Christoph Mähler
Jesuit & Bischöflicher Kommissar zu Speyer
Rudolph Christoph Mähler wurde am 11. April 1736 als erster Sohn des Bauern Nikolaus Mähler und seiner Frau Anna Margaretha – geborene Vogt, Tochter des Obermüllers Joseph Vogt - in Lengenfeld getauft. Taufpate war der Pfarrer Rudolph Christoph Martin (1716-1741 Pfarrer in Lengenfeld). Die Familie Nikolaus Mähler wohnte in dem so genannten „Nickelschen Haus“, das man nach den ehemaligen Eigentümern „Nickel“ so nannte, und die auch wahrscheinlich die Vorfahren mütterlicherseits von Nikolaus Mähler waren. Damals hatte das Haus die Nummer 69/70 und heute ist es die Nummer 83 in der Hauptstraße.
Christoph Mähler besuchte das Jesuitenkollegium in Heiligenstadt und trat am 15. September 1754 dem Jesuitenorden bei. Heute befindet sich in dem ehemaligen Jesuitengymnasium das Eichsfelder Heimatmuseum.
Am 8. September (Mariä Geburt) 1766 wurde er zusammen mit anderen Priestern und zwei weiteren Jesuiten in Worms zum Priester geweiht. Die Priesterweihe wurde vermutlich vom Wormser Weihbischof Franz Xaver Anton von Scheben in der Dominikanerkirche gespendet.
Auf Drängen der politischen Mächte wurde der Jesuitenorden im Juli 1773 von Papst Clemens XIV. (Papst von 1769-1774) mit Widerwillen aufgehoben. Christoph Mähler wurde nun vom Fürstbischof von Speyer, August Graf von Limburg – Styrum, zum Hofkaplan in Bruchsal (bei Karlsruhe) ernannt. (Der Jesuitenorden wurde 1815 durch Papst Pius VII. - Papst von 1800-1823 - wieder hergestellt.)
Er gewann bald das Vertrauen des Bischofs und gehörte schon 1779 dem Geheimen Rat des Bischofs an. Der Geheime Rat, der dem Bischof in geistlichen Angelegenheiten beistand, wurde von Bischof August Anfang des Jahres 1773 gegründet. Die Protokolle dieser Zeit - bis 1803 - waren 1852 noch vorhanden und dienten als Hauptquelle über das Wirken dieses Bischofs und seiner Nachfolger. Alle Protokolle von 1779-1784 wurden von Christoph Mähler geschrieben.
Am 31. März 1780 erhielt er das Benefizium – ein mit Einkünften verbundenes Kirchenamt - zum heiligen Nikolaus und zur heiligen Katharina in Ubstadt (Ubstadt –Weiher, nahe Bruchsal bei Karlsruhe), ohne dort wohnen zu müssen. Als am 26. August 1781 der Beichtvater des Bischofs August, der Hofkaplan und Exjesuit Peter Strobel, starb, wurde ihm die St.-Lorenz-Pfründe (ähnlich dem Benefizium) zu Schifferstadt (bei Speyer) verliehen. Im Februar 1786 wurde er auf Betreiben des Fürstbischofs Stiftsherr zu St. Allerheiligen in Speyer, wohnte aber noch als geistlicher Rat und Siegler beim bischöflichen Vikariat in Bruchsal.
Am 12. Juli 1788 wurde er nach Speyer entlassen. Dort wurde ihm der besondere Auftrag, die Aufsicht über die Klöster, und später auch über die Schulen übertragen. Hier besorgte er 1789 den Neudruck des „Proprium Spirense“ für Messbuch und Brevier der Diözese Speyer. Sowohl in Bruchsal als auch in Speyer beschäftigte er sich neben seinen Berufsarbeiten mit Studien der Geschichte des Hochstiftes Speyer. Diese Arbeit erledigte er soweit, dass er laut Protokoll vom 9. September 1793 seinen Gönner und Fürsten, Bischof August, darum bat, seine „Diplomatische Geschichte des Hochstiftes Speyer“ zum Drucken frei zu geben. Der Bischof ließ die vorgelegte Schrift genauer prüfen. Leider kam es nicht zur Veröffentlichung, was sicher nicht an der Beurteilung des Bischofs lag, sondern eher an der derzeitigen politischen Situation (Französische Revolution).
