Ein Besuch im Wasserwerk Großbartloff (1956)

An einem heißen Frühsommertag fahren wir durch das Luttertal nach Großbartloff. Schmucke, saubere Häuser zwischen frischem Grün liegen vor uns im Glanz der Sonne. In Großbartloff wird tüchtig gebaut. Viele neue Häuser sind in den letzten Jahren hier entstanden. Die meisten sind aus Tuffsteinen, die in Großbartloff gewonnen werden. Die Schilder von Konsum- und HO-Läden leuchten uns von beiden Seiten der langen Dorfstraße entgegen. Links am Dorfrand ragt das neue Schulgebäude hoch über das Dorf. Ein großer Sportplatz am Rande des Ortes vervollständigt das schöne Bild. Neben dem Sportplatz befindet sich der VEB (K) Tuffsteinbruch. Hier herrscht reges Leben. Traktoren holen die so begehrten heimischen Baustoffe und befördern sie zu den Baustellen. Hinter dem Bruch sehen wir das rote Ziegeldach vom Wasserwerk Großbartloff zwischen den Bäumen.

Wie ausgestorben liegt der schöne Backsteinbau da. Aber er hält keineswegs einen Dornröschenschlaf. In ihm pulsiert das Leben, Tag und Nacht laufen die Maschinen, um sechs Dörfer mit dem lebensnotwendigen Wasser zu versorgen. Es sind die Höhendörfer Wachstedt, Küllstedt, Büttstedt, Effelder, Struth, Eigenrieden und die LPG Annaberg mit zusammen etwa 10.000 Einwohnern.

Der Maschinist lässt uns einen Blick in den Maschinenraum werfen. Wir sind überrascht, eine 80 große saubere Anlage vorzufinden. Da sehen wir drei Kolbenpumpen, zwei davon sind in Betrieb. Angetrieben werden durch einen Elektromotor, zwei Dieselmotoren und eine Wasserturbine stehen noch als Antriebskräfte zur Verfügung. Im Winterhalbjahr reicht meist die Wasserturbine aus, die von der Lutter angetrieben wird. „Aber in der heißen Jahreszeit steigt der Wasserverbrauch ganz enorm an”, meint der freundliche Kollege. „Wie hoch ist denn die Tagesleistung?“, fragen wir. „Im Durchschnitt etwa 800 cbm, aber in den Spitzenzeiten sind es 1000 cbm, die gepumpt werden müssen“, ist die Antwort des Maschinisten.

Der Bau des Wasserwerkes war für die Höhendörfer von unschätzbarem Wert. So war die Bevölkerung vor 1911 bei längerer Trockenheit gezwungen, das Wasser kilometerweit herzuholen. Die Bewohner von Wachstedt und Effelder fuhren zum Luttergrund, die von Struth mussten nach Kloster Zella an die Frieda. Küllstedt und Büttstedt holten das Wasser an der Luhne. Bei Bränden stand nicht genügend Löschwasser bereit, und manches Gebäude fiel damals den Flammen zum Opfer, und die Menschen mussten tatenlos zusehen.

Bis zur Erweiterung des Wasserwerkes im Jahre 1937 waren zwei Dieselmotoren und die Wasserturbine die Antriebskräfte für zwei Kolbenpumpen. Dann wurde die dritte Pumpe angelegt und das Werk erhielt Elektro-Anschluss. 1945 wurden ein Aufenthaltsraum für die Maschinisten, ein Baderaum und die Toilette neu gebaut. Das Teerpappendach wurde durch ein Ziegeldach ersetzt.

Gespeist wird das Pumpwerk durch die „Gläserne Quelle“, die etwa 1200 m östlich in der Höhe der Luttermühle liegt. Diese Quelle liefert ein gutes, hygienisch einwandfreies Trinkwasser. Alle Vierteljahre wird das Trinkwasser überprüft. Das Quellwasser läuft durch eigenen Druck in die Pumpen und wird dann mit 25 Atmosphären Druck in den Hauptbehälter befördert, der an der Straße von Effelder nach Struth liegt. Das entspricht einer Druckhöhe von 240 m.

„Durch eine Fernmeldeanlage haben wir eine ständige Kontrolle über den Wasserstand im Hochbehälter. Aber dieser reicht nun auch bald nicht mehr aus, denn die Maschinen-Traktoren-Station hat einen großen Wasserverbrauch, besonders jetzt bei der Unkrautbekämpfung”, erklärt uns der Maschinist. Drei Monteure überprüfen ständig die gesamte Anlage und führen die notwendigen Reparaturen durch.

Als wir uns von dem Kollegen verabschieden, hören wir noch vor der Tür das gleichmäßige Summen des Elektromotors und den Takt der Pumpen. Im Wasserwerk tun die Kollegen unauffällig Tag und Nacht ihre Pflicht und sorgen dafür, dass die von ihnen betreuten Dörfer immer ausreichend Wasser haben.

Adolf Franke
(Quelle: „Eichsfelder Heimatbote“, Ausgabe vom 16.06.1956)