet Löfflers Ethnographie und Differenzierung der Urchatten und Chatten ein neues Fiasko.Eichsfelder und Thüringer entrüsten sich auch über die hessischen Leichenschmäuse, überhaupt über die gute fettriefende Hessenküche. Der Hesse rächte sich schon im Mittelalter mit dem Spruch:
„Halec assatum Thuringio est bene gratum;
De solo capite faciunt sibi ferkula quinque.“
(Der Thüringer ißt nur mäßig, schon ein Salzhering ist ihm ein Labsal;)
Vom Kopfe allein bereitet er fünf gar leckere Gerichte. Des Eichsfelders Genügsamkeit und Erfindungsgabe kann also durch historische Quellen belegt werden.
8. Nach weitern Autoren, die er selbst nicht gelesen, emphielt uns Fl. u. a. Richter: Es ist ihm also entgangen, daß der Fuldaer Professor und Domkapitular schon vor 6 Jahren Roß und Reiter ins Meer stürzte, indem er Jestädt auf Grund des Willibaldtextes bewog, die Fritzlaer Donareiche abzumontieren und sie mit seiner und Flaskamps Paradepferd, Gerstenbergs Heldenchronik, spazieren zu fahren, wie Wenck und Schnürer schon früher beliebten.
9. So leicht Flaskamp manches Wort entfleucht, so schwer drücken ihn doch die Gedanken: „ Gedankenschwer folgen wir dem Apostel der Deutschen auf den steinigen Pfaden zur Bergeshöhe“. Doch unbelastet von der Gedanken Wucht nennt er Weismüllers „Glorreichen Blutzeug“ ein prähistorisches Machwerk, hat ihn demnach nicht gelesen. Auch Löffler hatte früher den Blutzeug nicht eingesehen, wie er selbst gestand, urteilte aber doch auf Grund eines kurzen, bei Wolf gefundenen Zitats: „Eine kritische Förderung hat das Büchlein nicht gebracht.“ Seine nachträgliche Rechtfertigung muß als befangen abgelehnt werden. Auch in der ausschlaggebenden Grenzfrage verwies er in der Hauptsache auf den landfrenden Flaskamp. Wenn die Methode ,sich gegenseitig als Quelle zu zitieren und Bücher ungelesen zu bekritzeln, Schule machen sollte, steht der Historik eine Glanzperiode bevor. An der Quelle saß der Knabe, am Wasser des Widerspruchs“, an der „Haderquelle“ in der Wüste. In der Haderschere bei Steinbach aber rief ein Vogel: „Schnietet den Speck! Ich hab mein Herz in Heidelberg verloren, in einer flauen Donarschlacht.“ In seelischer Gemeinschaft verbunden, schlugen und verloren die beiden Historiker ihre Schlachten. Ihre Methode erinnert an die Strategie des im Golde Nordhausens kämpfenden Andreas von Buttlar, auf Brandenfels gesessen, der im Jahre 1368 vor der Stadt Heringen den Grafen Heinrich von Hohnstein fing, ihn aber, da er ihn nicht kannte und für einen armen Schlucker hielt wieder laufen ließ. - So nahm auch Löffler den Ritter Roland von Wanfried nach blutigem Ringen gefangen, ließ ihn aber, da er ihn nicht kannte und für Bonifatius hielt, wieder laufen.- Treuherzig verlangten damals die Nordhäuser von Heinrichen, daß er sich ihnen stellte. Doch der Hohnsteiner war nicht treuherzig genug, ihrer Forderung ein Genüge zu leisten. (Galletti, Geschichte Thüringens III 329).- So verlangte auch Flaskamp, treuherzig wie er war , von seinen Gegnern, daß sie seine ganze Bibliothek (Böhmer, Fischer, Levisohn, Loofs, Hahn, Köhler, Richter, Tangl - die Vornamen ergänzt er wohl selbst -) durchlesen und dann sich ihm stellen sollten. Doch Höppner, Brodmann und Schäfer waren nicht treuherzig genug, dieser Forderung ein Genüge zu leisten, zumal sie die Wahrnehmung machen mußten ,daß der kleinlich-peinlich die Quellen musternde Forscher, edelmütig und generös wie er war, Levisons lateinisch sprudelnde Quelle laufen ließ wie Andreas v. Buttlar den Hohnsteiner. -
„In einer lauen Sommernacht“hatten die beiden Donarkämpen dem gleißenden Heerschilde des Grafen von Bilstein keine Beachtung geschenkt und dessen warnende, dräuende Wappensymbolik nicht verstanden. Wie sie in Posse „Siegel des Adels der Wettiner“ nachlesen können, führten die im Höllentale horstenden Bilsteiner Grafen drei mäanderartig gezeichnete Beile im Wappenschilde. Das erste ließ schon die krause Vorstellung ahnen, die Flaskamp von Hessens Grenze hegen würde; das zweite illistrierte den Zick und Zack des Weges, den Bonifatius im 16. Jhd, nach Löfflers Untersuchungen von Wanfried zum Hülfensberge wählen sollte, das dritte Beil die schlotternde Angst, die Löffler befallen würde sooft er die Grenzen Hessens und der Bilsteiner Germaramark ohne den Aegisschild Flaskamps begehen mußte. Auf dem Hülfensberg heulten indes die Glocken. Doch geistige Schwingekraft bewegte die Klöppel nicht, Töne anzuschlagen wie „Tohuwabohu, Unkraut, Zeitvergeudung, Dilettantismus, äußeres Getue. .“ Selbst die Zunächstbeglückten erwiesen sich wenig erkenntlich. Dem Pfarrer Stephan Brandys, einem Zeitgenossen Wiegand Gerstenbergs, gaben die von Buttlar für Abfassung ihrer Familienchronik 100 Goldgulden und versprachen ihm jährlich, so lange er lebte , ein porcum saginatum - einen gemästeten Pork - (Crämer a. a. O.). Bis heute steht ein dahingehender Beschluß der Fritzlarer Stadtväter noch aus.
VI
Aus ähnlichen Erwägungen ,wie sie hier dargelegt wurden, wandten sich die Literaten seit dem 14. Jhdt. mehr und mehr von Fritzlar ab nach Hofgeismar, auch Dillich, aus dem nahen Wabern an der Schwalm gebürtig. Da aber Hofgeismar zur Zeit der Joviseiche zweifellos sächsisch war, so bleibt nur das 3. Geismar übrig. Dieses lag nicht fern der sächsischen Grenze und nahe an Thüringen, was Willibald vermerkt: „Als Bonifatius dieses alles (Firmung und Eichensturz) vollbracht hatte, reiste er nach Thüringen weiter“. (Das profecto des Münchener Codex ist Doppelschreibung, andere haben radiert oder subito, ursprünglich ist das bloße profectus est im Sinne von weitergehen, Levison). Der ortsunkundige Willibald faßte die mehr als zweijährige Tätigkeit in Hessen in den 2 Haupttaten, Firmung und Eichenfällung zusammen. Ende 724 war Bonifatius in Thüringen. Fiel die Eiche wie Flaskamp annimmt, schon im Herbst 723 bei Fritzlar, so bliebe eine Lücke von 5/4 Jahren und das in Thuringiam profectus est wäre sinnwidrig. Die Mönche Fritzlars und die Pröbste Hofgeismars schwiegen sich über die Geismartat aus. Anders ist es zu bewerten, wenn von der einsamen Bergkapelle, des Stuffenberges, wo ständige Grenzkämpfe tobten, keine literarische Nachricht in die Oeffentlichkeit drang. Als dann die Thüringer kamen und später ihre Grenzen bis über Sontra hinaus und auf den Meißner verschoben, mußte der Berg bei den Literaten als Donareichenstätte ausscheiden. Nur der Berg und die Traditionen blieben als Stimmen der Vorzeit. Was hat denn der Johanneskirchkopf, wo Jestädt, der Geschichtschreiber Fritzlars, landete aufzuweisen? Nicht die Spur einer Tradition , keine Wallburganlage, keine Kapelle und Opferstätte, nur ein ausgemauertes Geviert aus dem 13. oder 14. Jhdt ohne Apfis, anscheinend von einem vorgeschobenen Fritzlarer Wartturm herrührend, einen Wald, der einer benachbarten Johanneskirche gehörte, wie der Johanneskopf bei Altenburschla der dortigen Kirche und das Pfarrköpfchen bei Lengenfeld der Pfarrei (andernfalls hieße die Anhöhe Johanneskirche). Auch wäre eine Rieseneiche von der 7 km entfernten Blockhütte Buraburgs deutlich erkennbar gewesen. - Anders der Hülfensberg. Hier ist eineBonifatiusstätte, künden uns Wallburg und uralte Begräbnisststätte wie auf Buraburg und Amöneburg ;Königshöfe im nahen Eschwege und Frieda wie am Buraberge und in Großseelheim an der Ohm. Unterhalb Amöneburg eine Bonifatiusquelle, bei dem nahen Lindau eine Magdalenenkapelle, vom Volke Bonifatiuskapelle genannt, ein untergegangenes Michaelspatrozinium auf Amöneburg , das im nahen Kirchhain und Erfurtshausen sich erhalten hat, auf dem Hülfensberge ein Bonifatiusborm, eine Salvatorkapelle, vom Volke Bonifatiuskapelle genannt im nahen Größtöpfer und Großbartloff Petruspatrozinien, am Fuße des Berges, 2 km nordöstlich ein Hain Petersberg mit Peterswiesen und beim Keudelsstein an der Hildebrandshäuser Grenze ein Petersgrund, die einer ehemaligen Peterskapelle gehört haben können. Da der Berg vor der jetzigen Kirche mehrere Kapellen, darunter eine Savatorkapelle trug ,war es natürlich, daß ein etwaiges Petruspatrozinium aus Dignitätsgründen dem Salvatortitel weichen mußte. Auch in Ohrdruf verdrängte eine Peterskirche den von Bonifarius gewählten Michaeltitel. Es ist überdies nicht anzunehmen, daß ein Bethaus aus dem Holz der Donareiche den Bergstürmen lange widerstanden hat. Löffler ist inkonsequent, wenn er den Petrustitel hier in den Mittelpunkt der Erörterung stellt, auf dem Johanniskirchkopfe dagegen die Petruskapelle nicht verißt.
VII
Wo liegt nun der Zunder dieser immer weiter schwelenden, von manchen für unlöschbar gehaltenen Streitflamme? Seit Ausgang des Mittelalters sahen die Literaten in Jupiter und Stauff zwei Persönlichkeiten; auch die Jesuiten von Elgard an bis P. Müller 1671, Weismüller, dann Dr. Schäfer und alle Fritzlarer Donarleute waren und sind in diesem Fundamentalirrtum befangen. Wolf und Löffler gingen noch einen Schritt weiter und stürzten den Stauff. Löffler vetrieb selbst den hl. Bonifatius vom Hülfensberge. Jestädt concediert dem Stuffenberg eine Eichenfällung durch Bonifatius, doch nicht die Jupitereiche Willibalds. Dem steht entgegen die außergewöhnlich große, den ganzen Eichsfeldgau, den Neter- und Hunetergau unfassende Traditionszone. Götzensturz allein ohne begleitendes Wunder wie bei der Joviseiche und ein Kapellenbau bieten keine ausreichende Erklärung, wie auch rings um Amöneburg, wo Bonifatius wiederholt weilte, Kirche und Kloster gründete ,nur spärliche, unsubstanziierte Ueberlieferung anzutreffen ist: Selbst die Tradition um Fritzlar, die Zentrale mehrerer Missionsreisen ,reicht an Umfang und Intensivität bei weitem nicht an die um das dritte Geismar heran. Man möge einmal den 10 km von Buraberg oder Amöneburg abwohnenden Kuhbauern zumuten ,solche Frohnfuhren zu übernehmen, wie sie beim Hülfensberge als althergebracht und selbstverständlich geleistet werden. Dort wird auch von jeher eine bestimmte Stelle (unter dem Eichenklotz) als Standort der Eiche bezeichnet und weiterer, wenn auch fragwürdiger Einzelheiten wie Axtabholen, Richtung des stürzenden Baumes Erwähnung getan. Ein bloßes Anknüpfen an den Namen Geismar , wie es offenbar bei Hofgeismar der Fall war, wird durch die Tradition des Werratals ausgeschlossen und die weitere geschichtliche Tatsache, daß der von jenseits der Werra ,vom Ringgau kommende Pilgerstrom soviele Krüppel herbeizog, daß der von der Werrafurt 2 km unter Wanfried zum Hülfensberge führende Pfad schon vor dem 15. Jhrdt. „Kröpelsweg“ genannt wurde. Das älteste Zeugnis ist der Eichenbalken des Kirchengewölbes von 1361, wohl ein Relikt einer früheren Holzkapelle. In demselben Gewölbezwickel fand sich 1923 die aus 1500 stammende Freske, die nach Rektor Knackricks Bemerkung (acta sanctorum 1695 ) die Fällung der Donareiche weitläufig darstellte. Wann der Name Stauff, später Stuffo ,der wohl nach dem Berge gebildet wurde, aufgekommen, ist nicht festzustellen. Er war wohl schon vor Bonifatius da und dem Gewährsmann Willibald anscheinend nur entfallen, sonst hätte dieser mit den Landesgöttern vertraute Biograph nicht den Namen des römischen Donnergottes anstatt des germanischen gewählt. Im Jahre 1575 fand ihn Elgard als alt eingebürgert vor. Die Stauffversion hatte die der Eiche so verdrängt, daß Elgard,(vorausgesetzt, daß er Willibalds Stelle gelesen hatte) nicht einmal der Gedanke kam, hier an der Stätte der Donareiche zu stehen. 1361 muß die Erinnerung an die Eiche wenn auch durch die Karlssage und den Kreuzkult beeinträchtigt, noch vorhanden gewesen sein, ebenso um 1500 als die Donarfreske enstand. Zwischen 1500 und 1575 wurde sie vom Stauffmotiv mehr und mehr übertönt. In der Volkserinnerung lebt nur Bonifatius weiter und eine von ihm gehauene Eiche, weniger das Hülfenskreuz, Donar und Stuffo, gar nicht Jupiter und Karl der Große. Der Lenker einer Quadriga, dessen Kühen am steilen Hang die Flanken schlugen, rief mir über der 12. Station entgegen:
„Alles für den hl. Bonifatius!“
Wetterstürme umbrausten den Götterberg. Kelten und Germanen warfen hier ihre Wälle auf. Die Heiden opferten ihren Göttern und begruben hier ihre Toten.
Als 1404 Fehde zwischen Mainz und Hessen aufflammte, flohen die von Geismar und Töpfer vor den plündernd talaufwärts ziehenden Hessen auf den Berg. Auch der Pfarrer von Geismar flüchtete und blieb aud dem Berge wohnen bis 1532. Ein Zufluchtsort für Bedrängte, ein Berg der Hülfe für Sieche und Kranke, gewann der altersgraue Bergriese, Ehre und Ruhm in deutschen Landen, Freunde und Wohltäter vom Fels zum Meer. Durch mehr als 1000 Jahre retteten die Gaugenossen die einzig-dastehenden Ueberlieferungen, unbekümmert um den Streit der Gelehrten, um Neid und Irrtum. Das Los des Berges teilten seine herrlichen Glocken. Sie, die des Salvators Ehre und Winfrieds Ruhm hinausgeläutet und manchem müden Landmann und Pilger Kraft und Trost in die Seele gesungen hatten, fielen einer wenig kunstverständigen Zeit zum Opfer. Doch aus dem eingeschmolzenen Erz erstanden neue Bergherolde, deren größter den Weltkrieg überdauerte. Unvergessen sollen sein die Wohltäter des Berges. Der beste Dank an P. Weismüller und P. Maternus wäre eine Neuauflage ihrer tefflichen Werke. Mit den berührten Einschränkungen gebührt Dank auch Löffler und Flaskamp, die nur der Wissenschaft dienten und dem Prophetenwort nachstrebten: “Den Frieden liebet und die Wahrheit“ (Zacharias 8, 19), überzeugt, daß Friede und Wahrheit nur im harten Kampf zu erringen sind.
„Weh dem, der fern von Eltern und Geschwistern Ein einsam Leben führt.“
(Goethes Iphigenie)
Ersatz für Heimat und oft für Eltern bietet Ihnen, w. Ldslt., Ihr Eichsfelder Verein, Ersatz bietet Ihnen das Studium der reichbewegten Geschichte Ihrer Eichsfeldischen Heimat, aus deren Tälern der Hülfensberg wie ein lieber Vater sein altehrwürdiges Felsenhaupt emporreckt und Sie alle einladet: Erzählen Sie Ihren Kindern in trauter Dämmerstunde von Bonifatius und seiner Säkulartat auf eichsfeldischer Erde und kommen sie zur Sommerzeit in gemeinsamer Pilgerfahrt zum Sünte Hülpen, um wie in der Jugend fernen Tagen zu hören die Glocken des Hülfensberges.
Der Keudelstein (Schwebdaer Archivstudien)
An der Südgrenze des Eichsfeldes scheidet ein Höhenzug die Gemarkungen Wanfried und Hildebrandshausen. Zum jähen Sturz senkt sich der Südwesthang ins Werratal. Im Sonnenschein leuchtet das Urgestein, seitdem am 24. Januar 1640 ein Bergrutsch es bloßlegte und „das städtische Hochzeitshaus, in dem Klauß Fischer seinen Ehrentag beging, derart erschütterte, daß die Tassen ein Ellen hoch sprangen.“ (Strauß, Chronik der Stadt Wanfried). Am nördlichen Ausläufer türmen sich Felsenschroffen zu einer Kuppe und werfen ihre Schatten über das ehedem kurmainzische Lehn.
Kywobsdorf, das jetzige Rittergut Keudelstein.
I
Die Wüstung Kywobsdorff, (Bigener-Mainzer Regesten II 209) Kuwelsdorff, Kubsdorf, birat in ihrer Stammform noch den früheren Namen des seit dem 13. Jahrhundert als
Plesse
bezeichneten Bergrückens: kun oder kon, sowie das Grundwort von Koydel. Kelten warfen wohl den Halsgraben der Keudelskuppe aus und hinterließen auch die Wälle und Abböschungen am Konstein, der Südostspitze der Plesse.
Das keltische kon, kun-Spitze, Erhebung wurde von den um 400 vor Christus nachdrängenden Germanen übernommen wie beim
Kontal
am Fuße des Heldrasteins, dessen Ostkuppe im 13. Jhdt.