Bereits am 18. Juli 1791 hatte Christoph Mähler das Benefizium zu Schifferstadt an den Hofkaplan, Exjesuiten und Subregenten, Valentin Hahner abgetreten. Noch bevor am 30. September 1792 die Truppen der Französischen Revolution unter General Custine die Stadt Speyer einnahmen, war er, wie auch die anderen höheren Geistlichen, nach Bruchsal geflohen. Dort hielt er einige Zeit im Priesterseminar Vorlesungen. Doch schon 1793 kehrte er nach Speyer zurück – die Franzosen mussten in der Zwischenzeit die Stadt wieder aufgeben. Hier versuchte er der Verwüstung der Kirchen und geistlichen Wohnungen entgegen zu steuern und den Gottesdienst in der Jesuitenkirche wieder zu eröffnen, wobei er einige Drangsale zu bestehen hatte. In den letzten Dezembertagen 1793 rückten die Franzosen wieder in Speyer ein und er musste die Stadt zum zweiten Mal verlassen.
Anfang Januar 1794 begannen die Franzosen mit der Verwüstung des Domes, der Stifte und der Klöster. Erst Ende Mai, nachdem die Franzosen die Stadt wieder verlassen hatten, konnte Christoph Mähler wieder nach Speyer zurückkehren.
Am 21. Juni 1794 wurde er, auf Grund seines beispielhaften Eifers und unermüdlichen Einsatzes, vom Fürstbischof zum bischöflichen Kommissar in Speyer ernannt. Jeden Monat stattete er dem Bischof, auch als sich dieser auf der Flucht befand, Rechenschaft über die kirchlichen Verhältnisse und deren Verwaltung in Speyer und Umgebung ab. Notdürftig konnte er die beschädigte Jesuitenkirche wieder herrichten, um dort wieder Gottesdienste feiern zu können. Er besorgte die Seelsorge der Katholiken in der Stadt Speyer und wurde dabei von dem Augustinerpater Florentin Räder – er war im Dezember 1793 als einziger katholischer Geistlicher nicht geflohen – und dem späteren Pfarrer von St. German, Konrad Amaden, unterstützt. Demütigungen und Schikanen waren an der Tagesordnung. Am 4. März 1798 wurde er abends um 10 Uhr von vierzig Soldaten in seiner Wohnung überfallen und nach Mainz verschleppt, wo er jedoch bald wieder seine Freiheit zu erhalten wusste. Dies zeigt, dass sich Christoph Mähler mutig und entschlossen für seine Bestrebungen einsetzte.
Auch 1801, als das Fürstentum Speyer seine linksrheinischen Gebiete an Frankreich abtreten musste und der gesamte kirchliche Besitz zum Nationaleigentum erklärt worden war, blieb er auch unter Bischof Wilderich – Nachfolger des Bischofs August – in seinem Amt. Er war weiterhin geistlicher Bevollmächtigter in Speyer und verwaltete den diesseitigen Teil der Diözese und wirkte unermüdlich und mit großem Eifer in seinem Amt weiter.
1803 kam Speyer infolge der kirchlichen Neuordnung zum Bistum Mainz. (1817 lebt das Bistum Speyer wieder auf.) Der neue Oberhirte, Bischof Josef Ludwig Colmar, ernannte ihn zum bischöflichen Provikar und Kantonspfarrer in Speyer. Als Kantonalpfarrer hatte er ein monatliches Einkommen von 1500 Franken. (Zum Vergleich: der Bischof bekam 10 000 Franken.)
In dieser Zeit hatte man auch die Absicht, nach Plänen des Architekten Henrion, den Dom bis auf die Vorhalle abzureißen. Im letzten Moment konnte Bischof Colmar dieses Vorhaben vereiteln. Auch Pfarrer Christoph Mähler hatte auf seine Art und mit seinen Mitteln wesentlich zur Erhaltung des Domes beigetragen. Durch ihn wurde der Bischof ständig über das Geschehen in seiner Diözese informiert. An Widersachern fehlte es ihm in Speyer keineswegs. Besonders der damalige Unterpräfekt Verny bereitete ihm Scherereien.
