Ferdinand Tellgmann
Anbeginn einer Fotografendynastie
Am 24. September des Jahres 1811 erblickt Ferdinand Tellgmann, Sohn des Pächters August Tellgmann, in Bischhausen bei Eschwege das Licht der Welt. Bereits zwei Jahre später ereilt den kleinen Knaben ein harter Schicksalsschlag: Er erkrankt an Scharlach. Diese Infektionserkrankung hat zur Folge, dass die Trommelfelle des Jungen platzen, was das Erlernen der Sprache unmöglich macht. Ferdinand Tellgmann, erst zweijährig, ist von nun an taubstumm und soll es für sein ganzes Leben bleiben.
Fünf Jahre später, 1818, wurde Ferdinand in die Obhut des Pfarrers von Altenburschla gegeben, der sich von nun an um die schulische Ausbildung des Knaben kümmerte. In diesen frühen Schuljahren zeichneten sich bereits die künstlerischen Fähigkeiten des Jungen ab, worauf er 1827 eine Ausbildung an der Kurfürstlichen Kunstakademie in Kassel beginnen dürfte. Während seiner Ausbildung spezialisierte sich Ferdinand Tellgmann im Porträtfach.
Nach dem erfolgreichen Abschluss seines Studiums um 1838/39 zog es den jungen Maler zurück in das Haus der Eltern, die nun in Wanfried wohnten, da der Vater 1829 dort zusätzlich die Stelle des Thurn- und Taxischen Posthalters übernommen hatte. Nun galt es, sich einen Namen als Portraitist zu machen. So war es eine glückliche Fügung, dass er den Auftrag eines Mühlhäuser Bankiers erhielt, dessen Braut zu malen, die in Eschwege lebte. Der Bankier war von der Trefflichkeit des entstandenen Gemäldes derart angetan, dass er den jungen Maler nach Mühlhausen einlud. Kurze Zeit später ließ sich Tellgmann in Mühlhausen nieder, was sicherlich durch den Umstand begünstigt wurde, dass er hier als Portraitist und Kunstmaler vorerst konkurrenzlos war. Als Gründungsdatum der Firma F. Tellgmann ist der 3. Juli 1841 übermittelt.
Im Jahre 1843 trat ein bedeutender Wendepunkt in Tellgmanns Laufbahn ein. Er schloss sich dem Kasseler Fotopionier Moses J. Landauer an und erlernte die Geheimnisse des neuen und zugleich erstaunlichen Mediums – der Fotografie. Als einer der ersten Vertreter der Daguerreotypie, einer frühen Form der Fotografie zum Erstellen von Lichtbildern, lenkte Tellgmann damit noch größere Aufmerksamkeit auf sein Atelier in Mühlhausen.
Von nun an sollte es auch in seinem familiären Privatleben bergauf gehen. Im Mühlhäuser „Weißen Haus“ lernt er 1842 bei einem Tanzvergnügen seine spätere Frau Cäcilie Bregazzi kennen, die er am 9. Juli 1843 heiratet. Zu dieser Zeit war bereits der erste Sohn, August (1848-1912), geboren, der später ein Textilgeschäft in Nordhausen führte. Die Familie vergrößerte sich nochmals durch die Geburt der Söhne Franz (23. Januar 1853) und Oscar (20. September 1857).
In den folgenden Jahren wurde die Technik des Fotografierens immer weiter verfeinert und die qualitativ hochwertigen Lichtbilder fanden unter der Bevölkerung einen regen Anklang, was der Familie Tellgmann einen gewissen Wohlstand verschaffte.
Im Jahre 1877 zog sich Ferdinand Tellgmann als Senior aus dem Geschäftsleben zurück und übertrug seinem ältesten Sohn Franz, der ebenfalls die Ausbildung zum Fotografen genossen hatte, die Führung der Mühlhäuser Firma.
Zu diesem Zeitpunkt hatte Ferdinand Tellgmann eine regelrechte „Dynastie“ mit zehn Fotografen begründet (Söhne, Enkel, Schwäger und Neffen). Auch der dritte Sohn, Oscar, stieg in das florierende Geschäft ein, indem er zunächst die Filiale seines Bruders in Eschwege leitete und diese 1883 ganz übernahm. Weitere Zweigstellen konnten später in den Orten Bad Sooden, Nordhausen, Kassel und Bad Hersfeld etabliert werden.
Der Gründer, Ferdinand Tellgmann, starb am 8. April 1897, nachdem er 1891 noch die Feierlichkeiten zum 50-jährigen Gründungsjubiläum seiner Firma miterleben durfte. Seine Frau Cecilie verstarb sechs Jahre später.
Die Brüder Franz und Oscar avancierten in den folgenden Jahren zu angesehenen Künstlern, die die Bezeichnung „Hof-Photograph“ führen durften. Beide hatten ihr Betätigungsfeld zudem auf die Manöver- und Kriegsfotografie ausgedehnt, was ihnen viele Ehrungen einbrachte. Hierbei ist erwähnenswert, dass sich kein Fotograf der Familie Tellgmann nach dem Bekanntwerden von Hitlers Kriegsplänen an einem weiteren Manöver beteiligte.
In den 1930er Jahren verstarben die Söhne Franz (1933) und Oscar (1936). Franz Tellgmanns Sohn Paul hatte 1930 das Mühlhäuser Stammgeschäft übernommen und führte es noch bis 1950. Danach stellte einer der traditionsreichsten Fotografenbetriebe seine Arbeit ein.
Bedauerlicherweise ist seit dem Ende des 2. Weltkriegs nichts zum Verbleib des gewaltigen Negativarchivs bekannt. Es gilt als verschollen.
Abschließend stellt sich die Frage, was man der Familie Tellgmann heute noch zu verdanken hat? -Als Eichsfelder und besonders als Lengenfelder Einwohner sehr viel. Ferdinand Tellgmann war es, der als einer der ersten Fotografen die kleinen Dörfer bereiste und die eichsfeldische Heimat im Bild festhielt.
So haben wir der Familie Tellgmann u.a. die berühmte Fotografie vom Bau der Eisenbahnbrücke in Lengenfeld unterm Stein zu verdanken, die um 1877 aufgenommen wurde.
Heutzutage begegnet man dem Namen Tellgmann immer wieder auf fotografisch-historischen Dokumenten. Waren es anfangs noch die Portraitfotografien, die einen reißenden Absatz unter der Bevölkerung fanden, so dehnte sich das fotografische Handwerk immer weiter aus. Mit dem Aufkommen der bebilderten Postkarten zu Beginn des vorigen Jahrhunderts konnte das künstlerische Wirken dieser Fotografendynastie bis heute überleben.
Es ist das Anliegen des „HeimatStudios“, diese fotografischen „Glanzstücke“ durch die Veröffentlichung im „Lengenfelder Echo“ und auf dieser Internetseite auch noch für kommende Generationen zu erhalten.
Ein abschließender Dank gilt dem Autor Thomas Wiegand, dessen Werk ein Großteil der vorangegangenen Informationen entnommen ist.
Oliver Krebs
Weiterführende Literatur:
- Wiegand, Thomas: Ferdinand Tellgmann – Gewerbsmäßiges Porträtieren in Malerei und Fotografie um 1850, Junior und Pressler, 1994.
- Hochhuth, Rolf und Koch, Hans-Heinrich: Kaisers Zeiten – Bilder einer Epoche, Aus dem Archiv der Hofphotographen Oscar und Gustav Tellgmann, Prisma Verlag, 1977.