Die Klostermühle und ihre Geschichte (1956)

Die Zeit des Wanderns und Schauens im schönen Eichsfeld ist wieder da. Wie wäre es mit einem Besuch Klostermühle im Tal der Lutter?

Mit Recht wird sie als eines der herrlichsten Wanderziele bezeichnet. Wir verlassen das Dorf Effelder und wählen den Weg über den Kleinhahnhof Effelder. Das Tal liegt in seiner ganzen Schönheit vor unseren Augen. Von unten herauf grüßen rote Ziegeldächer; sie gehören der gastfreundlichen Klostermühle, die sich an den Mühlberg anschmiegt. Nach einem kräftigen Frühstück im lichten Aufenthaltsraum der Klostermühle beginnen wir, in ihre Vergangenheit einzudringen. An den Wänden im Raum hängen die „Spitznamenwappen“ der südeichsfeldischen Dörfer, so zum Beispiel das von Geismar mit seinem Entenschnabel, Küllstedt mit seinem Ochsenschläger, Großbartloff mit dem Wacholderknüppel und selbst das von Heiligenstadt mit seinen Möhrenkönigen fehlt nicht.

Doch nun zur „Historika” der Klostermühle und ihrer beiden Schwestern in diesem Dreimühlental. Weil die Klostermühle die mittlere war, wurde sie auch „Mittelmühle” genannt. Zur Klostermühle wurde sie bei der ersten geschichtlichen Erwähnung des Benediktinerinnenklosters Zella im Jahre 1215, dem sie auch gehörte. Sie stammt also aus dem Frühaltertum. Nach Niederschriften vom Jahre 1615 brachte die Klostermühle dem Kloster Zella jährlich 40 Reichsthaler Pacht. Sie wurde also nicht direkt vom Kloster verwaltet. Infolge der Säkularisation ging sie am 1. Juni 1811 in den Besitz der Mühlhäuser Kommerzienräte Lutterodt und Rohling über. Diese lösten sie vom Gesamtbesitz des nunmehrigen Klostergutes. Am 26. März 1851 erhielt der Fabrikant Johann Michael Voigt aus Mühlhausen als neuer Käufer den Zuschlag. Voigt ließ ein neue drittes Stockwerk aufsetzen und richtete eine Spinnerei ein. Da sich diesen Industriezweig im abgelegenen Tal nicht rentabel erwies, ging die Mühle schon nach vier Jahren wieder an die Herren von Kloster Zella zurück.

In der Folgezeit wechselte sie mehrere Male ihre Besitzer. Für 6000 Thaler erwarb sie am 21. März 1857 der Müller und Landwirt Schweißhelm aus Effelder, der sofort eine Walkmühle einrichtete und sie an Ignaz Faupel aus Küllstedt verpachtete. Schweißhelm erbte das Mühlengrundstück von seinem Vater und verkaufte es an den Müller Kümstedt, in dessen Besitz die Mühle 25 Jahre blieb. 1908 übernahm sie der Mühlenbesitzer Aloys Pudenz aus Großtöpfer. Den Mühlenbetrieb ließ er nach und nach ganz einschlafen. Eine Mühlhäuser Familie verwaltete das Grundstück.

Durch neuen Kaufvertrag vom 27. März 1920 wurde der Mühlhäuser Fabrikant Paul Reise Besitzer der Klostermühle. Reise ließ die gesamte Mühleneinrichtung vollkommen renovieren. Betriebsneu erwarb sie nun im Jahre 1921 der Müller Breede aus Lippoldsberg a. W.

Nun wiederholte sich der Besitzschacher um die KIostermühle alljährlich. 1922 gehörte sie Knot, 1923 dem Müller Strunk, und 1925 hatte sie der Landwirt Köhler. In der Nacht vom 26. zum 27. Januar 1926 brannte die Klostermühle bis auf die Grundmauern nieder. Dem Oberpostsekretär Georg Töpfer war dieser so herrlich gelegene Bauplatz willkommen für neue Pläne. Er erwarb noch im Jahre 1926 den Brandplatz und die zur Mühle gehörenden Grundstücke. Auf dem Fundament der alten Mühle baute er ein neuzeitliches Pensionshaus auf. Heute finden hier viele erholungsuchende Werktätige und Schulkinder liebevolle Aufnahme.

Nun schnell noch einen Sprung hinüber zur „Spitzmühle”. Sie liegt dem Dorf Großbartloff am nächsten. Das Mühlrad ist auch hier längst dem Zahn der Zeit zum Opfer gefallen. Heute befindet sich in der Spitzmühle das Wasserpumpwerk des Obereichsfeldischen Wasserleitungsverbandes.

Nun scheiden wir aus dem Luttertal und gehen in Richtung Küllstedter Grund. Am oberen Lauf der Lutter liegt die Luttermühle, früher auch „Obermühle” genannt. Hier dreht sich noch das Mühlenrad. Ihre Gründung geht auch bis in die erste Siedlungsperiode zurück. Der Propst Heinrich von Zella verkaufte sie am 21. Dezember 1363 für 18 Pfund Mühlhäuser Währung an Heinrich Schreck. 1603 war auch sie wieder im Besitz des Klosters. Der Rückkauf wurde vom damaligen Kurfürsten nur unter der Bedingung gestattet, dass bei jedem Wechsel der Klostervorsteherin dem Amte Gleichenstein ein hohes Lehngeld gezahlt werden musste. An Natura den wurden vom Gleichenstein gefordert: 2 Thaler und 8 Groschen Zins, 1 Huhn, 2 Hähne und 1 Schock Eier jährlich. Der jeweilige Luttermüller hatte ab 1615 an das Kloster zu entrichten: 20 Thaler in bar, 16 Malter Korn, 13 Groschen für Pflugdienst, 3 Groschen für den Handdienst, 3 Thaler und 8 Groschen Mühlzins sowie 10 % Lehngeld. Seit 1810 war die Mühle Privatbesitz der Familie Oberthür in Effelder. Erbteilungshalber ging sie 1868 in den Besitz der Familie Herzberg über, von deren Nachkommen sie heute noch verwaltet wird.

Wir schauen noch das ganz wuchtig ans Tageslicht tretende Bächlein Lutter. Im Verein mit den „Neunbörner”, die aus den Bergen des Westerwaldes sickern, treibt es bereits nach 50 Metern das große Mühlrad. Drüben, an der rechten Ecke des Westerwaldes, wird die starke „Gläsenerquelle” in einer gutbetonierten Quelleneinfassung aufgefangen. Seit 1911 liefert sie unversiegbar den sechs Höhendörfern einwandfreies, klares Trinkwasser.

Viele Quellenstimmen begleiten uns beim Verlassen des Tales, und wir fühlen es: Unserem Spaziergang ins Luttertal werden noch viele folgen, die in der Sommerhitze dort unten Schatten und Labung finden.

Autor: Ze
(Quelle: „Eichsfelder Heimatbote“, Ausgabe vom 09.06.1956)