Hunnenburg,
mundartlich noch heute Hünenburg genannt wird. Mehr als 100 „Hunnengräber“ finden sich auf dem Ohlberg und Fritzkopf am Karnberg südlich des Konsteins. Die 2. Silbe von Kywobsdorf kehrt wieder in der wüsten „villa Bocenroth, Bochenhrot“ (Magdeburger Handschrift A, Blatt 6 b) im heutigen Bockental am Ostfuße der Keudelskuppe (Junkerholz) und in dem ebenda genannten „Bokemal“: vok, wob wel. Ob das von Kaiser Heinrich IV. 1074 errichtete Kastel. Bocenroth (Lamberts Annalen) mit der Plesse identisch ist, bleibt fraglich, da Befestigungsspuren, wie sie die Hasenburg zeigt, fehlen. Solche fehlen aber auch bei den beiden Volkerode an der Gobert und nordöstlich Mühlhausens. Die von Wintzingerode noch offen gelassene Frage, ob das im Vertrag Ritter Engelbert v. Hardenberg`s und der Stadt Mühlhausen (20/4 1312) aufgeführte
castrum Plesse
bei Göttingen oder auf der Keudelskuppe zu suchen sei, entscheiden die von Bigener gesammelten Regesten des Erzbistums Mainz II nr. 209, wonach der ältere Reinhard Keudel um die Mitte des 14. Jhdts. 2 Hufen in Bebendorf und als Burglehn auch das Dorf Kywobsdorff und die Wüstung Wintersdorf bei Burg Plesse“ innehatte. Demnach errichtete Gotschalk v. Plesse, während er „von 1251-1259 das castrum Lapis - Schloß Stein - für Erzbischof Gerhard I von Mainz bewachte und bewahrte“, (Gudenus I. Nr. 371), auf der Keudelskuppe einen Burgstall ,der zwar bald zerfiel, dem ganzen Höhenzug aber den Namen hinterließ. Auf eine Burg deutet auch die Wüstung „Burgerode“ am Westhang und die Ueberlieferung.
Kubsdorf selbst entstand erst in der 2. Siedelungsperiode, der Zeit nach 400, in denen die Wohnungen sich zu einem Dorf, gotisch thaurp, lateinisch turba = Haufen zusammenschlossen. Es zog sich gegen Osten in Richtung der um Petersgrund und Thiobaldskutte zerstreuten Siedelstätten. Nördlich schloß sich „das Arnstell“ an, der Burgstall eines Armen, Harmen, Heerführers. (Vgl. Hermannstein in Heiligenstadt - Wallburg eines Harmen). Aelter als Kubsdorf sind die nur nach Grundwörtern benannten Orte: Hesler, Hestelar, Hessel, aus lar = Platz, Ort des Hasso; Gäsmer, von mar = Wasser; Effelder = Gehölz am Wasser, von affa = Wasser und tar, nach Abschleifung ter, tre, tern, dern = Baum, Wald. Das Grundwort tar dient als Bestimmungswort in Tarfurt, Trefurt, Dreufurt = Furt im Walde (nicht von drei Furten, die nicht vorhanden, sonst den Dativ Plural furton, furten bedingt hätten); Tebra = Bau im Walde, bur, bere, buri = Bau, bauen.
Die 2. Silbe steckt in Brustloha, Bursloha, Burschla = Baum am Waldwasser, loh = Wald aha, ehe a, e, au = Wasser, sowie in Kalten- und Kreuzeber Wohnung am Wasser.
II
In der Frage wann Mainz hier zuerst Fuß gefaßt, sind wir auf Konklusionen angewiesen. Sehr anschaulich stellt Robert Hillmann im Eichsfelder Volksblatt 230/25 die Anfänge des mainzisch-eichsfeldischen Territoriums dar und führt sie auf fromme Stiftungen (Seelgeräte) oder kaiserliche, fürstliche Schenkungen zurück. Auch im südlichen Eichsfelde sind beide Besitztitel nachzuweisen. Geismars Kirche und die noch ältere Kapelle des Stuffenberges unterstanden dem Patronat des mainzer Martinstiftes in Heiligenstadt, ebenso wie fast alle älteren eichsfelder Kirchen, Wiesenfeld und Ershausen. Die Kasten- und Hüttenstätte auf den Kirchhöfen zu Stuffenberg, Wiesenfeld und Ershausen. Vergab Mainz an die Familie von Weberstedt, die schon im 13. Jhdt. unter Bruno dem Aelteren in Oberhone bilsteinsche Güter besaß und nach einer Urkunde von 1359 unter Bruno dem Jüngeren in Diensten des Erzstiftes stand. Dieses verfügte also hierzulande über Stiftungsgüter ,bevor es die Aemter Gleichenstein, Scharfenstein, Birkenstein (15.11.1924) und Bischofstein (1326) erwarb. Aber auch größerer Grundbesitz war dem Erzstuhl in der Umgebung des Stuffenberges vor 1326 zu eigen ,so 1318 ein Hof in Hildebrandshausen, im 14. Jhdt. das damals nicht wüste Dorf-Döringsdorf mit Zubehör, verlehnt an die v. Weberstedt, 1251 die 1800 Morgen umfassende Plesse von Gottschalk v. Plesse befestigt.
1271 Kubstedt, auf dem Reinhard Koidel sitzt (Schwebdaer Archiv). Diese zusammenhängenden Güter setzen fürstliche Schenkungen voraus. Solche wären aber in jener Zeit auch urkundlich überliefert worden. Wir müssen deshalb einige Jahrhunderte zurückgehen da kaiserliche Huld und gaugräfliche Familienbeziehungen solchen Zuwachs begünstigten. In seiner Beschreibung des Arcivdiakonats Heiligenstadt, p. 22, spricht Wolf die Vermutung aus, daß das Collegiatstift an der im 9. Jhdt. erbauten Martinskirche schon vor Erzbischof Erkenbald (1011-21) errichtet worden sei. Dazu gibt Philipp Knieb „ Geschichte des Martinsstiftes“ in „Unser Eichsfeld“ 1906 folgende Begründung: „Schon vor 1070 besaß das Stift den Zehnten in den königlichen Dörfern Gronaha bei Göttingen, die Kaiser Heinrich I. seiner Gemahling Mathilde schenkte. Noch zu deren Lebzeiten war ihr Enkel Wilhelm Bischof zu Mainz (954-68). Die Gründung und Dotierung des Stiftes durch Mathilde oder ihren Enkel liegt nahe.“ Dem sächsischen Kaiserhause verwandt war Graf Wigger, nach Killmers Vermutung ein Sohn Wido`s und der unehelichen Schwester König Heinrichs I. Er erscheint zuerst als Heerführer seines Vetters, Kaiser Ottos I (936 bis 973). Für ihn stellt Kaiser Otto II eigens die Germaramark aus mehreren Gauen zusammen. Er starb nach dem Fuldaer Totenregister 981. Sein Sohn Wigger II. schenkte 987 (Marius Skotus) oder 997 (Dobenecker, Regesten I, 537) das Kloster Dorla mit dem großen Dorlaer Walde dem Erzbistum Mainz. In seiner Gegenwart weihte Bischof Williges die Klosterkirche ein, kam in jener Zeit - 990 und 1000 - auch nach Heiligenstadt. Seit 742 führten die Gaugrafen den Titel „Verteidiger der Kirche“. Sie begleiteten den Bischof auf Visitationsreisen. Bei solchen Gelegenheiten mögen die Wiggers nach Verschenkung des Mühlhäuser Grundbesitzes aus ihren über die ganze Mark verstreuten Grafengütern, wozu auch der Greifenstein und Grebendorf zählten, weitere Liegenschaften an Mainz abgetreten haben. Ja, es müssen noch ältere, auf kleinere Stiftungen ge gründete Besitztitel des Erzbistums vorliegen: Seine ersten Erwerbungen gruppieren sich um den Stuffenberg, der schon im 10. Jrdt. eine Kapelle trug. Unter der Thiobaldsnase (mundartlich Tiebels-, nicht Täibelsnase) liegt der Hain Petersberg mit der Peterswiese, die Mainz den Hansteinern verlehnte, 100 Meter ostwärts eine Wüstung: 1500 Meter südwärts jenseits des Sperbergrabens (nach der Heiligenstädter Familie Sperber benannt), am Nordosthang der Keudelskuppe, 300 Meter nördlich von Borenroth, stoßen wir auf den Petersgrund und die Thiobaldskutte. Erst v. Wintzingerodes geübtes Auge entdeckte hier Siedelungsreste. Eine Wüstung Petersgrund wird nicht aufgeführt. Welcher Peter war imstande, den Namen der offenbar sehr alten Siedelung auszulöschen? Durch das ganze Mittelalter trugen die Männer fast ausnahmslos wie alle deutschen Kaiser deutsche Namen.
Es kann also nicht wie in Thiobaldskutte, Bokkemal und Ulrichsbirke ein Personenname in Frage kommen, sondern nur ein Kirchentitel. Die den Kirchen geschenkten Ländereien, gingen gewöhnlich, wie R. Hillmann ausführt, „nicht in das Eigentum des Gotteshauses über, sondern blieben als Lehen gegen eine Abgabe in den Händen der Stifter ,die sich alsdann, weil sie nicht weltlichen Machthabern unterstehen durften, unter den Schutz eines geistlichen Herrschers begaben.“
Das nächste Gotteshaus stand aber in alter Zeit 2 km westwärt auf dem Stuffenberge. Dorthin verschenkten die Anwohner des Petersberges und des Petersgrundes ihren Grundbesitz, dorthin entrichteten sie besondere kirchliche Abgaben Jahrhunderte hindurch, nachdem sie sich bei jenem Anlaß dem Erzstuhl unterstellt hatten und gleichzeitig den Hansteinern oder Keudeln zinspflichtig geworden waren. Ein Zusammenhang beider Flurnamen ist unverkennbar. In ihnen besitzen wir die ersten Urkunden einer Peterskapelle aus alter Zeit und fügen damit zugleich das letzte Glied in die Beweiskette:
Der Stuffenberg die Stätte der Donareiche.
Als erste Lehnsträger von Kubsdorf treten auf die milites v. Koydel, Koidel, Keydel, Keudell. Die Familie verlegt ihren Stammsitz in das Ulfental jenseits von Sontra.
Ihre Wappenembleme sind dem gleichklingenden „Keiler“ entlehnt. Im Schild ein grüner Balken, darüber 3 schwarze Schweinshauer. Als Helmzier einHut mit 2 Schweinsohren. Der Hut deutet auf die im 13. Jhdt. erlangte Ritterwürde. Killmer, „Die Lande um den Meißner,“ Allendorf a.d. Werra, Verlag Fischer erwähnt einen früheren Familiennamen:
1384 Hans Keudell genannt Füllekopf.
Noch heute heißen die Sassen des Keudelschen Geichtsdorfes Hildebrandshausen „Füllenbeine,“ und ein Olied höhnt über die Frondienste, die den Keudelsteiner Gerichtsherren zu leisten waren:
Hilbershiser Föllenbain!
Huck mich uf un trag mich häim,
Trag mich bis ufn Käidelstäin,
Nochten wall ich schun witter geh.“
Die im Rezitierton gesungenen Verse fallen in der letzten Silbe wie der Gauchruf um eine Terz und geben so das Drückende der Fronlasten wieder, während beim Wilbicher Sang „In Wilbich an der See, Da gibts viel L.... und Fl...“
der Ton schon bei der 3. Silbe der steigenden Tendenz dieser Wappentierchen entsprechend eine Terz höher klimmt. In Schwebda ist die Erinnerung an den Füllekopf verblaßt und somit die Annahme berechtigt, daß die Koydels ursprünglich am Kon oder Kun saßen. Möglich ist es auch, daß lediglich ein Oname des Eichsfelder Zweiges vorliegt, den die schwebdaer Linte mit dem „Gülskopp“, dem weitbauchigen pferdekopfartigen Tragekorb der Eichsfelder foppen wollte, wie es die hessischen „Langkörbe“ und Zwerchsäcke“ noch heute sich nicht versagen können.
Die älteste Urkunde des Schwebdaer Archivs, datiert 1227, nennt Albertus de Koidel, eine andere von 1271 Reinhard Koidel zu Kubsted, 1301 hat Ritter Keydel Lehngüter in Schwebda. Die von Rudolf v. Buttlar=Elberberg verfaßten „Stammtafeln der althessischen Ritterschaft“ beginnen mit dem 13. Keudel, Rudolf zu Schwebda und Falken, vermählt mit einer v. Hanstein um 1350.
Von den hessischen Landgrafen besaßen die Keudel Güter in Eschwege und Wanfried, Burgsitze auf dem Fürstenstein, von den Thüringer Landgrafen nach dem ältesten Lehnsbrief von 1390 Güter in Schirbeda, Falken, Tubinthal, Schönburg, Schierschwende, Treffurt, Holdra; dann in Schwebda 6 ½ Hufen, die man uns verzinset, 6 erbliche Hufen und 6 Bryhufen. Der nächste Brief von 1407 enthält inForst 3 halbe Hufen und 6 Höhe. Im Brief aus 1483 werden Forst und Schirbeda als Wüstungen bezeichnet. die Umgebung der Keudelschen Feldscheune 100 Meter östlich von Schwebda heißt noch „bei der Forstkirche“.
Nach Bigeners Regesten II. 209 war der ältere Reinhard Keudel um die Mitte des 14. Jhdts. von Mainz belehnt mit 2 Hufen in Bebendorf, dem Burglehn Dorf Kywobsdorf und der Wüstung Wintersdorf, war Burgmann auf Bischofstein und übernahm 1354 - Bigener II. 230 - von Bethold und Berlt (von Netra) und Heinrich v. Worbis das ihnen versetzte Achtel der Hälfte von Bischofstein.
Killmer bemerkt: „Derselbe Reinhard Keudel baute Mitte des 14. Jhdts. Wahrscheinlich das nach ihm genannte befestigte Gut Keudelstein.“
Diese Hypothese wird bestätigt durch die Frondienstordnung vom 27./12. 1580, worin Berndt Keudell die Untertanen von Hildebrandshausen verpflichtet. „“Holz, Stein und Strohe zu fahren, darum das forwergk zu Kubsdorf wieder erbauwet und in tach und fach bracht werde.“
Das castrum Plesse auf der Keudelskuppe muß wohl um 1350 nicht mehr genügenden Schutz geboten haben: deshalb benutzte Reinhard die nahe Quelle zur Anlage einer Wasserburg.
Das 1580 wieder aufgerichtete Vorwerk erhielt seine jetzige Gestalt erst um das Jahr 1669, dem auch das reich ausgestattete Portal entstammt. „Das als Brüstungsausfüllung oft verwendete Andreaskreuz mit gebogenen Eckstücken bietet keinen ästhetisch einwandfreien Eindruck. In ihm spiegelt sich bereits der Niedergang der Fachwerkarchitektur wieder.“ So K. Händly in „Unser Eichsfeld“ 1922, 1. Damit erledigt sich Wolfs Angabe, „Berndt v. Keudel soll 1552 den jetzigen Keudelstein erbaut haben,“ sowie v. Wintzingerodes Vermutung: „Wahrscheinlich war Kubsdorf wie Döringsdorf ein Teil des hessischen Amtes Wanfried und gelangte erst durch den Vertrag vom 8.9.1583 an Mainz.“ (Wüstungen, S. 210.)
Beiden Historikern waren die Mainzer Regesten entgangen, nicht zugängig die Schwebdaer Original=Lehnsbriefe, die von Geheimrat Eduard Thilo v. Keudell gesammelt, hierunter zum Abdruck gelangen:
IV
1398
Wir Johan von Gottesgnaden des heiligen Stuels zu Meintz Erzbischof, des heiligen Romischen Reichs in Deutschen Landen Ertz Canzeler
Bekennen mit diesem brieffe, das wir Heinrich Keudell und Rudolf Keudell, desselbenHeinrichs Bruder seligen Sohn, Berlett und Reinhardt, Reinhardten Keudels seligen Söhne, diese nachgeschriebeneGuetere mit nahmen ein Burgkseß an dem berge zum Stein und einen Baumgarten gelegen uf der Honewiesen zu Burgklehen; das Dorff Winterstorff mit seiner Zugehorunge und den Mittelbergk für der Plesche, eine hube zu Lengefelt, Hoffe Kirchstette und Huttenstette mit ihren zugehorungen daselbst, Kuwelsdorf mit seiner zugehorungen zwoe hube landes mit ihrer Zugehorunge zu Sickenrode, eine Wiesen uf dem Bruche zum Riethe und das Holtz an dem Ulenstein
zu Mannlehen geliehen und sie die von Uns endtpfangen han, Uns, Unseres Stieffts Manne und Burgkmanne recht daran ußgenommen, und Uns darueber in treuen gelobt und zu den Heiligen geschworen, getreu und holt zu sein und solche Burglehn und Mannlehn zuvordinen mit treuen Ayden, gelübden, Setzen und Diensten, als dicke das noth thut und solcher Lehn Recht und gewonheit ist, ohne geferde. Das zu Uhrkundt ist Unser Ingesigill an diesen brieff gehangen, Datum Heiligenstadt feria quinta post diem Walpurgis Anno Domini Millesimo tricentesimo nonagesimo octavo (1398).
1421
Dinstag nach Letare: Ich Herman von Weberstedte bekenne an diesem offenen brieffe vor mich und alle meine rechten Erben, das ich eines rechten Kaufs verkauft habe und vorkaufe mit Krafft dieses brieffes den Gestrengen Berlden und Reinhard Keudeln gesbruedern, Reinhard und Hertinge von Eschweg gebruedern und ihren rechten Erben mein Burglehn zu dem Steine und alle Zubehörungen gelegen in Dorffen, in Felde, es sey an acker, an Wiesen, leyden, an Holtz, an Felde, an Wasser, an Weiden, sucht und unersucht, wie die nahmen haben, nichts usgescheiden mit aller Erbarkeit, Wirdigkeit und freyheit als es meine Eldern auf mich bracht und geerbet haben mit Nahmen: das Burglehn poben der Capellen und die zwey Burglehn bober Heinrich von Rotenbergk, einen Hoff bober dem Teiche, einen Hoff dabeneben Molen und Wiesenstett uf dem Kirchoffe zu Lengefeldt, das Dorf zu Doringsdorff mit aller Zubehorunge, Huthenstedte und Kirchstedte auf dem berge zu Sanct Geholffen, meine gute Zinse und aller Zubehorungen, zu Geismar, meine Zinse und gute zu Rustungen und alle Zubehorunge, Hesler mit aller seiner Zugehorunge, das guth zu Wiesenbeche und Scheurenstette uff dem Kirchoffe zu Wiesenfelt, eine Wiesen beneben topfern, alle meine gute und Zinsen zu Wannfriede, Wenn ob ich guter vergessen wehren, die da liegen in diesen ehegenannten feltmarks oder umb die feltmarks da sollen sich die Vorgenanndten meine Kauffere zugehalten.
Vor diese obgenanndten Guetere haben sie mir gegeben Sechszigk Gulden und hundert gulden, di sie mir davor nutzlich und wohlbezalt und vergolten haben, und was dessen vorgenannt guther verfaßt waren, die sollen sie lösen und sollen an der vorgenannten Summen geldes abegehen, doch haben mir mein Kauffer die gunst und willen gethan, welche Zeit ich in diesen nechsten sechs Jahren nach Datum dieses brieffs mich enderte und ehelich wurde, so sollen mir die genanndten Kauffere mein guth wieder vorkauffen vor dieselben Summen geldes als vorgeschrieben stehet also bescheidlich das ich und meine Erben das guth selbs besitzen
und behalten wollen, was auch, das ich Hermann ehegenanndter ohne leibslehnerben abginge, wann ich mich geendert habe und ehelich worden were, sosollen sich diese vorgenanndten meine Kauffere zu diesen vorgenanndten gutern gehalten - und wann diese vorgeschriebenen sechs Jahr umb kommen sind und ender ich mich nicht und werde ich nicht ehelich in den Jahren, so soll ich den vorgenanndten meinen Kauffern ihn die Gueter förder nicht legen und keine Losung oder Recht mehr daran haben, oder niemands von meinet wegn ohne alle Gevehrde. Wers auch das ich die Guter lösete binnen den 6 Jahren vorgeschriebene was sie dann an dem Burgklehn verbauwet hatten, das kundelich wehre, dann sollen wir yndtlegen von dem Hauptgeld an allerley Inlegunge ohne gevehrde.
