Kloster Zella und die Gemeinde Effelder nach der Säkularisation (1938)

Im stillen Waldgrund, beschirmt und behütet von hohen Bergen, wo am Sommermorgen die Sonnenstrahlen mit den munteren, silberklaren Wellen des Friedabächleins spielen, das saftige Grün taufrischer Wiesen und Blumen und Blüten einen prächtigen Farbenschmelz auslösen und das helle Zwitschern der gefiederten Sänger in herrlicher Harmonie den zarten Hauch des Friedens vervollkommnen, da liegt, dem Weltgetümmel entrückt, das altehrwürdige Kloster Zella. Der stille Friede, der heute noch nicht von den alten Klostergebäuden gewichen ist, empfängt und erinnert ehrfurchtsvoll die Zeiten der Nonnen, deren Leben und Wirken an dieser Stätte uns durch viele Jahrhunderte hindurch bekannt ist. Trotzdem das Klosterleben seit mehr als hundert Jahren verschwunden ist, erfreuen sich Gebäude und Anlagen einer ausgezeichneten Pflege. Die Familie von Fries, die hier ihren Sitz hat, ist ein gerechter Betreuer dieser altehrwürdigen Stätte.

Die Urgeschichte Kloster Zellas ist in ein graues Dunkel gehüllt. Sagen und Fabeln werden diesen dunklen Schleier niemals enthüllen. Archive bergen nur wenig von dem Schatz seiner wechselvollen Geschichte. Kommissariatsassessor Philipp Knieb, der sich um die eichsfeldische Geschichte sehr verdient gemacht hat, sammelte mit Bienenfleiß die noch zu erreichenden Geschichtsdaten und Nachrichten Kloster Zellas und schenkte sie uns in „Unser Eichsfeld“. Was aber an alten Akten und Urkunden bei den Stürmen der Reformationszeit oder beim Brande des Zella‘schen Hofes in Mühlhausen im Jahre 1649 verschont blieb, das wurde im Klostersturm 1848 für immer vernichtet. Über die Zeit nach der Säkularisation des Klosters Zella ist über die rechtlichen Beziehungen bzw. Verpflichtungen der Gemeinde Effelder gegenüber, welche mir aktenmäßig vorliegen, Folgendes zu berichten.

Am 4. Juni 1810 schlug die Schicksalsstunde Kloster Zellas. Es vurde von der westfälischen Regierung – wie die übrigen Frauenklöster des Eichsfeldes, Beuren und Anrode, – aufgelöst. Domänendirektor Reiche verkündete das Dekret vor dem versammelten, niedergeschlagenen Konvent. Kaum ein Jahr später, am 22. Mai 1811, wurde Kloster Fella mit allem Grundbesitz und Inventar, einschl. des Gutes in Felchta, des Annaberges und der Klostermühle b. Effelder an die Kommerzienräte Wilhelm Lutteroth und Heinr. Wilhelm Röbling, beide Mühlhäuser Bürger, verkauft für den Preis von 212.000 Franken oder 60.000 Taler.

Der Mühlhäuser Bürger Röbling vererbte das Kloster Zella auf seinen Enkel Wilhelm Lutteroth, der es um das Jahr 1870 herum an den Fabrikanten Rudolf Weiß in Langensalza verkaufte. Ende der 1880er Jahre trat derselbe das Kloster Zella an seinen Neffen Oberst von Fries in Saarbrücken ab, dessen Erbnachfolger sein Lohn Hellmuth von Fries jetzt Besitzer ist.

Die westfälische Regierung gliederte bei der Auflösung durch königlich westfälischen Dekret das Gut Kloster Zella der Gemeinde Effelder an, unter der Bestimmung, dass das Kloster Zella ein Siebentel zu den Gemeindelasten von Effelder zu leisten habe. Diese Anordnung wurde nach Einverleibung mit Preußen, durch Verfügung der Königlich Preußischen Landesdirektion des dritten Elbe-Departement vom 8. September 1815 bestätigt.

Die Besitzer des Gutes Kloster Zella versuchten den Verband mit der Gemeinde Effelder zu lösen, was aber auf Grund einer Verordnung nicht gelang. Sodann versuchte der Besitzer des Klosters Zella die proportionale Beitragspflicht zu den Gemeindelasten von Effelder durch Zahlung einer einmaligen Abfindung von 800 Talern dauernd abzulösen. Dieser Antrag scheiterte an dem Widerspruch der Königlichen Regierungsverfügung vom 24. Juni 1857.

Ein weiterer Antrag, das Beitragssiebentel, mit Rücksicht auf die Verkleinerung des Gutsareals durch die Verkäufe von etwa 1500 Morgen Wald (die etwa zwei Drittel des Gesamtbesitzes betrugen), entsprechend herabzusetzen, wurde durch die Regierungsverordnung vom 13. Juni 1880 abermals abgelehnt. Darauf schlossen der Besitzer des Gutes Kloster Zella, Herr Rudolf Weiß sowie die Gemeinde Effelder am 11. Dezember 1877 einen Vergleich, der von dem Kreisausschuss in Mühlhaufen am 7. Jan. 1878 bestätigt wurde, wonach der vom Gut Kloster Zella an die Gemeinde Effelder zu zahlende Beitrag auf jährlich 150 RM. festgesetzt wurde. Nach diesem Vergleich ist bis zur Einführung der Landgemeindeordnung vom 3. Juli 1891 verfahren worden.

Von dieser Zeit an hat die Gemeinde Effelder in der Annahme, dass der erwähnte Vertrag durch die neuste Gemeinde- und Steuerverordnung beseitigt sei, den Besitzer sowie die Insassen des Gutes Kloster Zella wie jeden anderen Angehörigen der Gemeinde zu den Gemeindelasten mit alleiniger Ausnahme der Gemeindedienste herangezogen. Es ist bis auf den heutigen Tag Brauch, dass das Gut und die Bewohner von Kloster Zella vom Gemeindedienst befreit sind, während der Besitzer die Verpflichtung hat, sämtliche Wege innerhalb des Gutsareals zu unterhalten. Es verdient auf Grund einer früheren Streitfrage (1905) besonders erwähnt zu werden, dass auch der Teil der Straße von Struth nach Lengenfeld, der im Gutsareal des Klosters Zella liegt (554 zwei Drittel Rute) und im Jahre 1855 durch den Besitzer des Klosters Zella unter der staatlichen Beihilfe von zwei Talern pro laufende Rute laut Verfügung vom 12. April 1855 der Königlichen Regierung erbaut wurde, auch unter die Verpflichtung betr. des Gemeindedienstes fällt. Im Fahre 1851 wurde von der Gemeinde Effelder der Wald von Kloster Zella gekauft. Kloster Zella wurde zur Aufbringung und Amortisierung des Kaufgeldes sowie zu den Kosten der Forstwirtschaft nie herangezogen.

(Quellen: Gemeindearchiv Effelder)

Leo Hucke, Effelder
(Quelle: „Mein Eichsfeld“, Jahrgang 1938, Seite 81 – 82)