1804 schrieb Christoph Mähler an den Bischof:
„Politik, Religionshass, Geldgier und Gewinnsucht haben sich gegen die katholische Religion zusammen geschworen“; und an anderer Stelle: „In diesen Umständen habe ich Besitz von der Franziskanerkirche genommen, ohne mich weiter aufhalten zu lassen. Ich lud dazu ein, wie es die Höflichkeit erforderte, die obrigkeitlichen Personen, den Friedensrichter Deines und den Adjunkten Karl Holzmann, der Maire war gestorben. Sie versprachen mir auch ernstlich zu kommen und dem Akte beizuwohnen. Allein eine Viertelstunde vor der vorzunehmenden Handlung ließen sie mir melden, von höherem Orte her – nämlich von dem Unterpräfekten Verny – hätten sie Gebot erhalten, als öffentliche Personen der Besitzergreifung nicht beizuwohnen. In dieser Lage und Umständen der Sache flehe ich Eure Bischöflichen Gnaden an, dies schleunigst an den Herrn Portalis zu berichten.“ (Portalis war damals französischer Kultusminister und als solcher auch für die Kirchenfragen zuständig.) – (Maire: Bürgermeister; Adjunkt: einem Beamten beigeordneter Gehilfe).
Am 23. September 1806 gab Kaiser Napoleon den Dom an die Katholiken zurück. Die feierliche Besitzergreifung erfolgte am 7. November 1806. Im Beisein des Stadtpfarrers Mähler verlas der Bürgermeister Ludwig Wilhelm Sonntag (1804-1809) vor dem Dom die diesbezügliche Verordnung. Für den nächsten Tag berief Christoph Mähler die Speyerer Handwerksleute in das Rathaus, um mit ihnen über die Baukostenvoranschläge zu verhandeln. Allerdings konnten damals nur die gröbsten Schäden beseitigt werden. Zum Gottesdienst diente, wie seit 1805, auch weiterhin die Klosterkirche von St. Magdalena. (Die Jesuitenkirche wurde 1807 versteigert. Sie stand nördlich des Domes und die Jesuitengruft ist der letzte erhaltene Rest. Die Gebäude der Domumgebung wurden 1689 und 1793/94 zerstört und die verbliebenen Ruinen zu Beginn des 19. Jahrhunderts abgerissen. Der Dom konnte erst 1822 neu geweiht werden).
1810 entbrannte in vielen katholischen Gegenden der so genannte „Gesangbuchstreit“. Dabei sollte ein neues Gesangbuch eingeführt werden, mit teilweise anderem und neuem Inhalt. Viele katholische Christen wollten aber ihr gewohntes Liedgut und das alte Gesangbuch beibehalten. Bischof Colmar erlaubte Christoph Mähler 1810 die Herausgabe des Büchleins „Kern aller Gesänge zum Pfarrgottesdienste“, das viele Gesänge des früheren Speyerer Gesangbuches enthielt und in der Diözese Speyer lange genutzt wurde.
Am 7. Mai 1814 gegen 8 Uhr abends verstarb Rudolph Christoph Mähler im stolzen Alter von 78 Jahren.
Die Inschrift seines Grabsteines, den seine Nichte Margaretha Mähler (1787-1825) aus seinem Eichsfelder Heimatort gestiftet hat, ist in der Chronik des St. Magdalenenklosters überliefert. Sie lautete:
„Hier liegt in Erwartung einer fröhlichen Auferstehung zu den Füßen Jesu, aus dessen Gesellschaft er war, der gute Hirt Christoph Mähler, der den 7. Mai 1814, 78 Jahre alt, im Herrn entschlief, um von seinen apostolischen Arbeiten auszuruhen, denn er glänzte 30 Jahre als Speierischer geistlicher Rat, 12 Jahre als Präses im bischöflichen, Mainzischen Provikariat und 16 Jahre als Seelsorger hiesiger Stadt, der alle Dinge wohlgetan hat, der Niemand, aber alle nur durch seinen Tod betrübt hat, besonders Margaretha Mähler, welche dies Denkmal der Liebe und Dankbarkeit ihrem geistlichen Vater und leiblichen Vaters Bruder errichtete.“
Sein Nachfolger im Amt wurde der Pfarrer Franz Christoph Günther. Er sammelte seine Manuskripte, konnte sie aber trotz größter Mühe nicht vollständig zusammen finden. Das Gesammelte bildete einen Folioband mit Notizen; einen anderen, mit drei kleinen Quartbänden, füllten Urkunden, die größtenteils schon genauer abgedruckt sind. Der Urkundenfoliant enthält 195 Seiten.