Auch will ich ehegenanndter Hermann meine gnedige Herrn von Meintz und sein Stifft das vorgenannte Guth mundlich und schriftlich ufflaßen und des vorziehen vor mich und meine erben, wenn auch das solch wiederkauff geschee als vorgeschrieben stehet, so sollen sie mir das guth wieder aufflassen vor meinen gnedigen Herrn von Meintz und vor sein Stiffte ohne gefehrde..
Bey diesem Kauffe seindt gewest die Gestrengen Fridrich von Fladichen und Otto von Natza, die diesen Kauff gemacht und getheidigt han, als dieser brieff inheldt und ausweiset und des zu Bekenntnisse han ich Hermann obgenanndt mein eigen Ingesigill an diesen Brieff gehangen vor
mich und meine Erben. so bekennen wir itzung genandter Friderich und Otto, das wir diesen Kauff getheidigt han als hievorgeschrieben stehet und haben des umb bitte willen Hermanns von Weberstete unser beide Ingesigill an diesen Brieff gehangen. Das sein Ingesigill zu Kundtschaft und zu einem wahren Bekenntnis dieses vorgeschriebenen Kauffs. Gegeben nach Christi Geburt 1421.
Döringsdorf war demnach 1421 nicht wüst, entstandt nicht erst um 1486, und so berichtigen sich die auch von Wolf und Wintzingerode übernommenen Angaben des Bischofsteiner Jurisdiktionalbuches aus 1586: „Döringsdorf ist innerhalb 100 Jahren (also 1486) von Neuem zu Bauen angefangen und zuvor keine Wüstung gewesen.“ - Auch nach dem Verkauf von 1421 blieb Döringsdorf mit den übrigen Weberstedtschen Gütern im Besitze des Erzstiftes, wie die Auflassungs- und Wiederkaufsklauseln ergeben. Und als Bischof Wolfgang 1583 das von den Keudeln an Buttlar und dann an Hessen weiterveräußerte Döringsdorf durch Austausch zurückgewann ,trug dieses Verfahren eher den Charakter einer Wiedereinlösung.-
Die von Weberstedt saßen auf der Burg in Weberstedt bei Langensalza. 1286 „Eckhard von Weberstedt genannt Fuß,“ dann „Gans“ v. Weberstedt. Bis zum ältesten der „Gänse“ führten sie das Adlerzepter im Wappen, ebenso die Harstalls und Goldacker. 1350 hatten die v. Goldacker die halbe Burg Weberstedt inne. Die W. verzweigten sich nach Mihla. Dort am Harsch- oder Horstberge über dem Horschel bauten sie einen Burgstall und nannten sich danach v. Harstall, so 1286 Ritter Berthold v. Harstall und seine 3 Söhne (Killmer). Auch die Ableitung von har - Wald ist möglich.-
1433
Wir Konrad von Gottes Gnaden des heiligen Stuels zu Meintz Erzbischof, des heiligen Romischen Reichs in deutschen landen Ertz Cantzeler Bekennen und thun kundt offentlich mit diesem brieffe, das wir Unseren lieben getreuen Preußen Eckardt Preußen seligen Sohne und Hans Keudell, Berthold Keudels sohne und ihren leibslehnserben diese hernachgeschriebene Guetere zu rechten Mannlehn und burglehn gnediglich geliehen han. Und liehen gegenwertigklich in Krafft dieses brieffs die auch von uns und unserem Stift zu rechtem Mannlehn und burgklehn ruhren und gehen und seindt dies die gutere mit nahmen.
Zum ersten Mannlehen dreh hube landes vor dem Stein gelegen und ein gehultze nechstbey der Zelle item sechs Acker zu Lengenfelt,item zu Lengenfelt drey hube landes in dem Gericht zum Stein. Item zwölf Acker an der Honelle, item zwon Wüstenunge genanndt Gegenrode und Syndelbach boben Bartolff gelegen und das Holtz darzu gehoret. Item sechs hufen landes in der Wustenunge zu Dietenroda, Kastenstett und Hubtenstett uf dem Kirchoffe Ershausen, item vier Acker Wiesen beneben Topfern und das Dorff zu Hildebrandshausen mit aller Zubehorunge,
item zu Burglkehn mit nahmen zwey Burgklehn zu dem Steyne, eins gelegen zwischen den Burgen und eins auswendigk under dem thurme und zwene garten bey dem Teiche daselbst.
Solcher Burgklehn eins die obgenanndten Preusse und Hans bauen und zum minsten ihr einer drauff wohnen und sitzen soll, die obgeschrieben Mann und Burgklehn wir auch also ihn sembtlich und sonderlich an obgeschriebene maße geliehen han, und sie han auch die itzt von Uns endtpfangen darueber in treuen gelobt und leibliche Ayde zu den Heiligen geschworen Uns, Unsern nach kommen und Stifft getreuw, holdt und gehorsamb zu sein, Unsern Schaden , zuwarnen und bestes zu werben.
Solche seyn sembtlich und sonderlich getruwlich zuvordinen mit treuen Ayden, Seßen und Diensten die zu endtpfahen darueber zugeloben und zuschwehren als dicke das nothgeschicht in allermaßen sie die ist endtpfangen darueber gelobt und geschworen han und nemlich alles das zu thun, das Mann und Burgkmanne ihrem rechten Herrn schuldigk seindt zuthun und als solcher Mannlehn und Burglehn Recht undt gewonheit ist, ohne geferde.
Wir nehmen auch in dieser Lehnunge aus Unser, Unser nachkommen und Stiffts, Unser Mann Burgkmanne und eines jeglichen Recht alle gefehrde und järgelist gentzlich ausgescheiden.
Das zu Uhrkundt haben wir Unser Ingesigill an diesen brieff thun hancken. Der geben ist zu Heiligenstadt am Sonntage Quasimodogeniti Anno Domini Millesimo quadringentesimo trigesimo terbio (1433).
1433
Wir Konrad v Gs. gn. ... das Wir Bertholdt und Reinhardt Keudellen Gebruedern und Kersten Keudell, Heinrich Keudells seligen Sohne. Unseren lieben Getreuen, diese nachgeschriebene Guetere mitnahmen
ein Burgkfes an dem Berge zum Stein und einen Baumgarten gelegen uf der Hone Wiesen zu Burglehn, das Dorff Winterstorff mit seiner Zugehorunge und den Mittelbergk für der Plesche, eine Hufe landes zu Lengenfelt, Hoffe , Kirchstette und Huttenstette mit ihren Zugeh. daselbst , Kuwelstorff mit s. Zugeh., zwo hube landes mit ihren Zug. zu Bewendorff, eine hube landes mit ihrer Zug. zu Sickenrode, eine Wiese uf dem Bruche zum Rieth und das Holtz an dem Ulenstein. Item zwoe Muhlenstedte in der Wüstunge zu frieda mit ihren Zug. zu rechten Mannlehn gnedigklichen geliehen ha. Und leihen ihn die also zu rechten Burgklehn und Mannlehn etc. Geben Heiligenstadt am Sonntage als man in der hl. Kirchen singet Quasimodogenitt Anno 1433.
1440
Wir Ditterich von G. gn. .... das Wir Uns. l. getr. Preußen Eckart, Preußen sel. sohn Hans Keudell, Berthold Keudels sohn, Bertholdt und Reinhardt Keudell und Kirstian Keudell, Heinrich Keudels sel. Sohn ,gebruedern, Oheim und Schwägern und ihren rechten leibslehns Erben diese hernachgeschriebene Guetere zu rechtem Mannlehn und Burgklehn gnediglich geliehen han und leihen mit Krafft dieses brieffs die auch von Uns und Unserm Stiefft zu rechten Mannlehn und burglehn ruhren und gehen. Und seindt dies die Guetere mit nahmen:
zu Mannlehn drey hufe landes vor dem Stein gelegen und ein Gehölz nechstbey der Zelle gelegen, item sechs Acker zu Lengenfelt, item zu Lengenfelt drey hufe landes in dem gericht zu Stein, item zwölf Acker an der Honelle, item zwoe Wüstenunge genanndt Getzenrode und Syndelbach boben Bartloff gelegen und das Holtz darzugehörend, item sechs hufe landes in der Wustenunge zu Dietenroda, Kastenstette und Huttenstedte uf dem Kirchhoffe zu Ereshausen. Item vier Acker Wiesen beneben Topfern und das Dorff zu Hildebrandshausen mit aller Zugeh.
item zu Burgklehn mit nahmen: zwey Burgklehn zu dem Stein, eins gelegen zwischen den Burgen und eins ußwendigk under dem thurme und zwe garten bey dem Teiche daselbst,
Solcher Burgklehn eins die obgenanndten Unsere liebe getreuen und ihre rechten leibslehns Erben bauen und zum minsten ihr einer daruff wohnen und sitzen soll, item so han Wir auch den obgenanndten Gebruedern, Oheim und Schwägern diese hernach geschriebene guetere mit nahmen ein Burgkfes an dem Berge zum Stein und einen Baumgarten gelegen uf der Honewiesen zu Burgklehn das Dorf Wintersdorf mit seiner Zug. und den Mittelbergk vor der Plesche, eine hube landes zu Lengenfelt; Hoffe, Kirchstette und Huttenstette mit ihren Zug., Küwelsdorff mit seiner Zugeh., zwon hube landes mit ihren Zug. zu Bewendorff, eine hufe landes mit ihren Zug. zu Sickenrode, eine Wiesen uf dem Bruche zum Rieth und das Holtz an dem Ulenstein, item zwon Muhlenstedte in der Wüsteunge zu Frieda mit ihren Zug. zu rechten Mannlehen geliehen ... item darzu so han Wir auch den obg. Gebr., Oheim und Schwägern diese nachgeschr. Guetere, die dann die obg. Bertholdt und Reinhardt umb Hermann von Weberstedt gekauft han, die auch von und und Unserm Stifft zu lehn ruhren und gehen, auch geliehen und leihen mit diesem brieffe in allermaßen der obg. Hermann die von Unsern Vorfahren und Stifft zu Lehn gehabt hat, darumb auch die vorgenanndten
Bertholdt und Reinhardt und ihre rechten leibslehns Erben uf dem Schlosse Bischoffstein sitzen und haushalten und Unsern und Unser nachkommen und Stifftspovisor zu Erfurdt und Unsern Ambtleuten zu Rustenbergk, die zu Zeiten sein, gewarten und gehorsamb sein sollen, ohne alle Gefehrde. Und seindt dies die gutere:
Zu, Ersten ein Burgklehn über der Capellen, item ein Burgklehn über Heinrich von Rotenbergk, ein Hoff über dem teiche zum Stein, ein Hoff und eine mühlen und Wiesen und Huttenstette uf dem Kirchhoff zu Lengenfeldt, Döringsdorff mit aller seiner Zugeh., Kastenstette und Huttenstette uf dem Berge zu Sanct Geholffen, doch ausgescheiden als die Jungfrauen von Annenrode darin sprechen, das sollen sie mit den obg. Jungfrauen zu Auftrage kommen vor unsern Provisor zu Erfurdt oder Unserm Ambtmann zu Rustenbergk sie darumb zu entscheiden, item zu Geismar drittehalb hufe landes mit ihren Zug., item zu Wiesenbeche eine huffe landes mit Zug., item Zins und erbe zu Risthungen, Hesseler mit Zug., Scheunenstette uf dem Kirchofe zu Wiesenfeldt, item eine Wiesen beneben Topfern, und die obg-. Gebruedere, Oheim und Schwägere han auch jetzundt die vorgen. Guetere von Uns zu rechten Mannlehn und Burglehn sembtlich und sonderlich und inmaßen obgeschrieben stehet, von uns endtpfangen, darueber in treuen gelobt und leibliche Ayde zu den heiligen geschworen etc.
Geben Erffurdt uf St. Severustage anno 1440.
Im Gegensatz zu Getzenrode, Syndelbach, Dietenrode Oberfriede wird das Dorf Hildebrandshausen nie als Wüstung aufgeführt. Es entfällt somit die Nachricht des Jurisdiktionales aus 1586, Hildebrandshausen sei ein neuerbautes Dorf und vorher bis ins 16. Jhrdt. wüst gewesen.-Es werden einige Höfee (curtilia) in Döringsdorf und Hildebrandshausen eingegangen und im 15. und 16. Jhdt. wieder erstanden sein.
In der Folgezeit versäumten die Keudel, die Belehnung nachzusuchen (muten). Erst auf die Fürbitte seines Oheims des Landgrafen Philipsen zu Hessen setzt Erzbischof Albrecht 1532 auf eigene Kosten sein Manngericht und verbrieft in Gnaden die bereits „vorledigten, geöffneten und heimgefallenen“ Güter.
Bis 1602 werden die Lehnsbriefe noch 7mal unverändert erneuert und 6 Gulden ein Ort pro 16 batzen und 1 Goldgulden pro sigillo als Tax entrichtet.
In einem Memoriale vom 4/14 November 1594 notieren Berndt Keudell und Urban v. Eschwege, was bei künftiger Lehnsendpfengnus zu acht zu nehmen u. a.: „Bei jüngster Lehnsenpfangnus hat man die Tax duppeln wollen, solches sei ein gemeine Churfürstliche Verordnung. Doch es befindet sich anders. Nur aus gutem Willen gaben wir etliche Gulden über die Tax in die Cantzley. Auch stehet im Lehnbrief, daß zu Gott und den Heiligen geschworen sein, wan dann solches schwehren zu den Heiligen unserm christlichen Glauben ungemes. .1583 hat Johann von Liesingen, Haus-Hofmeister zu Marburgk sein Lehn persönlich empfangen und die Form des Eides zu endern begehrt und nichts erhalten.“
V.
Es folgen die von Wintzingerode vergeblich gesuchten Verträge von 1572 und 1584, eine Frondienstordnung und einige Jagd-Speen.
1.1572, 22/9. Obwohl die langwierige schwere Speen und Irsalen. so sich zwischen Kurfürst Daniel und den v. Bülzingsleben, den dem Bischof eigentümlichen und Bültzingslebener Pfandesuntertanen des Hauses Bischofstein, der Dorfschaften Faulungen, Lengenfeld und Geismar sowie Friedrich Keudeln zu Schwebda und dessen Söhnen Wolf Wilhelm und Berndt Keudel und ihren Untertanen zu Hildebrandshausen
Grenz, hut, trifft, Länderei, Beholtzung wegen zugetragen, schon am 20.12.1561 durch die Räte Joh. Andres Mosbach Thumprobsten zu Meintz, Thumbdechanten und Cämmerer Philipsen Brenndeln v. Homburgk, Amtmann zu Diepurgk und Kaspar von Berltpschen zu Sebach vorverhandelt sind, so hat jetzt Kaspar v. Berlipsch , Amtmann des Eichsfeldes, nachdem die vorigen teils gestorben, mit Georg, Hans und Balten v. Bülzingsleben, Wilhelm von Westernhagen und Stephan Bohner, der Rechten Doktor als Commissaren, auch Thomas Thunhose, Vogt zu Rustenbergk und Bischofstein, die streittgen Oerter bezogen und entschieden:
Angefangen oben am Luxgrunde über der Faulung uf der Spindelsburgk am Kathareinbergischen Gewende am Wege da der erste Malstein gesetzt, den Weg an der Spindelsburgk fort bis an das lange Henrichstall oben am Inhang itzbemeltes tals anfing bis an eine Kolstedt, von der Kolstedt den Berg hinunter durch das kurze Henrichstal bis an die Ecken des kleinen Henrichtals, von derselbigen Ecken das kleine Henrichstal hinauf bis auf die Ebenotte des Diembergs, den Diemberg furt bis auf den Heiligenberg, welche itztbemelte Oerter mit 33 Malsteinen vermahlet; den Heiligenberg, fort bis uf den äußersten Kopf desselbigen ,dazwischen 7 Steine gesetzt, von solchen Heiligenbergischen Kopf hinunter am Kirchenlande so kleine Hanns Dauman von Lengenfeld under handen und mit 6 Steinen vermahlet, ferner zwischen der Lengenfeldischen und Hildebrandshausischen Feldmarkländerei, die albereit mit früheren Malsteinen, an Rainen und Gewenden ausfundigk und noch dazu jezo und hiernechst jederzeit nach notdurft zwischen den Nachtbaren zur Vorhuetung aller fernern Weiterunge mit etlichen Malsteinen (doch der Koppelhut wie folgt unschedelich gesagt) versichert ist, bis uff den Schlagk, fürbas vom schlage durchs Holz gehnt, von dannen durch die Lenderey über der Teufelsnasen ,von der Länderei über der Teuffelsnasen hinab bis ins Arnstell, vom Arnstell den Mittelbergk stracks uff bis uff die eusserste Scherpff desselbigen, von der Scherpff den Mittelberg herunder bis in Grundt am hochen Stiege, welches mit 19 Malsteinen versicher: und soll demnach was zur rechten Hand vom ersten Steine bis uf den letzten, do je einer uf den andern weist, an Land und Holz glegen, dem Hause Bischofstein und dessen oberwenten 3 Dorfschaften, was aber zur linken Hand nach Hildebrandshausen warts gelegen, den Keudeln und ihren Undertanen daselbst mit Lenderei, Huth und trifft sein und bleiben , auch jederm Teil der Untertanen die Länderei sie beiderseits den Steinen in Gebrauch behalten, jedoch dieselbige nach beschehener Messung der Ort sie hingefelt, unweigerlich verzinset, verlehnrecht, versteuret mit allen und jeden Oberen und Undergerichten, Straffbußen und Botmeßigkeiten verstanden werden, ingleichen der Keudell Lehnsuntertanen mit der Hueth an den Steinen uf ihrem Ort bleiben und weiter über die Steine nicht greifen, im Fall auch kunstiglich dieser Stein einer oder mehr mutwillig ausgeworfen wurden und unvorsehentlich verkehmen, sollen nichts weniger die andern zur Entscheidung obgesetzter Irrungen angezeigte Mahlsteine in ihren Wirden und Kreften bleiben und zu Verhuetunge ferneres Misvorstands an derselben abgangen Steinstette andere Malsteine gesetzt und derwegen kein Streit oder Zank erregt werden. Nachdem aber befunden, das beiderseits Parteien vom Fockenthalergrunde bis ins Birkental, zwischen dem Heiligenberge und Schlagk gelegen, jederzeit die Koppelhut friedlich gehabt und herbracht, auch sonsten der Ort kein Streit, als sollen es die Parteien dabei nochmals bleiben und sie solcher Koppelhut genießen und also aller oberzelten rechtlichen Irrungen und Gebrechen zugrunde nachbarlich verglichen und vertragen sein.
