Allerlei Osterbrauchtum auf der Eichsfelder Höhe

Wenn auch von den alten Osterbräuchen mehrere nicht mehr geübt werden, so sind auf der Eichsfelder Höhe gerade in der Zeit des jungen Frühlings doch noch sinnvolle Ostersitten lebendig.

Besonders die Karwoche bringt altüberliefertes Brauchtum mit sich. Am Palmsonntag verteilen die Kinder bei Verwandten und Bekannten die geweihten Palmen, um sich zu Ostern die „roten Eier“ zu sichern. Früher gab es am Gründonnerstag noch besondere Kinderfreuden beim Einsammeln des „grünen Dunstes“. Es handelte sich hierbei um ein sogenanntes „Pfarrbrot“ für den Küster. Gewöhnlich sangen die Kinder dabei: „Guten Morgen, grüner Dunst, zwei Eier oder zwei Fünfer vär immesunst“ (umsonst). Dabei kamen auch die Kinder zu ihrem Teil.

Vom Gloria des Gründonnerstages bis zu dem des Ostersamstages schweigen ja die Glocken, deshalb müssen die Schulbuben durch das „Klappern“ oder „Schnarren“ das Zeichen zum Gottesdienst geben. Schon lange vorher wird das hölzerne Lärminstrument, die „Klapper“ oder die „Schnarre“, hervorgeholt. Auch die Kleinsten sind dabei. Nicht im regellosen Durcheinander, sondern in einem bestimmten Rhythmus erschallt in den Straßen der Höhendörfer der Sang der Klapperbuben: „Hört ihr Herren und lasst euch sagen, die Glocke hat zwölf geschlagen“ (Mittagsruf). Zu den einzelnen Ostergottesdiensten wird gerufen: „Zur Bruderschaft, das erste Mal, zweite Mal, dritte Mal“.

Am Karfreitagabend lautet der Ruf: „Zur Passion, das erste Mal, zweite Mal, dritte Mal“. Zum Osterfeuer wird gerufen: „Zum Osterfeuer, das erste Mal, zweite Mal, dritte Mal“.

Gewöhnlich wird das Osterfeuer aus einem Kiesel- oder Feuerstein geschlagen als Symbol der Auferstehung und des entspringenden Lichtes. Verkohlte Reste des Osterfeuers streut die Jugend mit Vorliebe auf die Gräber der Verstorbenen.

Kaum ist der Ostertag angebrochen, so begeben sich die Kinder auf die viel Vergnügen bringende Ostereier-Suche. Diejenigen, die am St. Peterstag das „Nisteln“ an den Fensterscheiben besorgten mit dem Vers „Ich nistele im en rüetes [rotes] Ei; wenn eins nit genüyk es, do gabt d’r uns zwei“, finden sich nun in den betreffenden Häusern ein, um die bunten Eier zu empfangen.

Die Buben und Mädchen, die aus der Schule entlassen werden, haben bereits Wochen vorher sorgfältig ausgeschlagene Eierhüllen gesammelt und recht farbenfroh gefärbt. Diese werden zu langen Eierschalen-Girlanden geschnürt, mit denen man die zu Ehren der Erstkommunikanten aufgestellten Tannenbäumchen schmückt. Diesen uralten, sinnvollen Brauch kann man noch wahrnehmen, wenn man an den Ostertagen einen Gang durch das Dörfchen Struth macht.

In den eigentlichen Frühling, die Zeit von Ostern bis Pfingsten, fallen Georgi und Walpurgis. Bis Georgi durfte man von jeher die Waldwiesen zu frohem Spiel aufsuchen, weil bis dahin der Graswuchs nicht gefährdet war. Danach war es verboten.

Bei diesen beiden Tagen spricht man auch von wichtigen Jahresterminen. Wenn man von zwei Hauptjahreszeiten berichtet, so beginnt hier die Sommerzeit, die zu Michaelis durch die Winterzeit abgelöst wird. Der Sieg des Frühlings ist nun endgültig entschieden, und die Häuser werden mit frischem Grün (oftmals Birkengrün) geschmückt. Hierdurch wird ein altes Fruchtbarkeitssymbol angedeutet.

Schon ab Ostern war früher die Dorfschenke abends länger geöffnet (1681), und vereinzelt wird schon das Vieh auf die Weide getrieben. Meist erfolgt aber der erste Austrieb erst an Walpurgis und zwar auf die Brachfelder, denn Wiesen, Äcker und junge Holzschläge sind nun „gehegt“ für Mensch und Vieh. Das tägliche Glockenläuten, das im Winter der Dorfhirte besorgt, muss nun nach der Reihe von der „Commune“ (Gemeinde) verrichtet werden (Anno 1732). Neues Auferstehen und eine neue Lebensordnung bringt so die Osterzeit.

Vinzenz Hoppe (1950)