Im Pfarrführer der Dompfarrei zu Speyer für das Jahr 1941 heißt es:
„Sein Name verdient in der Dompfarrei stets in Ehren genannt zu werden, denn er hat unter schwierigsten Verhältnissen eifrig und unermüdlich in ihr gewirkt, hat auf den Trümmern des kirchlichen Lebens nach der französischen Revolution die Pfarrei neu aufgebaut.“
Christian Mähler
Lengenfeld unterm Stein
Quellenverzeichnis:
- Kirchenbuch der Katholischen Kirchgemeinde zu Lengenfeld/Stein, Band I, von 1668-1802, (Taufregister, heute im Bistumsarchiv in Erfurt)
- Häuserliste mit Verpflichtungen und feststellbaren Besitzern von Lambert Rummel (Lengenfelder Echo, Nr. 7/1958)
- Gestalten des Eichsfeldes von Dr. Bernhard Opfermann, Erfurt 1968
- Geschichte der Bischöfe zu Speyer von Franz Xaver Remling, Mainz 1852, 1. Band
- Urkundliches zur Geschichte des Heiligenstädter Jesuitenkollegs von Johann Brüll, Cordier: Heiligenstadt, 1897
- Kirchengeschichte der Pfalz, IV. Teil von Ludwig Stamer, 1964
- Bistumsarchiv Speyer; Fritz Klotz in einem Zeitungsartikel zum 150. Todestag von Christoph Mähler, Juli 1964
- Dom- und Diözesanarchiv Mainz
- Lexikon der Päpste von Rudolph Fischer-Wollpert, Fourier Verlag GmbH, Wiesbaden 2003
Christoph Mähler
(1736-1814)
Kurzbiographie von Ortschronist Walther Fuchs
Rudolph Christoph Mähler wurde am 11. April 1736 als Sohn des Acker¬mannes (Bauer-Agricola) Nicolaus Mähler und seiner Ehefrau Anna Margaretha, geborene Vogt (Tochter des Obermüllers Joseph Vogt) in Lengenfeld u./Stein geboren. Sein Taufpate war der Herr Pfarrer Rudolph Christoph Martin – Pfarrer in Lengenfeld u./Stein von 1716 bis 1741.
Rudolph Christoph Mähler besuchte das Gymnasium zu Heiligenstadt trat 1754 bei den Jesuiten ein und wurde 1766 in Worms zum Priester geweiht. Er erlebte 1773 die Aufhebung der Gesellschaft Jesu, war dann Hofkaplan des Speyerer Fürstbischofs, wurde hier 1780 wirklicher Geist¬licher Rat und war in diesem Amt bei der geistlichen Bistumsverwal¬tung in Bruchsal tätig, erhielt 1786 ein Kanonikat beim Stift Aller¬heiligen in Speyer, wohin er 1788 übersiedelte mit dem besonderen Auf¬trag, dort die Klöster und Schulen zu beaufsichtigen. Hier besorgte er 1789 den Neudruck des „Proprium Spirense“ für Messbuch und Brevier der Diözese Speyer. 1793 wurde er vorübergehend festgenommen und durch die französische Revolutionsregierung nach Mainz verbracht, aber bald wieder freigelassen. Damals legte er auch beim Speyerer Fürstbischof eine „Diplomatische Geschichte des Hochstiftes Speyer“ im Entwurf vor, mit der Bitte um Druckerlaubnis.
1794 wurde er zum „Bischöflichen Kommissar“ in Speyer ernannt, nachdem er vorübergehend auch mit Vorlesungen am Priesterseminar zu Bruchsal beauftragt worden war und 1797 vom neuen Bischof bestätigt.
1798 betraute ihn das Domkapitel mit der Seelsorge an der Dompfarrei und den Pfarreien St. Johann, St. Jacob und St. Bartholomäus in Speyer mit der Pfarrseelsorge.
Ende 1802 schickte Rudolph Christoph Mähler als Kommissarius einen letzten Bericht über den Zustand des ehemaligen linksrheinischen Anteils vom Bistum Speyer und meldete dem Domkapitel, dass der neue Bischof von Mainz ihn in Kolmar als Kommissarius eingesetzt habe.
1810 gab er noch ein Gesangbuch seines Diözesananteils heraus unter dem Titel "Kern alles Gesänge zum Pfarrgottesdienste".
Wenige Jahre später verstarb Rudolph Christoph Mähler am 7. Mai 1814 in Speyer im Alter von 78 Jahren, reich verdient um die kirchliche Verwaltung in der Übergangszeit, die eine der Folgen der französischen Revolution war.
Walther Fuchs (Ortschronist)
Lengenfeld unterm Stein, den 24. Juni 1991
Quellennachweis:
Kirchenbuch der katholischen Kirche zu Lengenfeld u./ Stein, Band I von 1668 bis 1802.
Gestalten des Eichfeldes von Dr. Bernhard Opfermann, Erfurt, den 30. Mai 1968.
Lengenfeld u./Stein, den 24. Juni 1991