Der Hülfensberg (Schluss)

5156_200.jpgDer markanteste Bergkegel im Obereichsfeld, gleich, wo Du in die Landschaft hineinschaust, im weiten Bild wird er nicht fehlen. Immer wieder wird Dein Auge auf ihm haften bleiben.

So war es auch schon in altersgrauer Vorzeit. Ich wittere Opferduft aus dem heiligen Hain, ich sehe der Priester laubbekränzte Häupter, Gewänder flattern um den Opferstein, es muss Julnacht sein. Die Kronen der riesigen, tausendjährigen Eichen, recken sich gespensterhaft in den vom lodernden Opferfeuer glutrot gefärbten Himmel weit hinaus in die Landschaft, Mahnung und Zeichen zugleich an alle Stämme draußen, von der Wiedergeburt und neuem Leben in der Natur unter der mächtigen Donareiche auf dem Stuffenberg.

So mags gewesen sein vor tausenden von Jahren, und nach dem Untergang der germanischen Heidengötter wurde der „Hülfensberg“ zu einer noch heute von den christlichen Prozessionen besuchten Wallfahrtsstätte.

Ja, lieber Wanderer, es ist ein Erleben, wenn man von Geismar kommend, diesen 447 m hohen Bergkegel erstiegen hat, um auf dem Plateau Ausschau zu halten, in urdeutsche Landschaft.

Gen Osten in das obere Friedatal mit seinen vielen Seitentälern und dem Keudelstein. Nach Norden in die „Eichsfelder Schweiz“. In der Runde zählen wir 16 Dörfer, auf den Höhen und in den Tälern, mit den Burgruinen Greifenstein und Gleichenstein. Mit dem „Lug ins Land" nach Westen, offenbart sich unserem Auge ein Blick, bei dem man Stunden verweilen könnte, um all das zu erfassen. Bis 70 km kann die Fernsicht von hier sein. Im Süden der Thüringer Wald mit Inselsberg, das Rhöngebirge reiht sich an. Im Westen der hessischen Berge der Große Ahlheimer, Knüllgebirge, Seulingswald und Habichtswald, im Nordwesten das hohe Bergmassiv des Meißners.

Im Vordergrund, von Süden kommend nach Nordwesten, zieht sich das silberne Band der Werra entlang, umgeben von anmutigen Bergeshöhn mit Burgen und Ruinen. Reizvolle, alte Städtchen, wie Wanfried und Eschwege, viele Dörfer, eingebettet in Tälern oder an den Ufern der Werra gelegen, unzählige, die unsere Augen tief drunten erschauen, und wenn wir hier den Ruf hören: ,,Oh, Heimat, wie bist Du schön!“, dann kommt dieser Ruf aus vollem Herzen.

Von dieser Stelle muss jeder Deutschs erkennen, dass die Grenzziehung, der Herzschnitt durch unser Vaterland, eine Tat des Wahnsinns ist. Hier sollte jeder Wanderer und Pilger seinen Schwur ablegen, angesichts der nahe vor uns liegenden Demarkationslinie, seine ganze Kraft einzusetzen in der großen Front der Kämpfer, zur Erhaltung des Friedens und zur Wiedervereinigung unseres Vaterlandes.

Dann soll auch vom Hülfensberg das Freudenfeuer leuchten, wie vor 1000 Jahren und die lodernden Flammen werden verkünden, dass sich Brüder und Schwestern wieder zusammenfinden in einem einigen, freien demokratischen Deutschland.

Möge diese kleine bescheidene Schrift allen werktätigen Menschen, die zu uns in Urlaub kommen, Wanderführer, Begleiter und Mahner sein. Dann hat sie ihren Zweck erfüllt.

Wir lieben die Heimat, die schöne,
und wir schützen sie,
weil sie dem Volke gehört,
weil sie unserem Volke gehört.



 

Obereichsfelder Mundart

Minn Lengenfald

Do wö minne Hotzen stund,
Minne Mutter in dahn Schlof mich sung,
Do wö äs geht zum Häidenklüs,
Do stett min Ahnen ehre Hüs.
Kenn schenner Platz gitts uff d’r Walt
Als min liebes Lengenfald,
Wö ich ben d’rhäim.

Wö Klüs un Kritz am Waeje stenn,
De Frieda derch daos Derf fleest henn,
Wos Echo schallt vom Felstgestäin,
Derch Täler, Schluchten, Fald un Räin,
Daos äs minn liebes Lengenfald,
Do ben ich d’rhäim.

Do wö de größen Wälder sinn,
met veelen Dann un Beechen drin,
Do wö ees Trift un Barje gitt,
Un wö de Häimatglocken lütt,
Do äs min liebes Lengenfald,
Do ben ich d’rhäim.

Loß anner rühm un mäinen,
Ich tüsche doch mät käinem,
Dann min liebes Lengenfald
As doch d’r schennste Platz d’r Walt.
Un ich blieb d’rhäim.

Wenn minne Taoge sinn verbie,
Un ich uffm Kärchhob lie,
Un äs ä nur än kleines Eck,
wö mich de Häimatarde deckt,
äs immer noch min Lengenfald,
Dar scheenste Platz d’r Walt.
Wäil ich ben d’rhäim.

Heinrich Richwien