50-jähriges Dienstjubiläum des Schmiedemeisters Adam Simon in Lengenfeld unterm Stein (1911)

Lengenfeld unterm Stein, 14. März 1911

In der verflossenen Woche konnte Herr Adam Simon hierselbst auf eine 50-jährige Tätigkeit als Schmiedemeister zurückblicken. Weit über die Grenzen unseres Ortes hinaus auf dem gesamten Südeichsfelde und in den angrenzenden Gebieten von Hessen und Thüringen ist Herr Simon bekannt, beliebt und geachtet. Ein wackerer Jünger Hephaistos, ein Meister seines Faches im vorzüglichen Sinne des Wortes, ein gerader, offener und biederer Charakter, ein zu jeder Zeit gefälliger und dienstbereiter Menschenfreund, immer voll heiterer Laune, voll Humor und Mutterwitz, die ihm und vielen anderen über manche ernste Stunde hinweggeholfen haben, kann Herr Simon am Abend seines Lebens auf ein an Arbeit und Mühe aber auch an Erfolgen reiches Leben zurückblicken.

– Zwar hat es ihm auch an Enttäuschungen nicht gefehlt, aber seinen Mut konnte nichts beugen. In treuer Berufserfüllung, liebevoller Sorge für die Seinen und zuvorkommender Gefälligkeit gegen die Mitmenschen suchte er seinem Leben den rechten Inhalt zu verleihen. Zu alledem kommt noch, dass „Schmeedad‘n“ wie Herr Simon im Volksmunde genannt wird, ein Meister der Zahnziehkunst und in der Tierheilkunde wohlbewandert ist.

Ganz gratis oder gegen „en Kannchen“ hat er durch erstere Kunst manchem Gliede der leidenden Menschheit wieder zu fröhlicher Lebensfreude verholfen; durch seine reichen Erfahrungen auf dem Gebiete der Tierheilkunde aber manchen vor bedeutendem wirtschaftlichen Schaden bewahrt. Mit der körperlichen Rüstigkeit und Elastizität des Herrn Simon harmoniert seine geistige Regsamkeit und Frische. Bewunderungswürdig ist sein fabelhaftes Gedächtnis.

Dazu kommt seine plastische, fantasie- und humorvolle Darstellungsgabe beim Erzählen. Vermöge dieser Eigenschaften kann er eine Gesellschaft stundenlang unterhalten, und man wird nicht müde, dem gemütlichen Erzähler gespannt zuzuhören. Interessant sind namentlich seine Erlebnisse während der „Isenbahnzeit“ in Lengenfeld und während einer Kirmes in Großengottern. Besonders hervorzuheben ist die Belesenheit Herrn Simons in der Bibel. Manche schwierige Kapitel beherrscht er wörtlich auswendig.

Herr Simon ist so recht eine volkstümliche Persönlichkeit, ein Stück verkörperter Ortsgeschichte der letzten 65 Jahre. Dem alten Meister, der noch jetzt den Schmiedehammer schwingt, gelte der Wunsch: Noch viele Jahre!

(Quelle: „Mittdeutsche Volkszeitung Eichsfeldia“, Ausgabe vom 15. März 1911)