Der Churfürst hat nachRelation den Vertrag bewilligt und ratifiziert. Ich Kaspar v. Berlepsch, desgleichen wir von Bülzingsleben und beide Gebrüder Keudel haben diesen Vertrag, deren 2 gleichslauts und eine Handschrift verfertigt und unsere angeborene Ringkpetzschafften wissentlich gehangen George v. Bülzingsleben usw. mein hanndt
2. 1578: Der gestrenge Edle Ernveste Lippold v. Stralendorff, gemeiner Oberamtmann des Eichsfeldes schlichtet zu Heiligenstadt am 8.1.1578 den Hildebrandshäuser Gerichtsstreit zwischen dem Amt Bischoffstein und Wolf Wilhelm und Berndt Keudel. Jeder Teil allegirt, für sich in solidum allein in rechtmeßiger possession vel quast zu sein. Anwesend der hochgelahrte Steffan Bonern d. R. Doktor u. Landgerichs Adjessor.- Der Bischofsteiner Vogt beruft sich auf den Berlepschen Vertrag von 1572 , in Lehnsbriefgen stände nichts, Kläger hätten Hildebrandshausen als ein verwirkt Lehn uf vielerhand Chur und fürsten gnedigste und gnedige Vorschrift von Kurfürst Albrecht 1532 aus Gnaden erhalten und seien durch Cuntzen Guditschern wieder ein- und angewiesen.
Durch Vermittelung von Hans Berlepsch auf Großenbodungen und Jobst Oswald v. Butlar kommt es somit zum Vergleich:
Der Churfürst hat die geistliche Jurisdiktion , folg. Reis, Steur Burgkfrieden und was landesfürstlichen Obrigkeit anhengig . Das Untergericht gehört ohne Sperrung und Einrede den Keuden allein, das Obergericht und Straffe beiden gemeinsam, wie auch der Angriff also und dermaßen, wer erst kpmmt oder zugleich antreffen, mag es tun.. Die Gefangenen, die in oder außerhalb Hildebrandshausen und dessen Gewende gefrevelt und ergriffen werden, mögen in unzweiferlichen Criminalfellen auf den Bischofstein geliefert, doch zu Hildebrandshausen geurteilt und gerechtfertigt werden. So aber ein Peinlicher Fall, soll bürgerlich getheidigt, die Buß beider sein, die Unkosten gleichfalls gemeinsam. Im Zweifel soll des Oberamtmanns oder Churfürsten Deklaration eingeholt und der von beiden zugleich angriffene ins Schulzenhaus geliefert werden und bleiben. Zum peinlichen Gericht sitzen 12 Schöppen aus Hildebrandshausen neben dem Richter und Schulzen. Sie werden für den Bischof und die Keudel vereidigt, dabei ist ein semptlicher Schreiber.
3. 1584 5/1, Abschied von Steinheim:
Wir haben einen tagk und Malstadt vor der Cantzley den 4. dieses benannt und angesetzt. Berndt Keudel erschien, bevollmächtigt von seinem Bruder. -Wiederholung des Vertrags von 1578. - Es sind jetzt Zweifel über peinliche und bürgerliche Fälle entstanden: Zum peinlichen Gericht sollen gehören 1. Gotteslesterung ,welche also geschaffen und grauwltch wehre, daß der Ueberfahrer an Leib und Leben zu strafen; 2. Falsch Aydt schweren 3.Byrtstedt brechen in Fällen die eine Leibesstrafe auf sich getragen; 4. Zauberei; 5. Münzfelschung; 6. Brief und Sigelfelschung; 7. Verrückung der Amts, land und dorfstein; 8. Crimen sodomiticum; 9. Entführung; 10. Notzucht; 11.-13- Ehebruch und Verkupfelung; 14. Verretherey; 15. brennen; 16. absagen und landzwinger und die so wieder die Obrigkeit Aufruhr machen; 17. die mit Gifft vorgeben; 18. Straßenräuber; 19. Vatermord; 20 Abtreibung; 21. Aertzet so geferlicherweise durch ihre Artzeney töten; 22. da sich einer selbsten entleybet; 23. Incest und Viellehe; 24.- 26. Totschleger, Mörder, Dieberey; 27. tödliche, kundbare und fließende Wunden, letzlich Verstümmelung
Für Undergerichtsfälle gelten diese: 1. Schuldforderungen wie diesen geliehen oder sonsten gemacht; 2. alle bürgerliche Erbfälle; 3. eigne Gueter; 4. Sevitute städtischer und ländlicher Höfe; 5. Vormünder Rechnung und Verordnung; 6. Ungehorsam in Civilfällen; 7. so einer den andern seiner Güter entsetzt; 8. schlecht fluchen und schwehren; 9. Inturie; 10. Abackern,. Ueberzaunen, Uebermähen;: 11. da eine gute Stein verrückt; 12.falsche Maße, Gewicht: 15. Holz- und Feldschaden und andere die kein Criminalerkenntnus uf sich tragen.
Ferner ist der Jagt halber um Döringsdorf, Bewendorf und dem Gehilfensberg Klage von Keudeln fürgebracht, das wider Altherkommen die Bischofsteiner Beamten ihnen allerhand Verhinderunge und Eintragk zugefügt; hergebracht ist das nicht. Man sollte den Keudeln
aber aus Gnaden einen gwissen District gönnen, da sie als Mainzische Burgleute nach hasen, füchsen, haunern und anderm Federviehe stellen und jagen, der Mitjagd des Churfürsten umbegeben. Der Abschied wurde ratificirt von Bischof Wolfgang. Aschaffenburg, den 7.1. 1585 Referent Philips Wolffenv. Rosenbach. Die Keudel nehmen den Steinheimer Receß an und erklären am 18. 1. dem Canzler Rosenbach, daß sie geringe Diebstall, gemeine friedegeboten uf Hochzeiten und andern Gesellschaften hergebracht gehabt. Auch müsse des Hoffs Kubsdorff gedacht werden.
4. 1585 8. Mai und 25. Mai Die Keudel an Bischof Wolfgang: Nach dem Steinheimer Abschied will Bischöfliche Gnaden uns die Mitjagt in Bewendorf aus besonderer Gunst verstatten. Den Bischofsteinern dagegen die Mitjagt in Hildebrandshausen. Für Bewendorf danken wir, das andere lehnen wir ab und bitten es beim Hergebrachten zu belassen, oder einen andern District zu vergünstigen. Woll erstrecket sich die Hildebrandshäuser Gemarkung zimblich der lenge nach, doch in der Breit ist sie gar enge und schmall, dahero auch Holtz und Feldt geringe und nicht viel darin zu jagen ist. Das Haus Bischofstein hat niemals darin gejagt, noch zu jagen Macht gehabt, nur die Bültzingsleben als Pfandinhaber des Bischofsteins haben sich unterstanden, ist ihnen aber gebürlich Widerstand geschehen. Die andern Inhaber des Bischofsteins haben sich des jagens nicht angemast. Hiergegen aber haben wir etlicher ältiste nachrichtung, das unsere vorelthern die Keudell nach Beeren, auch schwarz und rodem Wilpret der ends gejagt, sonderlich auch unter Döringsdorf an den Ulrichsbirken und mittelbergk 6 Schwein uf einmal gefangen haben. So hat auch unser Vater seliger und wir uf unserm orth holtzes eine gute Zeitlangk eine Wilthecken mit einer Wolfsgruben gehabt, darin einmals ein schwein gefangen. Solches alles ist uns niemals gestritten worden, das wir vormerckt hetten. misgönnet worden, dann auch des orths kein Wildtbahne ist; daher solch wiltprett dero örter langksamb oder gahr nicht kömbt ,der huth halben nicht bleiben kann und der vielseitigen Nachbarschaft halben den Nehtsten uff andere örter nemlich die Embter Wannfrieden und Treffurt, auch in die Bischofsteinische und Möhlhausische Gehöltze, da es dann bald gefangen wird, abtritt. Sollten wir nun das Amt Bischofstein einassen, wurde uns weder an kleinem oder groben Wildprett etwas bleiben, dieweil solche Jagten dem Haus Bischofstein viel bequemlicher als uns gelegen sein. Weil aber das Oberamt des Eichsfeldes uns anno 71 geschrieben ein Oberamtmann könne von landesfürstlicher Obergerechtigkeit wegen anstatt des Churfürsten seiner Gelegenheit nach jagen, soweit sich das Eichsfeld erstreckt, so sind wir unsers orths nicht genmeint, solches Recht anzufechten oder zu schwechen. Wenn sich Churfürstliche Gnaden in diesem District des Mitjagens nicht begeben wollen, so bitten wir, es bei solcher Reservation zu belassen und nicht uff andere zu richten.
5. 1585, 19/7. St. Martinsburgk Meintz: Bischof Wolfgang an Berndt Keudell: Ihr jagt in Bewendorf, doch auch unser gemeiner Ambtmann des Eichsfeldes und das Haus Bischofstein haben die Mitjagt in Bebendorf und Hildebrandshausen; denn die Bultzingsleben haben vor Jahren, als sie unser Haus Stein bewonten, die Hildebrandshäuser Gemarkung, unser Eigentum und nur von uns inhabend Lehn, jeder Zeit mit und neben euren Voreltern den Keudeln ohne einige Beeintrechtigunge und Widerrede vielmals sonderlich gegen Kubsdorf zu bejagt und bestellet, wie dasselbe mit underschiedlichen act bus possessortis zu bescheinen. Den zu Steinheim aufgerichteten Abschied haben wir deshalb bei unserer Canzlei zwiefach ingrosstren lassen.
6. 1594, 12/5. Berndt Keudel zu Schwebda und Philips Falck Vogt zum Bischofstein vergleichen Speen wegen der Koppelhut gemäß Vertrag von 1572 im Bockental, Birkental und Schlagk. Um Verbitterung, Pfendung und Gegenpfendung ein Ende zu machen betagt sich Falck mit Berndt, jetzigem Statthaler zu Cassel uf den augenschein und bezircktet die Grenze mit 6 Steinen: Der Anfang im Rosenbach im Flus an der Bischofsteinschen Wiesen über Hans Kirchners Wiesen, sodannen zwischen dem Bischofsteinschen und Keudelschen Lande bis zum Ende desselben, fürders über Kurdt Thomas Stück in den Schlagwegk und den hinauf bis an Joachim Jakobs Land vorm Schlage. Sie sollen sich nicht mit übertreiben molestieren. Den Pferdeschlag, so ´sie herbracht und mit den noch lebenden Weingertnern ihren Leuten, , ungleichen mit den Nachbarn zu Lengenfeld und andern Zeugen bescheinen können, sollen sie in possesion belquast behalten.
7. Zu Wannfrieden vergleichen sich 1593 1/11 Hans Ludwig von Harstall, Berndt Keudel zu Schwebda, Otto Harsack und Gerhard Brabandt, Vogt zu Wanfried; Etliche Malbäume waren verfaulet oder durch den Wind umgeschlagen und verkommen. Bernd der Statthalter hat um sein Gehölz ein gnigk gemacht und will den Weg dahinder für sich allein gebrauchen und liegen gelassen haben. Die Beamten des Landgrafen Mortz, Harsack in Vertretung des verhinderten Landvogts an der Werra v. Harstall ,wollen den Weg steben schue breit gleichfalls gebrauche. Es wird ihen zugestanden und die Grenze versteint mit 40 zwei bahr muhlsteinen ihr einer gegen den andern ,von dem Seifarts triesch an bis vor die Keudelsburgk und fürder mit 3 einzelnen Steinen bis da der Wapenstein, so zwischen Meintz und Hessen verschnier weille gesetzt ist . Was aber sonsten vor Malbäume ohne diese Versteinigung an beiden Orten an den Weg stoßend noch vorhanden, sollen stehen bleiben.
8. Hildebrandshausen, in den Christheiligen feyertagen, am 27.12.1580. Der Dienste halber, welche die Inwohner zu Hildebrandtshausen ins Gemein ihren Junckern den Keudeln zu leisten schuldig sind, nemlich von jeder Hufen 10 Schneeberger Dienstgeld, von den Keudellendereien und deren Ausstellung etliche ordentliche Bethdienste gegen Vorehrunge etzlier Bier s, desgleichen notwendige Holz- und Baumfuhren nach Schwebda, darbet aber die Lendereien unter Zeiten übel bestellt. teils wüste liegen geblieben, weshalb die Ausfahrten an fremde Oerter nicht mehr verlangt werden solen, hat sich Berndt Keudel mit den Untertanen zu Hildebrandshausen nach beschehener Uffkundigunge, damit die Gemeine auch wohl zufrieden gewesen, also verglichen:
Erstlich damit solche Dienste nicht mißbraucht werden, sollen sie hinförder vornemblich dahin gehen, daß der Juncker Land zu Hildebrandshausen ausgestellt. Frucht darauf durch Gottes Segen gezogen und solche Frucht weder ein und zurechte bracht werden, darvon dann auch Berndt Keudell in Teuerungszeiten bemelter Gemein und den Durftigen darund jeder Zeit vor andern dienen und raten soll und will. Und sollen demnach die Inwohner, welche 6 Acker Erblandes, oder darüber haben, hinfort von jeder Hufen, welche nicht Losland ist, dritthalb Acker Landes halb über Sommer und halb über Winter mit allen notwendigen baum. als lentzen. ruhren, brachen, tungeu, saatackern, sehen, Eggen u. dgl. ausstellen und wieder einzubringen schuldig sein bei sonderbarer Straffe. Darbeneben sollen alle, welche Pferde halten, die Holzfuhr gegen Hildebrandshausen oder Kubsdorf, soviel daselbst verbauwet oder verbrandt werden magk, aus des Junckern Holz daseblst tun. Desgleichen in dem Bezirk und aus den benachbarten Feldmarken notwendig Heuw und Graamath ufs Forwergk zu Kubsdorf bringen, Schafhurden und Gerten dahin es in der Flur vonnöten, auch stroe und Frucht von Hildebrandshausen und Kubsdorf ab und zufuhren.
Damit aber diejenigen, welche 6 Acker Landes oder mehr und keine Pferde haben, ihre Pflugdienste desto besser leisten, soll ein jeder mit seinem Nachbarn,wo es ihm gefelligk, zu handeln Macht haben, der um eine ziemliche Belohnung solche Pflugdienste leisten will, Welcher aber keine Nachbarn hette, der soll bei den Junckern solches zeitlichen anzeigen. Die werden in der Gemein Erkundigung tun lassen, welche Ackermann solches am füglichsten uf sich nehmen können. Wenn einer am besten bespannt, oder ein vermugsamer Mann und nicht arme Witwe ist, demselben soll es durch den Schulthesen angemeldet werden und er schuldig sein, solche Dienste um eine Gebühr, nemlich von 1 Acker über Sommer 10 albus. über Winter 23, zu leisten.
Welche Inwohner auch 6 Acker hetten und doch keine Pferde hielten, die sollen neben den andern Untertanen ohne Pferde von ihren Häusern 2 Tage, es sei in der Ernde oder wenn sie gerade gefordert werden, Handdienste leisten, jede Person jeder Zeit einen Tag Arbeit und darzu die Hulffe zur Jagt. Die nicht 6 Acker hetten. sollen mit dem Pflugdienst verschont bleiben, doch uf Erfordern Einzelhanddienste tun, uf 1 Acker Landt ungfehrlich ein Tag Dienst. Doch wollen die von Hildebrandshausen ins gemein ihrem Erbieten nach treulich helfen und das Ihre tun, das Hotz Stein, Strohe und was die Notdurft erfordert, itzunder bei die Hand bracht und darum das forwergk zu Kubsdorf wieder erbauwet und in tach und fach bracht werde. so aber die Keudell solches Diensts zu ihren eigenen Aeckern nicht bebürftig wehren, so soll ihnen freistehen, dieselben in andere Wege zu gebrauchen alles treulich und ohne geferde.
Nachdem die Gemein sich beschwert, das ihnen verboten, ihre Aecker zu verkaufen, zu vertauschen, an die Erben zu verteilen, versprechen die von Hildebrantshausen jetzt einhellig, daß ihrer keiner Länderein und Gueter in ein fremdes Dorf oder Gericht verkaufen oder vererben will. Ein fremder Erbe soll es an einen Inwohner des Dorfes verkaufen. Dagegen soll es der Gemein freistehen, hinfort ihre Güter under sich gegen das geburliche Liehegeld und die Zinsgefallen zu verkaufen oder zu verteilen.
Und sollen sonsten hinfort Juncker und Undertanen einander in allen Dingen die schuldige Pflicht leistenund diese Vorgleichung uf 3 Jahrlang bewilligt und angenommen sein. Wenn aber nach Ablauf der 3 Jahre einer hieran Beschwerung trüge, der soll es dem andern anzeigen und sich uf neue uftregliche, geburliche und löbliche Mittel vergleichen lassen.
Dessen zu Uhrkundt sind die 2 Vortrege vorfertigt, welche der Erbar und achtbar Philips Falke, Vogt zum Bischofstein, mit seinem gewöhnlichen Sigill befestigt.
9. 1584 24/5 Heiligenstadt Beschwerde der Hildebrandshäuser gegen Keudel, in Abwesenheit Stralendorfs geschlichtet durch Heiso Otten v. Kerstelingrode.Albrecht Buschen d.R. Dr. und Johan Kleyne, Amtsschreiber:
Die Hildebrandshäuser bestreiten die schuldigen Fronungen, die Ackerleute, Hinterfeldler und Kotener haben sie jedoch geleistet; Keudel sei vom Vertrag von 1580 abgewichen ,habe ungemeßene fronungen, zuletzt drittehalb Acker in beinden Feldern von jeder Hufe Erbland verlangt, (39 Hufen außerhalb des Loslandes), von den Hintersiedelern und Kotenern ohne Pferde 8 Tage Handdienst ohne die Hasenjagd.
Es wird entschieden: 2 ½ Acker für beide Felder zusammen zu bestellen. Das Junckergesinde muß niederschneiden und binden ,jeder eine extraordinar oder ungenannte Fuhr tun.Die Hintersiedler und Kotener tun 6 Tage Handdienst, 1 Tag in der Kornernte, 2 in der Haferernte, 2 in der Hauwternte und 1 in der Grammathernte. Sie erhalten allerseits die Atzungen an einem Gemüse oder andern dergleichen Gerindelse, auch Brot darzu und Keese neben dem Getrenke, auch das dorre und alte Uhrholz aufzulesen.
Dienstgeld (außerhalb 5 Schneebergern) und Hertstedtegeld fallen. Keudel verbietet beim Holzlesen jedoch das Mitnehmen von Achsen, Barten, Hacken und dergleichen schneidend oder hauwend Waffen.
