Abenteuer mit Barry

Zeitlebens bin ich immer ein Freund der Tiere in Haus und Hof gewesen. Als ich 11 jährig nach Bischofstein kam, war es vor allem ein junger dicker Bernhardiner „Barry“, mit dem ich herzliche Freundschaft schloss.
Tagsüber lag er immer auf der Eingangstreppe zum Alten Schloss, nachts aber strich er rund um die Gebäude und erschreckte „Spätheimkehrer“. Er richtete sich auf, legte dem Überraschten die Pranken auf die Schulter und funkelte ihn aus seinen großen Augen an.

Mich hatte er in sein Herz geschlossen. Wir tobten miteinander wie Jungens und knuddelten auf dem Boden. Ich versorgte ihn auch mit Leckerbissen aus der Küche. Manchmal waren es Zugaben von Frau Kaufhold, manchmal klebten sie mir einfach an den Fingern, wenn ich durch die Küche ging.

Eines Abends im November wollte ich vor dem Zubettgehen noch mal kurz Luft schnappen. In der finsteren Regennacht sprang mich „Barry“ unvermutet an, so dass ich parterre ging. Über mir stand „Barry“ und druckte mich mit seinen mäch¬tigen Pfoten fest zu Boden. Seine dicke Rute ging hin und her, ein Zeichen seines dicksten Vergnügens. Seine lange rote Zunge verdeckte immer wieder meine Augen, so dass ich fast nichts sah.

Jetzt roch ich auch, dass die glitschige Unterlage, auf der ich festgehalten war, nicht vom Regen, sondern von „Barrys“ guter Verdauung stammte. Endlich befreiten mich einige Küchenfrauen, die noch sauber gemacht hatten und einen Eimer mit Essensresten in „Barrys“ Trog leerten. Im Schlafsaal hielten sich alle die Nase zu. Ich musste mich unter dem Gelächter der Kameraden schleunigst ausziehen und die Klamotten anderwärts verstauen.

Enoch Lemcke
Schüler auf Bischofstein von 1924 - 1928