Die Undertanen und Kirchenaltarissen fordern von 3 Hufen Landes 30 Schneeberger Dienstgeld für die Kirche. Keudel hält sich jedoch nicht für zuständig: Die langen beschwerlichen Gebrechen kommen aus Göttlicher Schickung. Was darum von dem ein oder andern Teil verdrieslich vorgelaufen, soll hinferner vergessen sein.
Jeder Teil erhält einen Hauptschein. Der Vergleich wird dem Oberamtshandelbuch eingeschrieben.
VI
Der Name Keudelstein ist all diesen Urkunden fremd. Er dürfte erst im 17. Jahrhundert aufgekommen sein, als die Keudel das neuerbaute Herrenhaus bezogen. Bis dahin saßen sie in Schwebda. Daß sie im 14. Jhdt. den befestigten Kubdorfer Hof auch bewohnten, ist anzunehmen.
Einige Keudel hatten auch in Hildebrandshasen ihren Sitz. 1733 wurden zur Kursächsischen Erbhuldigung in Treffurt geladen: Die 3 Gebrüder v. Keudel zum Keudelstein, je ein Keudel aus Hildebrandshausen, Schierschwende, Treffurt und Wanfried und Bernd Walrab Keudel, der Adeligen Stifter in Hessen Obervorsteher zu Schwebda.
Zuerst erscheint der Name Keudelstein mit dem ersten Keudel im neuen Vorwerk im Taufregister der Treffurter Bonifatiuskirche:
„1619 getauft Anna Lutrud, Tochter Melchior v. Trotts. Gevattern: Wilhelm v. Keudel auf Keudelstein, Lutrud, Kurt Treuschens zum Neuenhaus Tochter, Jungfrau Anna v. Harstall, Melchior v. Harstalls zu Diedorf hinterlassene Tochter.“ Ebenda: „1749: getauft Christiana, Tochter des Corporals Christoph Otto unter Hauptmann v. Königsegks Kompagnie von dem 1. Creuß (Kreis) Regiment. Gevattern: Frau Christiana Dreusch b. Buttler, Fräulein Friederique v. Keudel, Herrn Major v. Keudels aufm Keudelstein Fräulein Tochter und Johan Ernst v. Keudel auf Falken und Schirschwende.“
Ahnherr der Falkener Linie ist Heinrich II. v. Keudel 1367-93 ,der eine Trott zur Frau hatte Sein Sohn Karsten I. Burgmann auf Fürstenstein, verkauft diesen 1439 an Diede (im 18. Jhrdt. zog ein Diede nach Kalkhof und dann in die Hildebrandshäuser Mühle) und 1462 Farnrode (bei Eisenach) an Burggraf v. Kirchberg für 1500 Goldgulden.
Die Falkener Linie erlosch 1839 mit Karl Friedrich Wilhelm Anton v. Keudel zu Treffurt, verehelicht mit der Tochter des Kirchendieners und Organisten und 2. Schul Kollegen, auch Kirchencollectoris Johann Heinrich Muff, Anna Margareta Anglika, der Großtante Geheimrat Muffs an der Landesschule Schulpforta.
„Wir wollen nach Ostland rieden“ beschloß ein Schwebdaer Keudel im 17. Jhdt. und wurde der Stammherr der weitverzweigten ostpreußischen Linie, der auch der Reichsinnenminister v. Keudel entsproß.
Die Keudelsteiner Erbsassen starben aus mit Wolrab v. Keudel am 9. Juni 1792. Nach Schwebdaer Aufzeichnungen bestand der Besitz aus dem 500 Morgen großen Gut Keudelstein nebst 1800 Morgen Wald, dem Wohnhaus in Hildebrandshausen und Ländereien in Lengenfeld (Keudelsgasse), Geismar und Töpfer. Die Jahreseinnahmen von 1792 beliefen sich auf 1330 Rtaler,. Mainz zog den Keudelstein und Hildebrandshausen als erledigte Lehen ein und vereinigte sie mit Bischofstein.
Doch bald naht das Ende des Kurstaates. Der Keudelstein ging durch verschiedene Hände. L’Estoque verkaufte die halbe Plesse und das Hildebrandshäuser Junckerhaus, Allodtalgut genannt, an die dortige Gemeinde, die an der Stelle der Wirtschaftsgebäude die neue Kirche erbaute und 1869 das Junckerhaus, in dem eine Spinnerei betrieben wurde ,zum Pfarrhof herrichtete. Den Keudelstein erwarben die Ganerben Martin und Lorenz aus Geismar. 1861 übernahm Christof Martin für 24 400 Taler das ganze Gut. Dessen Bruder, Bischof Konrad von Paderborn, weihte am Donnerstag, den 10. Oktober 1862 unter zahlreicher Beteiligung einen Saal des Nordflügels zur Kapelle ein.
In Döringsdorf geht die Sage, ein Ulrich habe den Keudelstein erbaut, nach ihm sei die ehedem bis an das Gut reichende
Ulrichsbirke
benannt. Martin tauschte die Ebenotte des Dünberges gegen einen Teil der Ulrichsbirke aus und rodete diese und den Wd über der Teufelsnase.
Tauschflläche
taufte fiskalischer Realsinn die Ebenotte am Gaiberich, die Lyriker des Friedatales aber verhüllten trauernd ihre Häupter.
Um 210 000 Mark erstand 1901 Landrat von Keudel das ehemalige Lehngut seiner Vorfahren.- Wie ein
„Sonnenlehn“
liegt der einst kurmainzische Keudelstein zu Füßen des Wanderers, der auf der Keudelskuppe rastet. Dank dem 1926 verstorbenen Geheimen Regierungsrat Thilo von Keudel, der dem Sonnenstrahl auftat ein staubig Archiv und am Abend seines Lebens die alte Schwebdaer Wasserburg und einen einsamen Bergweiler wieder aufleuchten ließ im Schimmer einer großen Vergangenheit.
Urkundliches zur Christianisierung des Eichsfeldes
In dunkle Wolken gehüllt sieht der Eichsfelder die Urgeschichte seiner Heimat, verschüttet deren Quellen wie den Bonifatiusborn am Sankt Geholffen. Die Bebendorfer nicht, doch die übrigen Quellenbesitzer „schneifen“ über die Anfänge des Christentums, über die Stammesart derer die das arme, aus Randgebieten zusammengeflickte Eichsfeld bewohnen. Noch im 20. Säkulum verkündete Prof. Löffler im Heimatorgan: „Was auf dem Eichsfelde an den hl. Bonifatius erinnern soll, kann nirgends über das 14. Jahrhundert zurückgeführt werden. Wer es kann, müßte sich sonst noch melden.“ „Uns. Eichsfeld“ 1907 9/10. Andere sind überzeugt, daß Bonifatius hier schon eine kirchliche Organisation angetroffen habe. Und doch ist dieser so lange verkannte Landstrich reich an Quellen. Urkunden, licht und klar, strahlend wie die Morgenröte, harren, in der Literatur verstreut, nur der Auslese und Auslegung.
I
Thüringen und das Obereichsfeld
1. Chattisch-sächsische Präambula.
Mitten durchs Obereichsfeld geht nach dem 4. Bonifatiusleben, der sog. Mainzer Legenda, die Grenze des 4. thüringer Dingstuhls Thomasbrücken um 1011: „Vom Eichenberg (südlich des Hülfensberges) nach den Schlössern Stein, Gleichenstein Scharfenstein zur Leine, Worbis am Bodenstein vorbei, oberhalb des Flusses Arn, vorüber an Durderstadt nach Schartfeld zum Harz.“ (Mencken, Levison, Galletti, Geschichte der Thüringer II 305. Gotha 1783.)
Um den Hülfensberg und westwärts saßen demnach Chatten, Hessen nördlich der Germaramark (Linie Altenstein-Flinsberg) bis ins Leinetal Sachsen. Im 9. Jhrdt. waren die sächsischen Ludolfinger und Billunger bis über Eschwege hinaus vorgedrungen. Im 8 Jhrdt. stehen die Thüringer gegen Westen etwa auf der Linie vom Jahre 1000, gegen Norden anscheinend auf derjenigen des 6. Jhrdts.: Flinsberg-Rüdigershagen (das noch später welfisch war.) Denn an der oberen Unstrut spielten sich die Kämpfe mit den Sachsen ab (716 - 22; 742 - 45, da Karlmann alle neustrischen und australischen Truppen aufbieten mußte. Metzer Annalen), in die auch Bonifatius verwickelt wurde, wenn wir Ludgers „Leben des Abtes Gregor von Utrecht“ (786, ediert von Holder-Egger, Hannover 1887 ) glauben dürfen, wonach cap. 7 „Bonifatius oft mit den Christen vor den Sachsen in feste Pfalzen flüchten mußte, bis der gesammelte Heerbann sie befreite“, und dem Legendär aufgemachten Bericht Gallettis über die Schlacht von Negelstädt: „Da versammelte Bonifatius ein großes Heer und zog nach Thüringen. Die Thüringer flohen nach dem Wall Teitenberg bei Gebesee an der Unstrut und riefen: Laß uns ledig werden des Zehnten an den König von Ungarn von Leib und Gut und von unseren Kinder, dann wollen wir glauben. Die Räte des Bonifatius rieten, eine Frist zu geben und sich an Kaiser (L. erblaßt) und Papst zu wenden. Da vernahm Bonifatius eine nächtliche Stimme: Warum zweifelst du? Gott erschlug die starken Könige. Psalm 35. Die Menschen sind mein Ebenbild, kein Mensch darf deshalb von seinem Leibe zehnten, sonst werde ich strafen. Da kam der König von Ungarn ins Land mit starker Macht; die des Bonifatius war klein; sie lag beim Bruche an der Unstrut, wo jetzt das Dorf Negelstädt liegt. Die Ungarn standen im Grund, wo jetzt das Dorf Illeben liegt. Bonifatius sandte zwei Reiter aus, zu erkunden. Doch sie wurden im Felde vor Langensalza erschlagen. Ungarns König rückte auf das Negelstädter Ried; Bonifatius ging weg von dem Orte, wo die Michaelskirche ist, stand auf erhabenem Orte an der Unstrut und rief demütig zu Gott um den Sieg. Gottes Hilfe erschien. Soviele Ungarn wurden erschlagen, daß das Blut in die Erde drang und die Unstrut 3 Tage mit Bluit gefärbt war. Die Ungarn wurden im Ried eingekeilt. Die Hindersten flohen aufs Trockene.Das Wimmern erklang bis Burgtonna. Schichtweise wurden die Toten in die Erde begraben, bis ein großer Hügel am Ried sich erhob, der noch zu sehen ist und am Born heißt. Daher haben die v. Gleichen das Halsgericht auf dem Salzguterriete bis an die Unstrut . Die Thüringer glaubten und ließen sich taufen.“ Abgedruckt auch bei Gottlieb Altenburg, Beschreibung der Stadt Mühlhausen, 1824, Röbling, Mühlhausen.
Flaskamps Hürdentheorie, die alle „Hessen des 8. Jahrhunderts“ in einen winzigen Teil des „Hessengaues“ einpferchte, ist schon 1904 in Rady`s Hessischer Kirchengeschichte widerlegt worden: „Hessen war im 8. Jhdt. nur ein Gauname, womit die Länder im Flußgebiet der Diemel und Fulda bezeichnet wurden. Das Diemelland, das die Chatten unter Domitian besetzten, kam, im 5. Jhdt. in die Gewalt der Sachsen und erscheint als Sächsischer Hessengau ,Pagus Hessi Saxonikus. Dieser Gau blieb bis ins 9. Jhrdt. (zum Teil) der christlichen Predigt verschlossen. Das Land an der Bultaha (Fulda), Adrana (Eder) und Salmanaha (Schwalm) bildete den fränkischen Hessengau, Pagus Hessi-Franconikus, dessen Bewohner Bonifatius als Hessi kennen gelernt hat. Seine Tätigkeit erstreckte sich aber auch auf die Gauvölker an der Lahn im Pagus Loganahe, der später in Ober- und Niederlahngau geteilt wurde, auf das Grabfeld oder Buchonia, Pagus Graphelde, die Wetterau, Pagus Wedereiba, den Niddagau, Pagus Ritachgove, mit Untergauen. Alle diese Völker haben ohne Zweifel ein Recht auf den hessischen Namen, und eine hessische Kirchengeschichte muß auch diese Gebiete in ihren Kreis ziehen, darf sich nicht auf das ehemalige Kurfürstentum und die nunmehr zur Enklave in Preußen zusammengeschmolzene Provinz Oberhessen beschränken.“ Rady behandelt denn auch die Geschichte der Gegend um Eschwege.
2. Jro-Schotten oder Angelsachsen - Reformator oder Missionar.
„Thüringen war um 700 christlich und auch kirchlich organisiert. Ebensowenig ist es sicher, daß die kirchliche Organisation des Eichsfeldes aus der Zeit des Bonifatius stammt.“
(Löffler, Köln. Volksztg. 1924.) Das sind Gedankengänge Sagittars, die von Galletti und anderen widerlegt sind. In Friesland erreichte Bonifatius wenig; in Süddeutschland war er Reformator; in Hessen allein konnte er den Ehrentitel eines Apostels der Deutschen nicht verdienen.
Hier tritt die Tendenz zu Tage: Ueber das Eichsfeld ziehen schottischeMönche in hellen Haufen, Bonifatius aber nicht unter ihnen und die Eiche Thunaers nicht auf dem Stuffenberge. Ein heidnisches Thüringen könnte dieser vorgefaßten Meinung abträglich sein, darum muß Wynfrieth entgegen den ältesten Quellen nur als Reformator in Thüringen auftreten.
Und doch steht es fest, daß die Merowinger die rechtsrheinischen Heiden, aus Furcht, sie den Sachsen in die Arme zu treiben, gewähren ließen. Erst um 630 zogen die ersten Mönche aus Irland rheinauf. In weiße Mäntel und Tuniken gehüllt, die Haare vorn von Ohr zu Ohr beschnitten und deshalb spottweise von den FrankenTonfurterte des Simon Magus genannt, lebten sie als Einsiedler. Ihre Missionstätigkeit erstreckte sich in der Regel nur auf die nächste Umgebung ihrer Zelle. Columban in den Vogesen, Tilmon auf einer Insel bei Köln, die beiden Ewalde, Wiro; Iren in Hessen nachweislich nur auf Buraburg. Um 686 drang der Schotte Killena, Kilian mit 12 Gefährten von Mainz über Vach an der Werra nach Osten vor, Stamminger, Frankonia sancta 69, Dronke Slaven bei Fulda 65. Auf dem Wege durch die Rhön und vor seiner Romreise predigte er nicht, da er die Landessprache nicht beherrschte: Sed tamen praedicationis interim abstinuit, donec Romano se Pontifici praesentaret. Vita S. Kiliani in Canisius, Antiquae Lectiones IV, 630. „ Kilian hatte nördlich wie südlich des Thüringer Waldes große Erfolge, gewann auch den Herzog Gozbert für das Christentum, doch war es kein vollständiger Sieg über das Heidentum. Wie konnte er auch mit wenigen Gefährten in so kurzer Zeit erreichen, was Bonifatius mit zahlreichem Personal nach mehr als 25jähriger Arbeit nicht erreicht hat.“ Rady, „Hessische Kirchengeschichte“ Mainz 1904. J. J 1071 stiftete die Königin Richeza von Polen das Kloster Saalfeld a. d. Saale, das Anno II von Köln mit Mönchen aus dem Kloster Siegburg besetzte, deren besondere Bestimmung war, die in Thüringen noch befindlichen Heiden zu bekehren. Ley, Kölnische Kirchengeschichte S. 159. Weitere Priester schickte Willibrord nach Thüringen, darunter den Verwandten des Bonifatius, den Briten Winfried, dessen Mutter eine Thüringerin war. Rettberg, Kirchengeschichte Deutschlands, II, 309. Zwischen 716 und 722, entfachten die benachbarten Sachsen eine blutige Christenverfolgung in Thüringen. Nur wenige blieben standhaft, unter ihnen die Edlen Asulf, Goddav, Willeri, Gunthar und Alvold, die Papst Gregor II. 722 wegen ihres Starkmutes belobt. Ep. 20.
Ging das Werk Kilians auch nicht völlig unter , so mußte Bonifatius doch, als er 724 den Thüringer Boden betrat und bis 736 mit wenigen Unterbrechungen dort ausharrte, von Grund auf missionieren. Während nur eine Gehilfin in Hessen, Lioba, ganannt wird, stehen ihm in Thüringen Chunihilt, Lull`s Tante und deren Tochter Berathgyth sowie Walburg ,die erst später nach Eichstätt ging zur Seite. Die Priester Benehard, Eanberth, Winberth, Stgcher und Stgewald arbeiteten vorzugsweise in Thüringen. Witta wird der „Apostel von Thüringen“ genannt. Bellesheim, Kirchengeschichte Irlands, I 257. Wiederholt klagt Bonifatius über die Entbehrungen und Verfolgungen, denen er gerade in diesem Missionsgebiete ausgesetzt war, mehr als in Hessen. Die Kirche in Thüringen lag ihm besonders am Herzen, ihr galt seine letzte Sorge, indem er seinem Freunde Fulrad und König Pipin die armen Priester an den Grenzen der Heiden empfahl. Wäre Thüringen um 700 christlich gewesen, so hätte nicht mehr zu Rhabans Zeiten der Aberglaube derart grassiert. Um, die Mitte des 9. Jahrhunderts gerieten Hessen und Thüringer in Erregung ,sobald eine Mondfinsternis eintrat. Man wähnte das Gestirn im Rachen des Ungeheuers warf Speere und Feuerbrände gegen den Mond und rief ihm zu „Karth mano!“ Siege, Mond!
Den stringenten Beweis für die im wesentlichen in beiden Ländern gleichen religiösen Zustände erbringt die gleichzeitige Einführung des Pfarrsystems um 740. Durch Zuzug angelsächsischer Mönche war Bonifatuis in die Lage versetzt, jeder einzelnen Kirche in Hessen und Thüringen oder mehreren zusammen einen custos oder presbyter parochialis zuzuweisen, sodaß die hessischen und thüringischen Pfarrbezirke größtenteils schon vor Errichtung der Bistümer bestanden. Cumque ecclesiarum esset non minima in Hassis et in Thuringia multitudo exstructa ut singulis singuli providerentur custodes. willibald 7
Noch deutlicher sagt das Bonifatius selbst in dem er i. J. 741 an Papst Zacharias berichtet: „Ich habe, nachdem die Völker Deutschlands einigermaßen durchwandert oder bekehrt sind, durch Gottes Gnade drei Bischöfe eingesetzt und die Prvinz in drei Sprengel abgeteilt.... Ein Bistum habe ich angeordnet in der Feste Würzburg, das andere in der Stadt* Büraburg, das 3. an dem Orte Erfurt. Solches Urkundengut mußte Löffler verbieten, die kirchliche Organisation des Eichsfeldes in die Zeit vor Bonifatiuzs zu setzen, mehr noch die von Wynfrith und seinen Gehilfen gebrauchte Abschwörungsformel: (nach dem Pfälzer Codex)
Forsachtstu diobole?
ec forsacho diobole.
end allum diobol gelde?
end ec forsacho allum diobol gelde.
end allum dioboles uuercum?
end ec forsacho allum dioboles uuercum,
and uuordum Thuner ende Buoden.
Erst zur Zeit der Sachsenkriege Karls Gr. kam der Zusatz:
ende Saxnote ende allum them unholdum
the hira genofas sind.
*) Nur in Städten - oppidis - errichtete Bonifatius Bischofssitze. Das von Professor von der Au ausgegrabene fränkische Heerlager Buraburg umfaßte ein Areal von 8 Hektar. Bonifatius war kein Städtegründer. Schon 724 war Buraberg ein oppidum, das nahe Geismar aber ein Dorf. Warum nennt Willibald nur das Dorf nicht die Stadt?
Saxnote wurde nur von den Sachsen verehrt, sonst nicht in Austrasten. Im 6. Jahrhdt. waren die Sachsen mit den Franken verbündet und bis Flinsberg und an die obere Unstrut vorgedrungen. Hätte der Apostel der Deutschen im Sächsischen Hessengau um Hofgeismar oder in der damals sächsischen Hälfte des heutigen Obereichfeldes getauft und reformiert, so stände in seiner Taufformel auch „Saxnote mitsamt den Unholden, die seine Genossen sind.“
Saxnote, den Unhold hatte Löffler übersehen; umso kräftiger widersagt er dem Thuner, dem Stuffo, Konrad Fontanus und dem hl. Veit von Wanfried: Die bonifatianische Vituskapelle in Wanfried deucht ihm ein Anachronismus, da dieser Heilige vor der Uebertragung seiner Reliquien nach Corbey im 9. Jahrhdt. in Deutschland gänzlich unbekannt gewesen sei. Nun hat aber nach einer Inschrift in St. Peter zu Erfurt Lullus i. J. 761 die dem hl. Vitus und Bonifatius geweihte Kirche in Salfeld ausgestattet; Lullus Anglus natione Diaconus Eeclesiae Moguntinensis oppidum Salfeldiam in hon. B. Viti set Bonifatii ampliavit et munivit anno 761. Joannis, Rer. Mog. I 378, Ebenso wurde Vitus Patron der Kirche zu Altenschlirf 885. Arch. II 19.
In “Unser Eichsfeld“ 1907 9/10 nennt Löffler den Konrad Fontanus, der angeblich 1198 als Lehrer in Höxter eine Beschreibung des Weserstrandes verfaßte, eine „plumpe Fälschung Letzners.“ Rady`s Hess. Kirchengeschichte notiert dagegen S. 158: „Im Kloster Helmarshausen am Einfluß der Diemel in die Weser lebte auch (im 12. Jhdt.) der Mönch Konradus Fontanus ,dessen unedierte historische Schriften häufig von Letzner zitiert werden.“ Am a. O. vermutet Löffler, daß Letzner sich die Götzen Stuffo, Reto, Biel`Asteroth... „aus den Fingern gesogen „ habe. Vieleicht diente Letzner die von Stamminger edierte Franconia sancta als Quelle, wonach - S 219 - Bonifatius zu Eschwege im pagus Netere den Götzen Stuffo zerstört und eine Kirche gebaut haben soll, an deren Stelle schon zur Zeit Karls des Großen ein Steinbau getreten sei. (Rady S. 44). Ohne Ursache liegt also der intolerante sächsiche Eichsfelder, dessen Vorfahren doch ihren Separatgötzen Saxnote verehrten, im Titanenkampf mit dem südeichsfelder Separatgott Stauff und all den Unholden, die dessen Genossen sind.
3. Heidnischer Wahn
In Hessen traf Bonifatius fast nur Heiden an (Rady); selbst die Vorsteher des Gerichtes im Frankenhof zu Seelheim, die Gebrüder Dettic und Deorwulf verehrten ihre Landesgötter, „welchem Kult sie unter dem Namen einer Art von Christentum im schlimmsten Mißbrauche anhingen..“ In Thüringen gab es nach Gregors III. Antwortschreiben von 732 noch Mischungen und Uebergänge; Heiden, die tauften und christliche Priester, die den Götzen opferten, worauf Flaskamp hinweist. Näheres über die Religion der Deutschen erfahren wir erst aus späteren Quellen, aus der nordischen Götterlehre, Es gab nur wenige germanische Götter, aber viele Mittelwesen. Remigius spricht im EpitaphiumChlodewechs von 1000 Gottheiten.. Die Idee der Erlösung - irlosen - ,des Weltendes - muspilli - und andere Bruchstücke der Uroffenbarung boten Anknüpfungspunkte für die Missionare. Seit dem 5. Jhdt. sind Götterhütten in Hessen bezeugt, casulae, fana idolorum: Capitular Karls des Gr. Rechts des Rheines gab es keine Götterbilder, nur Symbole: Hammer, Speer, Rune. 30 abergläubische und heidnische Gebräuche zählt der Indikulus (kurze Angabe) des Germanischen Conzils 742 und des zu Liptinä 743 auf: Totenmahle, Februarorgien, Götzenhütten, Waldopfer (Rimidas), Feste auf Felsen,. Merkur- und Jovisopfer, Amulette und Bänder, Brunnenopofer, Zaubersprüche, Wahrsagen aus Riesen, Vögelflug, Pferdewiehern und dem Miste der Ochsen, Zeichen- und Losdeuten, Rodfyr, heidnische Beobachtung am Herde, Feste z. E. Jupiters oder Merkurs (Wotan), des Mars (Thunaer), des Herkules (Ziu), Mondfinsternis (vince luna, Siege! Mond!), Ungewitter, Hörner und Löffel, Gräben und Häuser, Laufen in zerrissenen Kleidern und Schuhen (Frias), Götzenbilder aus Mehlteig, Mondbezaubern, Tragen hölzerner und wächsener Füße und Hände durch die Fluren. während die Christen schon im 5.Jhdt. nach dem Beispiel des hl. Mamertus (+ 475) ihre Flurgänge hielten, zogen die Hessen noch im 8. Jhdt. dergestalt durch die Felder. Saupe, Indikulus, Leipzig 1891.
4. Ein Licht zur Erleuchtung der Heiden.
Ueber die Form der Heilsverkündung sollte kein Streit sein. Dennoch läß´t sich Flaskamp in seiner „homiletischen Wirksamkeit des hl. Bonifatius“, Hildesheim 1926, Borgmeyer S. 29 also vernehmen: „Der Heidenpredigt großen Ausmaßes hat Bonifatius lediglich im Eddertale 722-24, dann in Friesland gedient, spärlicher an der gesamten Nordgrenze des Frankenreiches gegen Sachsen hin, aber auch noch im schon großenteils bekehrten Thüringen, Bayern. s. 34: „Daniel von Winchester rechnet nicht mit der Massenarbeit seines Freundes auf dem Festlande. Auch Bonifatius hat dann und wann mit gereiften Männern auf dem Wege von Frage und Antwort sich auseinandergesetzt. Wenn er aber in wenigen Jahren wie beispielsweise 722-24 an der unteren Edder ein ganzes Volk zur Taufe führen wollte, so bot sich nur die Ansprache, die Predigt (Homilie) als Mittel umfassender mündlicher Einwirkung.“ Bonifatius hat mit seinen Gehilfen auch an der Edder und bei nichtgereiften Männern katechisiert. wenn er auch von 722-24 nicht ein ganzes Volk bekehren konnte. Bischof Daniel, den Beda`s Historia IV 16 in kirchlichen Dingen und in der hl. Schrift genügend unterrichtet nennt, rechnete wohl richtiger als Flaskamp, wenn er Bonifatius 725 antwortete:
„Verbittere nicht die Heiden durch schroffes Regieren; laß sie vielmehr selber eingestehen, daß die Götter wie die Menschen durch Zeugung entstanden, also eher Menschen seien, die einen Anfang hatten. Geben sie das zu, so frage, ob diese Welt auch einen Anfang gehabt oder immer gewesen sei. Hatte sie einen Anfang, wer hat sie gemacht? Vor ihrer Erschaffung hätten die Götter, die ja selber geboren sind, nicht einmal einen Ort gefunden. wo sie lebten und wohnten. Ich meine nicht nur die sichtbare Welt, Himmel und Erde, sondern auch jene unermeßlichen Räume über uns, von denen sich die Heiden leicht eine Vorstellung bilden können. Behaupten sie dagegen, daß diese Welt ohne Anfang und von Ewigkeit sei, dann mußt du dich bemühen, diese Behauptung mit vielen Gründen zu widerlegen. Fahren sie fort, mit dir zu streiten ,dann frage sie, wer vor der Geburt der Götter die Welt beherrscht und auf welchem Wege ihre Götter die Welt, die vor ihnen bestanden, unter ihre Gewalt gebracht hätten. Woher aber, von wem und wann ist der erste Gott geboren? Oder ist es eine Göttin gewesen? Ob sie wohl glaubten ,daß ihre Götter und Göttinnen auch jetzt noch andere Götter und Göttinnen erzeugten? Wenn nicht, warum und seit wann haben sie dabon abgelassen? Erzeugen sie aber immer noch neue, dann ist ja ihre Zahl eine unendliche geworden. Wer aber unter so vielen und gewaltigen Göttern der mächtigere sei, das kann der sterbliche Mensch nicht entscheiden und darum solle er sich wohl hüten ,diesen mächtigeren Gott zu beleidigen. Ob sie glaubten, daß die Götter nur zur Erlangung einer zeitlichen und diesseitigen Glückseligkeit oder einer künftigen und ewigen verehrt werden müßten? Meinen Sie wegen einer zeitlichen ,dann mögen sie doch sagen worin denn die Heiden glücklicher als die Christen seien. Welchen Vorteil haben denn die Götter von den Opfern ,die ihr ihnen darbringt, da ihnen doch alles gehört? Und warum lassen sie ihren Untergebenen, was diese ihnen darbringen? Haben sie solche Dinge nötig, warum wählen sie sich nichts Besseres? Haben sie aber solche Dinge nicht nötig, dann ist es ja überaus töricht anzunehmen, daß sie durch dieselben versöhnt werden könnten. Zuweilen mußt du ihre falschen ,abergläubischen Ansichten mit unseren christlichen Lehren vergleichen und die Heiden gleichsam von der Seite angreifen, damit sie mehr bestürzt als erbittert sich ihrer törichten Meinungen schämen und wohl bemerken, daß uns ihre gottlosen Gebräuche und eitlen Fabeln nicht unbekannt sind.. Auch muß man sie darauf aufmerksam machen daß, wenn die Götter allmächtig, gütig und gerecht sind, sie ihre Verehrer belohnnen ind ihreVerächter bestrafen müssen. Wenn sie das aber schon hinieden tun, warum verschonen sie denn die Christen, die ihnen fast auf dem ganzen Erdkreis ihre Verehrer entrissen und ihre Bilder zerstört haben? Während die Christen die fruchtbarsten Erdstriche, Länder, reich an Oel und Wein inne haben, sind den Heiden nur noch jene Länder verblieben, die von Frost starern. Daher ist es töricht zu glauben, daß diese Götter, die fast vom ganzen Erdkreise vertrieben sind, hier noch irgend eine Macht besäßen. Früher war die Welt allerdings dem Götzendienste verfallen, aber nur so lange, bis sie durch die Gnade Christi vom wahren, einen Gott, dem allmächtigen Schöpfer und Regierer erleuchtet und belehrt worden sei. Wenn soviele Kinder der Christen getauft werden, was geschieht damit anders, als daß sie von der Makel und Schuld des Heidentms, womit einst die ganze Welt befleckt war. einzeln gereinigt weerden?“
Zehn Jahre später hat Bonifatius den Abt Cuthbert von Wirmuth um sein „Gebet, auf daß er Hilfe fände unter den wilden und unwissenden Völkern Germaniens, die, ihre Finsternis nicht erkennend, das Auge dem Lichte des Evangeliums verschließen.“ Ep. 62
Vor immer neue Probleme stellte der vielgestaltigePaganismus den Missionar, der zum Rigorismus neigte, sodaß die Päpste zur Nachsicht und Milde mahnten, „die bei einem so barbarischen Volke mehr anzuraten sei als die Strenge der Censur“. Ep 27. die Hessen waren dem Trunk und Spiel ergeben, rachsüchtig, trotzig gegen jede Beschränkung ihrer Freiheit. Die Thüringer verkauften 724 ihre Sklaven und 732 noch Christen an die Sachsen, die sie ihren Göttern opferten. Auch nach Annahme des Christentums sahen sie es als ein Sakrileg an, in heiligen Hainen Bäume zu schlagen und sie besuchten nachts die Gräber ihrer Toten, riefen sie zum Gespräch auf, brachten ihen Speise und Trank zur Feier der Totenmessen, Dadsisas. Weit hallte ihr nächtlicher Gesang duch den Wald und erfüllte die rohen Gemüter mit heiligem Schauer. Rady. Bonifatius mußte einschreiten gegen Raub und Mord, Aussetzung der Kinder, Ehetrennung und Sklavenhandel, (Kapitulare incertum, bei Giles 32,II), gegen die Verwandtenehen, die Gregor II. bis zum 4. Grade Gregor III. bis zum 7., Zacharias wieder bis zum 4. Grade erlaubte. Weitere Anfragen ergingen in Rom wegen der Gültigkeit der Taufen, Teilnahme der Christen an Opfern und Totenmahlen, Versammlungen auf Felsen in der ersten Nacht des Herbstmonats, an den lustigen Aufzügen im Februar (Drias): ob die Kommunion unter beiden Gestalten auszuteilen sei, (nach Beda, Hist. IV 24, Stat. Bon. § 4 auch unter einer Gestalt üblich ob 2 oder 3 Kelche während der Messe, auf dem Altare erlaubt seien; (der Papst erwiderte, daß Christus nur 1 Kelch gebraucht habe) ob Gebet und Messe für Verstorbene dargebracht werden dürfe; (nur für die wahren Christen) was von den Osterfeuern zu halten sei., Zacharias sieht darin eine alte christliche Zeremonie, nicht ein Surrogat für die heidnischen Frühlingsfeuer auf Höhen. Bonifatius ist dagegen, daß Nonnen auf Gründonnerstag anderen die Füße waschen, der Papst gestattet es, ebenso 1 Solidus Kirchensteuer von jeder Hütte zu erheben. Weitere Verhaltungsmaßregeln erbat Bonifatius gegen den Aussatz, die Pest, den morbus regius bei Menschen und Pferden Um die Christen dem Wald- und Jagdleben zu entfremden, verbot er, von Hasen Bibern, Krähen, und Störchen zu essen, Rettberg, I 418, desgleichen den Genuß von Roßfleisch. Das Opferfleisch gab er später frei, doch mußte es zuvor mit einem Kreuze bezeichnet werden. Kreuze und christliche Bilder schmückten die Bäume und gaben so dem Baumkult eine andere Richtung. Kräuter, nach Göttinen benannt, wurden Maria geweiht. Michael der „Seelengeleitende“ verdrängte das Gedächtnis des Totengottes Wotan, der auf Bergen verehrt wurde. Pferde und Rinder empfahl der Heide dem Fro, der Christ dem hl. Laurentius. Dem hl. Johannes zu Ehren loderten zur Sonnenwende die vordem Thunaer geweihten Feuer. Das höchst Fest wurde nach der Frühlingsgöttin Ostara benannt, jedoch nur in äußerer Anlehnung. Kein christliches Fest hat sich aus Paganien entwickelt.
5. Im Hause des Herrn
In der Regel setzte man die Kirchen auf die heidnischen Kultstätten, damit „die Eingeborenen dort, wo sie bisher ihre toten Götzen verehrt hatten, nun den lebendigen Gott anbeteten.“ „In Hessen baute Bonifatius an 100 Kirchen und Kapellen, in Thüringen noch mehr“. Rady. Nur 3 derselben waren aus Stein, die in Amöneburg, Fritzlar und Fulda. Von den Holzbauten ist keine erhalten. Selbst ihr Andenken erlosch oft, sei es durch die Wanderungen der Völker, sei es durch ihren im 9. und 10. Jahrhundert unabwendbaren Zerfall, oder durch die Dedikations und oft neuen Patrozinienfeiern der Ersatzbauten, endlich auch infolge der Reformation. Rady.
Chor und Schiff waren durch Schranken (cancelli) getrennt. „Die Laien sollen in Vigil und Messe jenseits der Schranken stehen.“ Capitul.6. Im Chor stand der Altar für Sakrament und Reliquien. Die Kelche waren aus Glas, Bronze oder Edelmetall. Während desGottesdienstes brannten Lichter. Das Haus Gottes und dessen Reliquien sollen nicht ohne Priester Licht und Offizium bleiben.“ Jaffe, Mainzer Denkmäler p. 318. Weihrauchduft erfüllte den Raum. „Wir senden auch etwas Weihrauch (aliquantum cozumbri), damit ihr ihn dem Herrn darbringt bei Matutin, Vesper und feierlicher Messe zum lieblichen Wohlgeruche“. Ep. 54. Von englischen Nonnen gefertigte Decken schmückten den Altar.“Transmitto et pallium altaris“. Ep. 16. Die Boten der Aebtissin Eadburg von Thanet waren fast beständig unterwegs; 5 Dankbriefe richtete Bonifatius an sie. Bugga, eine Verwandte des Königs Ethelbert von Kent, sandte 20 Goldgulden und Altardecken: ähnlich betätigten sich Leobgyth, Cena, Gangyth und Egburg. Zum Dank für derartige Gaben des Königs Ethelbald von Mercien schickte Bonifatius diesem durch den Priester Eaba 1 Habicht, 2 Falken, 2 Lanzen und 2 Schilde aus Deutschland, Ep. 31. Die liturgischen Gewänder und Bücher wiesen zum Teil kostbare Gezierden auf. „Schreibe mir mit Gold die Petrusbriefe“. Ep. 32 an Eadburg. Die den Kirchen zugewiesenen Priester und Mönche versammelten sich täglich zur Feier der Messe und zum kanonischen Gebete. Das Mainzer Conzil von 813 verlangte: „Niemals versäume der Verkünder des Göttlichen Wortes ,an Sonn- und Feiertagen so zu predigen ,daß das Volk es wohl verstehen könne.“
Das chattische Eichsfeld insbesondere
1. Der Hulfferichsberg - Stuffo ein blauer Dunst auf blauer Kuppe
Fern im Süd die meisten Quellen, deren eine lauter dem dunklen Schoß der Erde entspringt, der Flurname. Nach dem Wanfrieder Salbuche von 1568 geht die Landgrenze des Amtes Wanfrieden (damals Dorf) sampt Doringsdorff , wie sie Lorentz Holstein in seiner itzigen Visitation des Landschreibers in anno 1573 befunden ,vom Ufer der Werra in der Eichenbergischen Lachen zwischen der Mückenbeinewiesen (Wanfrieder Familienname) und der Wunchewiesen (M.) zum Eichenberger Kopf, Augusti Bierschenken Weinberg hinauf, Eichenbergische Gestrüpff, grünen Weg, Sehewiesen, bis zum Weg, der von Wanfrieden nach Döringsdorf gehet, ersten Malstein vor der Löhren, diese hinauf zum andern Malstein, zwischen dem Gestrüpfe und Lenderey hinauf an den 3.-8. Malstein ,rechts in den grünen Weg, der Löhrweg genannt, hinauf den Weg bis uf das steinern Creutze, von demselben Creutz den Hulfferichsberger Pfaedt hienan bis an den Bierbaum, so in Klauß Plochmanns landte stehet ,links zwischen der Doringsdorfer und Bebendorfer lendery hienan bis an das Gestrüpff unden am Hulfferichs berge, bis zu endte gemalter lenderey, da der fahr wegk uffden Hulfferichs bergk gehet, vorm Gestrüpff hinab bis uf die grentze undt Beldt scheidung hinauf underhalb den dreyen Bierbaumen in Hannh. Newrahts lenderey und oberhalb dem heren thaell hienahn auf die Keyssersleidenn undt also uf der scherpfe der Keysersleidenn,.an der Scheidt heckenn denlages hienaus bis uf Schaltzmans Deych, zwischen Doringsdorfer und deren von geißmar lenderey den Berg hinanhn bis an Valten Kriehs landt, futters zwischen gemelten Lande und den Ullrichsbircken hienauf bis vor Wilhelm Kanngießers Land, linker Hand hinab bis uf die Bach, an derselben Bach hienan vor dem Habißgraben, über bis an Henckell Kolers Wiesen „zwischen der Wiesen und der Keudell lendery hienan bis wieder an die Ullrichsbirke, zwischen diesem Gehölze und der Keudell
lenderey hienan bis unden an die Keudelsburgk, (In einem im Pfännerarchiv zu Allendorf aufbewahrten Vertrage des Landgrafen Philipp mit dem Dorf Wanfried vom Jahre 1559 heißt es: „uber die Pleß hinaus uf die Bramborg, ist der Keudelstein gnant; furter von der Bramborg oder Keudelstein in die Ulrichsbirken,“ Die Bergspitze hieß also Bramborg, - am Fuße der Bomberg oder Bumberg; vgl. den Bramforst zwischen der Milseburg und Fulda - dann um 1559 Keudelstein, ein Name ,der wie beim Bischofstein und Greifenstein auf das Gutshaus überging, später um 1573 Keudelsburg und heute Keudelskuppe), von dannen der Keudelsburgk under gemalter Keudelsburgk durchs Geholtze hinauf bis an die Plesse, den undern wegk an der Keudell gehöltze hindurch bis an die erste Wegscheidung, den obern Weg bis auf den 1. Mahlbaum, 2. Mahlbaum über die ganze Plesse von einem Mahlbaum zum andern bis an Seiwerts Driesch (heute Siwestriet), bis an einen alten Stock so etwan ein Mahlbaum gewesen, den Kohnstein hinauf, oberhalb Fabels Wiesen, oberhalb Wetzells Lande bis in die Mühlheußer Straße, hienanhn bis oben gegen den Deidingsbühell (am Gauberge, Gaiberich und dem Gaugericht).*)
a)Hulfferichsberg ist somit die einzige, damals gebräuchliche Bezeichnung ,abgeleitet vom St. Geholffen, Unsers Herrn hl. Hülfe. Auch der vom unteren Strohrump nach Bebendorf ansteigende Pfad wird im Wanfrieder Abschnitt als Hulfferichsweg aufgeführt. Die männliche Form geht zurück auf das nach P. Maternus Jungmann dem 11. Jhdt. entstammende Cruzifix, das in der etwas älteren Salvator- volkstümlich Bonifatiuskapelle hing.
*Am Deidingsbühl fand sich die umwallte Gaugerichtsstättew, zuwei Rondels von 25 m Durchmesser. Das Gaugericht „Katzenloh“ bei Weidenhausen zeigt dieselben Maße.
1369 nennt Erzbischof Gerlach den Berg zum erstenmal Mons Salvatoris, Erlöserberg, 1374 Johann von Ebirstein „Hulffenberg“, 1381 die Gebrüder Proyse aus Wanfried „sente gehulffen Berg“, 1383 Weihbischof Johann vom Kaiserstuhl zum letzten Male „Stouffenberg“. Innerhalb 14 Jahren verliert sonach der Berg seinen alten Namen, ein beispielloser Vorgang, nur zu deuten, wenn der Volksmund seit alters „Hulfferichsberg“ sagte. In ein neues Licht tritt jetzt Galletti`s „Schlacht bei Negelstädt“ und die Angabe Elgards, der 2 Jahre nach Holsteins Grenzbegehung - 1575 - den Berg besuchte und an den Kardinal Como schrieb „Bonifatius habe nach seinem Siege über ein Heer der Ungläubigen den Berg Hülfensberg genannt“, sowie die Galletti und Elgard gemeinsame Quelle: Liudgers Nachricht von der Einschließung des hl. Bonifatius in feste Pfalzen und dessen Befreiung durch den Heerbann. Ja, es gewinnt den Anschein, als ob aus solchen uralten Ueberlieferungen der Name Hulfferich schon für ein früheres Kreuzbild aufgekommen sei und erst um das Jahr 1000 das Salvator oder Erlöserpatrozinium sich daraus entwickelt habe. Den aüßeren Anlaß zum Namenswechsel gab der Kirchenbau und das Aufblühen des Berges unter Kloster Annrode.
b) Von Stuffo gibt das Flurbuch Döringsdorfs zu Ende der hessischen Zeit keinerlei Kunde,. Auch in das Antlitz der Töpfer- und Geismarerde ist der Name dieses Götzen nicht eingeschrieben. Nur die Flur Bebendorfs besitzt auf der Ebenotte des Berges das „Stuffensloch“, doch niemand weiß, von wannen es kam. Das in Stuffonische Zeit zurückgehende Motiv der „Hülfe“ fand im „Hülfensborn“ seinen Ausdruck. Der Sturz eines so berühmten Abgottes, über den später sogar Bücher geschrieben wurden, hätte die Eintragung in jedes Grundbuch verdient. Ursprünglich muß also die Quelle sein, die dem Verfasser der Frankonia sancta vorlag, nach der Bonifaius den Stuffo bei Eschwege im Netergau zu Falle brachte. Von Eschwege bis zum Hülfensberge wohnten aber Huneter: es kann also nur ein Ort südlich von Eschwege in Frage kommen, etwa das 4 km entfernte Staufenbühl ,wo noch am Abhange der blauen Kuppe die Rudera einer Kapelle und eine Dorflage zu sehen sind. Auf einen linkswerraischen Ausgangspunkt und somit auf eine ähnliche Vorlage weist auch Letzners Darstellung hin ,der die Katze mit dem Satze aus dem Sacke läßt: „Von Geismar ist Bonifatius mit den seinen über die Werrha und auf den Stuffenberg gezogen, darauf ein Teuffelischer Götze gestanden Stuffo genandt...“ Historia St. Bonifacii. Letzner besuchte 1602 den Berg und wußte, daß der Weg von Geismar zum Stuffenberge nicht über die 4 km jenseits fließende Werra führt. Hatte er aber das jenseits Fritzlar liegende Geismar im Auge, so erscheint seine Darstellung noch unverständlicher, indem sie die nicht minder schwierige Bezwingung der Eder und Fulda übergeht. Stauff zählte nur zu den nachgeordneten Göttern und war auf dem kleinen Bühl am Platze; auf dem majestätischen Stuffenberge jedoch, dessen Name auch auf stuff-Kelch oder fels fußen kam, thronten wohl die höheren Asen, der Totengott Wotan, der die Schlachten lenkte, die Dichter und Seher begeisterte und Thunaer, der Gott des Wetters und der Fruchtbarkeit, der die Ehen weihte, dessen Kult derart dominierte, daß man zur Kennzeichnung eines Heiden sagte, er glaube an Thonar. Stauff muß erst um 1500 von außen nach dem Hülfensberge versetzt worden sein. Denn 1361 konservierte man dort noch einen Eichenklotz und um 1500 malte man um diesen eine Darstellung der stürzenden Donareiche. Nikolaus Elgard sagt nicht, an welchen - importierten - Monumenten er 1575 den Stauff erkannt habe. Anscheinend hat Karl der Große von seiner Eschweger Pfalz aus die Kirche des Staufenbühls durch einen Steinbau ersetzt, hat auch wohl den Stuffenberg bestiegen; oder er ist mit Stauff in demselben Chronistenwagen dahin gefahren.
Die Keyssersleiden, heute Geislede, kann auf einen Personennamen zurückgehen,oder wie das anschließende Herrental auf Karl den Großen. Einen Keyser finden wir unter den 19 Censiten Döringsdorf nicht, wohl aber einen Fazius Saltzmann und einen Schaltzmanngraben. In Wanfried wohnte damals kein Fazius. Dennoch läßt Löffler die Bonifatiustradition im 16. Jahrhundert von Wanfried auf den Hülfensberg wandern.
2. Hypothesen ohne Beläge.
In Nr. 162/27 ff des Eichsfelder Volksblatts untersucht Pfarrer Ostendorf einige Urkunden nach kirchen-rechtlichen Grundsätzen und weist den Pfarrchorcharakter der Bergkirche schlüssig nach, führt dann aber ohne Quellenangabe die Erörterung weiter: „Die Franken schufen auch eine kirchliche Organisation d. h. Mittelpunkte des kirchlichen Lebens und der Missionsarbeit und statteten sie reichlich mit Reichsgut aus. Von der Stiftskirche St. Martin in Heiligenstadt aus wurden unter dem Schutze der fränkischen Besatzung christliche Seelsorgestationen und Kapellen errichtet, die von Priestern an St. Martin versehen wurden. Die Umwandlung der heidnischen Kultstätte auf dem Hülfensberge in ein christliches Oratoriuzm muß also im 6., spätestens im 7. Jahrhundert erfolgt sein. Die von Karl dem Großen berichteten Tatsachen sind auf Karl Martell zu übertragen. Es ist ganz selbstverständlich, daß Bonifatius auch im Eichsfelde,speziell in Heiligenstadt geweilt hat, das ein Brennpunkt des kirchlichen Lebens war. Dorthin kam er 723 als Bischof mit dem Auftrag, das Kirchenwesen neu zu regeln, die riesengroßen Landpfarren aufzuteilen. Er suchte auch den Hülfensberg auf, wo das Erlebnis Karl Martells noch in frischem Angedenken war und stellte die neugegründete Pfarrkirche (Johannes) unter den Schutz Salvators und Michaels.“
Die Aufteilung der großen hessischen Pfarren erfolgte erst unter Lullus, 770-80. Von vorbonifatianischen Seelsorgestationen im Herzen Deutschland weiß Willibald nichts. Erst unter Karl dem Großen bekehrten sich die Sachsen, und es ist wenig wahrscheinlich, daß Bonifatius so nahe ihrer Grenze, in Heiligenstadt geweilt hat. Aelter als die Martinskirche daselbst ist die Hülfensbergkapelle; das ergibt sich schon aus der von Ostendorf festgestellten Tatsache, daß der Hülfensberg Patronatsrechte über die Kirchen in Geismar, Wiesenfeld und Ershausen besaß, also nur auf chattischem Boden, zu Thüringen aber und speziell zu Heiligenstadt außer politischem Conner stand. Erst später als Heiligenstadt sich zur Mutterkirche des Eichsfeldes entwickelte, - Ludwig der Fromme erwog 814, hier ein -Bistum zu errichten, entschied sich aber für Halberstadt - wurde die Hülfensbergkirche ihm unterstellt.
Um 717 kämpften die Sachsen nicht an der Werra.Karl Martell und Pipin unterstützten Bonifatius weniger aus religiösen, als aus politischen Gründen, als Verbündete der Päpste gegen Konstantinopel und die Longobarden. Nirgends verlautet, daß Martell dem Heere ein Kreuz vorantragen ließ. Aus dem Titel einer Kirche allein ist noch nicht auf ihr Ater zu schließen. Ein bonifatianisches Salvatorpatozinium hätte den Namen Stuffenberg weit früher verdrängt und uns weder den Eichenklotz noch die sogenannte Bonifatiuskapelle überliefert.
3. Feststellungen
Bisher vermutete man in dem Opferhaus der Urkunden eine Kapelle. Wie Ostendorf nunmehr aus Reuters Salbuch dargetan, kann nur ein Kirchnerhaus,. das „jungfräuliche oder Nonnenhaus“ gemeint sein. Von diesem führt ein gepflasterter Weg zum Chor, nicht zur näheren Seitentür der Kirche, es muß also schon vor Erbauung derselben bestanden haben. Dieses Chor, die ehemalige Salvatorkapelle, bis 1848 durch eine Mauer von der Kirche getrennt, ist unter „fibe capella“ der Urkunde vom 30.11. 1443 zu verstehen. Auch die Urkunde von 1429 wird nun verständlich. Genannte Kapelle und Opperhaus waren die einzigen Gebäude, die nach eidlicher Aussage der 4 Greise vor 1360 auf dem Berge standen. Vor dieser Zeit wird Pfingsten kaum eine Tonne Bier daselbst getrunken. Die Dörfer waren bewohnt. Dann nahmen die Wallfahrten der Seeländer und damit die Erfrischungsstätten zu. 1404 flohen die Umwohner mit dem Pfarrer von Geismar vor den plündernden Hessen auf den Berg, bauten Wohnungen und Schankstätten, die noch 1429 standen. 1421 verkaufte Hermann von Weberstädt um 160 Gulden an Berld und Reinhard Keudel, Reinhard und Herting von Eschwege u. a. das Dorf Döringsdorf, die Hutten- und Kirchstede auf dem Berge zu St. Geholfen, die Scheurenstette auf dem Kirchhof zu Wiesenfeld“ f. den Abschnitt „Keudelstein“.
Die v. Keudell „unterstanden“ sich also mit Recht ,von ihren Leuten, welche auf den Berg geflohen waren, Abgaben zu erheben, nur kollidierten sie dabei mit Anrode, weshalb Erzbischof Ditterich ihrem Lehnsbrief von 1440 die Fassung gab: „Döringsdorf mit aller seiner Zugehörunge, Kastenstette und Huttenstette uf dem Berge zu Sankt Geholffen, doch ausgescheiden als die Jungfrauen von Annenrode darin sprechen, das sollen sie mit den obgenanndten Jungfrauen zu Austrage kommen vor unserm Provisor zu Erfurdt oder Unserm Ambtmann zu Rustenbergk“ a. v. O.
4. Morgenrot auf Stuffenbergs Höhe
Im 8. Jhdt. trugen junge Mädchen Bildnisse aus Tuch oder Teig. opferten sie der frouwa (Holda, Frikka) oben am Meißnerteich, wo Flaskamps Hessengrenze läuft, untem am Weiher des Fräujüllenlochs bei Geismar. Männer und Frauen stiegen über Flaskamps nordlichsten Breitengrad zum Stuffenberg, grüßten die Toten im Waldgrab, zündeten Lichter an am Bonifatiusborn und wahrsagten den Untergang der Quelle; traten in die Götterhütte und hingen dort plump geschnitzte Füße und Hände auf zum Dank für erlangte Geneseung. Ueber das Fanum inmitten der Ebenotte breitete Thuneres uralte ak ihre mit bleichenden Pferdeschädeln behangenen Aeste. - Auch in Eichen bei Mühlhausen stand ein dem Thunaer geweihter, von Bonifatius gestürzter Baum (Altenburg, Mühlh. Chronik) ein arbor Jovis, ein Jupiterbaum, wie die Römer jede Eiche schlechthin bezeichneten., Nach diesen Götterbäumen nannten wohl die Nachbarn den sonst nicht eichenreichen Gau „Alsfeld, Eikesfeld“. - Ein Felsenfest nahm seinen Anfang. Bei der 14. Station saßen Bandknüpfer und Wettermacher. Das Rodfyr, durch Reiben zweier Holzstücke entfacht, lohte auf; Blumenkränze, Heilkräuter, Pferdeköpfe warf man hinein, sprang durch die Flammen trieb das Vieh hindurch, besonders die zur Zeit der Yrien, der Unflätereien gefallenen Lämmer,- noch heute wähnt man am Hülfensberg, die auf Valentin, 14. Februar, geborenen Lämmer erkranken am Drehwurm - sammelte die Kohlen und legte sie in die Krippe, trug die Asche aufs Feld, sang auch leichtfertige Mädchenlieder , winileod, carmina diabolica, turpia, inepta, welche die fremden Glaubensboten verboten, Karl der Gr. aber sammeln ließ. Hier opferte man Wotan Gafangene. Im Kriege mit den Hermunduren um die Salzquellen an der Werra (Sooden) oder fränkischen Saale 58 n. Chr. hatten die Chatten im Falle des Sieges wie in unseren Tagen der Rezensent Flaskamp die ganze feindliche Schlachtreihe dem Mars und Merkur (Ziu, dem Gott der Historiker und Wotan) gelobt, mußten aber dasselbe Schicksal erleiden.
Trotz der von Flaskamp errichteten Warnungstafel „Bonifatius hatte auf dieser unbesiedelten Höhe nichts zu suchen“ erschien der furchtlose Angelsachse eines Tages und fällte Thuneres ak, den Jovisbaum. Belege: Der Eichenklotz, der Stuffenberg älteste Mutterkirche; Canon 20 Concilii Nannet: „Mit höchstem Eifer sollen die Bischöfe und ihre Gehilfen sich bemühen, daß die den Dämonen geweihten Bäume, welche das Volk hegt und in solcher Verehrung hält, daß es weder Zweig noch Ast davon abzuhauen wagt, mit der Wurzel ausgegraben und verbrannt werden“; von Wanfried bis zur Boyneburg, wo nach Löfflers Urkunden um 1500 Thüringer saßen, werden die Glieder der Seelilie-Enerinus liliformis- von den Ein geborenen nicht Kiliansteine genannt, sondern Hexen -, oder Bonifatiuspfennige. An die Stelle der Götterhütte trat eine Kapelle , in derern Nachfolgerin noch vor 40 Jahren Votivgaben, Glieder aus Wachs hingen. Patron war Michael oder Johannes, die heutigen Mitpatrone oder Ulrich, - Ulrichsbirke 1573 in Döringsdorf noch der Vorname Ullrich ; dem Bischof Ulrich erschien ein Engel im Baum, wie auf der Freske am Eichklotz - oer auch Petrus - Petersbergriese, - grund sowie Großpetersgrund und Kleinpetersgrund südlich von Hildebrandshausen am SeywertsDriesch vor der Plesse.
Um 740 oder später wurde ein eigener Priester überwiesen und eine Wohnung angebaut. „By Jorgendal“, erzählt Rothe 1433 „buwete Bonifazius ein kleines kerchilin unde eyn hues doran. Desse kerche ist die erste unde dy eldeste pfarrkerchen dy ym Doringerlande ist ergin.“ Von englischen Wohltätern gespendete Decken lagen auf dem Altar. Vom päpstlichen Vicedom Benedikt und den Diakonen Gemmulus und Theophylaciuzs geschenkter Cozumber brannte beim Gottesdienst. Bevor der Holzbau um das Jahr 1000 zerfiel, muß schon eine Nebenkapelle etwa die Vorgängerin der vermutlichen Kapelle zum hl. Kreuz oder Salvator, noch jetzt an zwei Mauerabsätzen der Wandpfeiler und äüßeren Mauervorsprung von 20 cm im Südostjoch erkennbar, vorgebaut worden sein, die durch Schranken vom Kapellenraum getrennt war. In diesem Joch fand man 1923 ein übertünchtes Triptichon, knieende Ritter in der Rüstung des 16. Jhdts. und den Schwanz eines Reichsadlers und Schloß daraus auf ein Kreuzpatroziniun und eine Stiftung Karls des Großen, doch nicht mit zwingenden Gründen. Es kann auch eine Taufkapelle zu Ehren Johann Baptists oder des hl. Michael oder Salvators gewesen sein, und der ihr offenbar entnommene Gwölbeschlußstein läßt uns die Wahl, ihn für das Haupt Karls d. Gr. wie Weißmüller, Salvators wie Prof. Fuchs, oder auch des hl. Johannes auf der Schüssel (in disco) mit Dr. Uebe anzusehen.
Die um 1000 erbaute Kirche war nach den Urkunden Salvator geweiht. Hier hing bis zu dem 1889 erfolgten Abbruch das Hülfenskreuz, einst der Anziehungspunkt des Berges, dann vergessen und heute rehabilitiert. Die Pilger aus Bremen und Mühlhausen bildeten sich aus dem Sankt Geholfen einen heiligen Hilperikus, dessen Patrozinium sie am Montag nach Dreifaltigkeit im Georgsspital und in der Dominikanerkirche feierten, dessen Namen sie in der Litanei unter den Heiligen aufführten. An diese einsame Bergkirche knüpfte das Volk seine Bonifatiustradition, dasselbe eichsfeldische Volk, von dem ein anonymer, nur im Verborgenen forschender Historiker und Mitarbeiter mir schreiben ließ: „Das Volk liest solche Zeitungsaufsätze nicht. Und wenn es sie liest, so kann doch Pfarrer Höppner als ernstem Manne an dem Beifall der urteilslosen Menge nichts gelegen sein.“
Als Bonifatius die Axt auf dem Stuffenberge erhob und das Licht zur Erleuchtung der Heiden im Baume der Heiden, im robur Jovis aufflammen sah, da zuckten die ersten Strahlen der Morgenröte über die „wilden und unwissenden Völker“ an der chattisch-thüringischen Grenze. Dunkel blieb es nur in den Köpfen mancher Chronisten, die in Verkennung einer Willibaldstelle in die Geschichte Fritzlars und Hofgeismars etwas hineintrugen, was dort keine Heimstatt hatte, die ob des Gleichklanges des Namens einen Abgott auf dem Stuffenberg verpflanzten, der auf dem reichlich mit Dämonen versehenen Berge nur Unheil anrichten konnte. Wolf und nach ihm Löffler erkannten den Unhold, vertrieben aber leider mit ihm zugleich den Fundator des Berges. „Die Anwesenheit des hl. Bonifatius auf dem Hülfensberge kann historisch nicht erwiesen werden.“ Löffler 1925. Wann wird es tagen? Sobald die Berghistorographen dem Ziu widersagen, dem einhändigen Schlachtengott, d. h. mit der Linken wenigstens versuchen, im währenden Schreiben die Blätter der 5 Vite Bonifatii und der Briefe zu wenden: sobald sie, wie König Ethelbald vom Freunde mit Falken beschenkt, es sich versagen, die Segler der Lüfte aufsteigen zur Menschen- und Götterbeize, sobald sie nicht mehr die Lanzen zum Knockout an die Schilde schlagen, wo ein Punktsieg genügt, nicht mehr den geschenkten Cozumber sich selber streuen wie Flaskamp: „Gedankenschwer folgen wir dem Apostel der Deutschen auf den steinigten Pfaden zur steilen Bergeshöhe,“ (Auf hessischen Bonifatiuspfaden, Münster 1924) oder wie Löffler 1925: „Ich hoffe die richtige Erkenntnis nun auch denen verständlich zu machen, die mit den Handgriffen der historischen Methode weniger vertraut sind.“
III.
Bonifatius im Eichsfelde
Ueber dem Thunaerats-Felde kreist Löfflers Jagdfalke und rüttelt über dem Fräujüllenloche. Des freut sich der Anonymus, der Wächter der eichsfeldischen Nacht und der Dadsisas, der nächtlichen Totenmahle, Nicht der schlichte Gaugenosse, wohl aber manch ein unter den Optimaten des Landes hochgmut Schreitender duckt sich wie die Tauchente unter den „Handgriffen“ des Stößers und fragt sich bange: Was wird die Wissenschaft sagen? Selbst bei festlichen Veranstaltungen wird der Apostel des Eichsfeldes nur mit dem Saum des Gewandes gestreift mit ängstlichem Seitenblick nach den Bänken des Wissens. P- Maternus schaltete in seinem „Hülfensberg“ die Bonifatiusfrage aus und erntete dafür hohes Lob von Löffler. Klug ist der Mann, der dem Gezänk der Literaten entfleucht.
Was sagen denn die Urkunden, die unbestechlichen, denen auch der Gelehrte sich beugt? In seinem 64. Lebensjahre trug Bonifatius sich mit dem Gedanken, einen Metropolitansitz zu wählen, doch Papst Gregor III. anwortete ihm: „Es kann dir nicht gestattet werden an einem Orte zu weilen. Wo der Herr den Weg der Heilsverkündung eröffnet, da darfst du nicht ablassen zu predigen. Laß dich nicht verdrießen, rauhe und weite Wege zu wandern.“ Ep. 38.
In einem Briefe aus Thüringen klagt der Heilige über die „drängenden Arbeiten und ständigen Reisen.“ Ep 88. Er zog kreuz und quer, nicht in Flaskamps schnurgeraden Linien. „Die Liebe zur Wanderschaft“ - amor peregrinationis - war in ihm mächtig bis ins hohe Alter und trieb ihn durch die dunklen Winkel der germanischen Länder.“Ep 73.
„Ohne seine Anwesenheit oder Genehmigung“, folgert Rady, „wurde kaum eine Kirche gebaut. Erstaunlich war sein Ortssinn, er kannte die weiten Missionsgebiete und Bedürfnisse der Völker wie kein Zweiter“. An der Grenze der Sachsen fand er 752 mehr als 30 Kirchen zerstört. Ep. 106. Auch das Eichsfeld hatte er im Auge, als er 752 an König Pipin schrieb: „Meine Schüler, sind fast alle Ausländer. Einige sind Priester, die für den Dienst des Volkes und derKirchen an vielen Orten angestellt sind, andere sind Mönche, denen der Dienst an den Kapellen und der Unterricht der Kinder übertragen ist. Andere sind alt, haben lange mit mir gelebt und gearbeitet und mich unterstützt. Um alle bin ich bekümmert, daß sie nach meinem Tode nicht verlassen sind, sondern Euren Trost und den Schutz Eurer Hoheit haben, damit sie nicht wie hirtenlose Schafe zerstreut werden und dann die Völker an den Grenzen das Gesetz Christi verlieren“,
An Fulrad, Abt von St. Denis: „Das wünsche ich deshalb, weil meine Priester an den Grenzen der Heiden ein gar armes Leben führen. Brot können sie sich wohl mit ihrer Hände Arbeit erwerben, aber Kleider können sie dort nicht finden, und wenn sie nicht anderswo jene Unterstützung erhalten, die ich ihnen bisher geleistet habe, dann können sie dort im Dienste des Volkes nicht bestehen. Sollte die Liebe Christi diesen Entschluß in Euch erwecken und Ihr meine Bitte erfüllen, so wollet mir dieses durch einen Boten oder durch einige Zeilen mitteilen ,damit ich Eurer Güte versichert, um so freudiger lebe oder sterbe.“ Ep. 84.
Pipin erfüllte alle Wünsche, und freudig schrieb ihm Bonifatius: „Nun aber mögest du wissen, glorreicher Sohn, daß ich glaube, durch Gottes Barmherzigkeit wieder in euerem Dienste tätig sein zu können.“
In den letzten Tagen, die Bonifatius in Mainz im Kreise einiger Vertrauter verlebte ,zeigt sich wieder seine Hirtensorge um Thüringen. „Du teurer Sohn,“ spricht er zu Lullus, „vollende die von mir begonnenen Kirchen in Thüringen. Strebe rastlos, das Volk von den Wegen des Irrtums abzuhalten. Vollende den Bau der Basilika an der Fulda und versprich mir, daß du, wo immer ich sterben möge, meinen unter der Last der Jahre alternden Leib dahin bringest. Sohn! Mit deiner klugen Umsicht sorge für alles zu meiner Reise Notwendige. Auch ein linnenes Tuch, in welches mein entseelter Leib gehüllt werden soll, lege zu meinen Bücher in die Truhe“. Daraus ergibt sich zur Evidenz: Bonifatius gründete mehrere Kichen auf dem Eichsfelde. visitierte sie öfters und spendete die Firmung. Er versorgte die Kirchen mit Paramenten, die Priester mit Kleidung und unterstützte sie auf jede Weise: In derselben Stunde, in der er Anordnungen für sein Begräbnis traf, dachte er auch an die Vollendung der in Thüringen, auch im Eichsfelde begonnenen Kirchen. Wie oft mag er sehnsüchtig von den Bergen des Eichfeldes nach Norden über die sächsischen Grenzwalle gspäht haben. Schon 723 veranlaßte er das päpstliche Schreiben „Gregorius populo Altsaxonum“ - Gregor an das volk der Altsachsen, Ep. 22 - das aber nie an seine Adresse gelangte. Später rief er das ganze angelsächsische Volk zum Gebete auf: „Erbarmet euch jener ;weil auch sie sagen können: Von einem Blute und einem Gebein sind wir.“
So lastet denn auf dem Eichsfelde seit 1200 Jahren eine hohe Ehrenschuld gegen seinen größten Wohltäter, die es seit dem vorigen Jahrhundert kaum noch verzinste, geschweige denn amortisierte. „Unvertilgbar wird der Name des hl. Bonifatius fortleben im deutschen Volke ; denn er ist sein Apostel, der Begründer seiner Kultur, Macht und Größe. Durch die geistige Vereinigung der germanischen Stämme hat er das Fundament gelegt, auf dem der christlich-germanische Staat sich aufbaute“.Rady.
„Nichts würde ungerechter sein,“ urteilt Helfrich Bernhard Wenck, „als einen Mann wie Bonifatius aus dem Zeitalter, worin er gelebt, herauszureißen und nach dem Maße unserer Wissenschaft, unserer Denkungsart und Sitte zu messen. Er war und bleibt ein großer, verehrungswürdiger Mann, und Hessen insbesondere muß sein Andenken, auch die Religion abgerechnet ,als des ersten Stifters seiner Kultur, seiner Menschlichkeit und Sitte, ewig heilig sein.“
Im Schatten der Thuneres-ak
Auf Ringaus Höhen stand Winfried aus angelsächsischem Stamme.
Sein Blauauge späht nach dem Rennstieg, dem Bergpfad der Hermunduren,
Den ein Lustrum zuvor er gegangen. Blutrot sank die Sonne am Wissner,
Warf goldigen Schein auf die Wiser und Purpur auf Fesenschroffen.
„Was ragt ob des Waldesgen Norden gigantisch auf spitzem Kegel?
Fliehburg? Gebilde aus Stein? Sag Hiltibrand! Sohn der Huneter!“
Der nahet mit Netraforellen, geschnürt auf den Erlenhaken:
„Eine Rieseneiche ists, Vater an Chattenlands äußerster Grenz,
Des Thunaers heilige äk; dorthin trägt man von ringsum die Toten,
Und Scharen aus allen Gauen dort opfern zwei heljen Quellen,
Dort opfern Chors heiligem Baume und lauschen in Sturmesnächten
Den schaurig ächzenden Stimmen hoch oben im knorrigen Geäste.
Und heimlich drängt sich unter die Menge verstohlenen Blickes
Manch Thüring und Chatte, dem längst das Taufwasser tropfte vom Scheitel.
Einst weihte auch ich dort ein Gaislein aus Thuaers heiligem Haine
Den Thiobald , mein Schwäber, tief unten in Friedatale,
Abwehrend den Wolf Waldkater und Luchs, die nächtlichen Schleicher.“
I
Das Frührot lag auf den herbstlich sich färbenden Wäldern, da watet
Winfried durch die Wiserafurt, tritt unter die ragende Eiche.
Vom Opferstein rieselt das rauchende Blut, des Ziegenbocks Röcheln
Im Todesschrei endet; es knistern die Kohlen , Dampfwolken ringeln
Um Priester und Stein, um Stamm und Gezweig, um falbende Blätter.
-Der Fremdling verweilt, strafft die hohe Gestalt. Mildgleitende Rede
Schlägt die Heiden in Bann. Wild rollen die Augen des Donarpriesters,
Die Opferdiener hasten zu Tal, die Gaugenossen
Zum Heerbann zu bieten, des Stauffenbergs Heiltum zu schützen
Ein Wink des Bischofs, auch Hiltibrand löst sich aus dichtem Gedränge.
Ueber Klippe und Klotz, durch Moor und Mar eilt er häblings zum Schwäher.
Indes staut sich die Menge, umbrandet wie Meereswogen den Sachsen.
Gedämpftes Murren und Fluchen wie fernes Donnergrollen;
Nur dieses, denn malmender als Chors Hammer schlägt Karl, der Hämmerer.
Sprach je so ein heimischer Priester? Wie mahnte doch diese Stimme
Bald leis wie ein klingender Quell, anschwellend wie Geißbachs Brausen,
Bald linde, gewinnend, bald scharf wie schneidenden Schwertes Klingen.
- „Wer ist wie der Herr, unser Gott, der da wohnt in der Höhe?
Eure Götzen sind Silber und Gold, gefertigt von Menschenhänden
Sie haben einen Mund und reden nicht, Augen und können nicht sehen,
Doch unser Gott tut was er will im Himmel und auf der Erde.
Ihr betet zu diesem Eichbaum, dem felsigen Boden entwachsen:
Er verdorrt und stürzt nieder, wenn heute die Hande des Herrn daran rühret.
Ihr schlachtet den Bock da und wähnet mit Tierblut den Tor zu versöhnen:
Seit Gottes Sohn blutend am Kreuz hing auf Golgotha, fern auf dem Berge,
Der Allvater nimmt kein Blutopfer an mehr aus unseren Händen.
Wenn die Götterdämmerung anbricht, im Kampfe sinkt Wotan und Donar,
Verlodert im Feuer die Erde; doch länger als eure Götter,
Als Himmel und Erde wird dauern das Wort, das bei Gott war,
Gott selbst ist.
Einst türmten die Völker ein Denkmal, weit höher als diese Eiche:
Da stieg der Allherr hernieder und schlug es in tausend Scherben.
So wird auch mein Gott und der eure den Baum euch fällen zum Zeichen.
Wer ist wie der Herr, unser Gott, der jetzt fährt aus der Höhe?“-
Bonifatius blickt in die Wolken und hebt im Gebete die Hände,
Nimmt aus Hiltibrands Armen Thiobalds Axt, ausholend zum Schlage.
Da wehet ein Windstoß von oben, es knackt in den Aesten und Zweigen,
Wie wenn zwei Wisentschädel auf grundzerstampfter Blöße
Dumpf brüllend, schnaubend, krachend aufeinanderprallen.
Der Waldriese zittert und stürzt, wie vom schmetternden Blitzstrahl getroffen
Gen Mitternacht vierfach gespalten unter die weichenden Heiden.
Den’erstarb das verwünschende, lästernde Wort auf den bebenden Lippen,
„Heil, Heil sei dem Herrn, eurem Gott, der da fuhr aus der Höhe.“-
Der Bischof hielt Rat mit den Seinen und richtet ‘ vier eichene Säulen
Zum Bethaus; das weiht’ er dem Jünger, den „liebst du mich?“ fragt der Meister
Und taufte, soviele des Stauffbergs helje Brunnen umdrängten,
Stieg talwärts zum heiligen Haine, schlug Thunaers Bildnis in Trümmer
Und schenkt’ ihn als Petersberg Thiobalds Stamme zu erblichem Eigen.
II
Vor dem Zelte am Mordwald in Friesland sitzt müde vom Tagewerk Winfried
Und blättert in Petri Briefen, die einst Eadburg, die Aebtissin
Ihm abschrieb; sinnend ruhet sein Aug’ auf den goldenen Lettern
Mit Adolar spricht er, dem Bischof, mit Gundekar, Hamund, den Mönchen,
Mit Hatewulf, Illeher, mit den Liviten Scirbald und Boso;
Gesellen im Leben, Gesellen im Tode; da tritt aus dem Zelte
Mit eisgrauem Haupte Tischdiener Hiltebrand. „Sproß der Huneter!“
Ruft Winfried, „Wie hieß doch der Ort, wo Thiobald wohnte, dein Schwäher,
Wo die Axt du liehest, des Himmels Werkzeug?“ - „Gäsmere, Vater!“
„Nie war der Herr mir näher als in jener Stunde,
Da über mir der Thunareiche Wipfel rauschten,
Da ich, dem inneren Drange folgend, ein Ordale
Vom Himmel mir erbat. - In jüngster Nacht im Traume
Schwang wieder ich die Axt des Thiobald von Gäsmer.
Doch ach, sie sprang zurück und traf die eigene Schläfe.
Und wieder fühl ‘ ich heut den Herrn mir nah wie damals.
Es naht die Stunde, die ich lange, längst ersehnte.
Wer Christum liebt, setzt seine Seele für ihn ein.
Er ist für uns zuerst gestorben; greift zur Krone;
Die ihr im Jenseits sucht, sie schwebt vor euren Augen.-
Nun laßt im Wechselsamg das Nachtgebet uns sagen:
Brüder! Seid nüchtern und wachsam, denn umgeht der Widersacher.
Der Glanz deines Angesichts, Herr! ist über uns ausgegossen.
Wie mit Flügeln beschirme du uns, deine Wahrheit sei uns zum Schilde.
Kein Unheil nahet demZelt, das in Obhut Gottvaters stehet.
Nicht jagt uns in Furcht der Schrecken der Nacht, nicht der Pfeil, der am Tag fliegt.
Nun lässest du deinen diener im Frieden von hinnen scheiden,
Denn ich sah dein Heil wie ein Licht umschweben die Eiche der Heiden,“
Indes Waccar der Diakon stimmte zum Hymnus die Saiten:
„Zur Küste geht der Sonnenball,
Bleib bei uns , der du schufst das All,
Sei gnädig uns in dieser Nacht,
Schick deinen Engel , daß er wacht.
Lenk ab der wilden Träume Zug,
Der Nachtgebilde Lug und Trug.
Den Lucifer in Fesseln schlag,
Daß unversehrt uns grüßt der Tag.“
Brunn’sche Buchdruckerei
Heiligenstadt (Eichsfeld)
Aloys Höppner
(in: "Thuneres âk Keudelstein und Urkundliches zur Christianisierung des Eichsfeldes", Heiligenstadt: Brunn, 1928.)