Familiennamen im südlichen Eichsfeld

Wenn wir die handschriftlich geschriebenen Namen der alten Geschlechter in den alten Familiennamen sind vielfach aus den Berufen abgeleitet. Einige sind aus landschaftlicher Sicht (Ort, Flur) entstanden. Die Heiligennamen kommen vereinzelt vor. Bei den Vornamen überwiegen die Heiligennamen. Kirchliche Weisungen, Heiligennamen zu gebrauchen, gibt es erst seit der Kirchenspaltung. Im Dreißigjährigen Krieg sind viele Familien erloschen. Die Pest hat gewaltige Opfer gefordert (1625, 1682). Nach 1648 haben viele Familien unsere zerstörten Dörfer verlassen und sind ins Werratal abgewandert. Dort entwickelte sich im Jahrhundert des Friedens (1650-1750) bald wieder die Schifffahrt und die Industrie (Wollkämmerei). Fassen wir kurz die Namen der in unseren Dörfern ansässigen, alten Geschlechter zusammen!

Geismar:

Da wären besonders die Döring und Bode zu nennen. Beide Familien sind alte Freibauern in fränkischen Ackerbürgerhäusern. Das Stammesbewusstsein der Döring geht auf die Hermunduren (Thoringi, Thüringer), in der Ursiedlung von Geismar in germanischer Zeit zurück. Döringsdorf ist von einem Döring abgeleitet, der die fränkische Siedlung „DÜRING“ gegründet hat.

1521 ist ein Andreas Bode „plebanus“ in Teistungen. 1545 tauchen noch folgende altgeismarische Familien auf: Goldmann, Siebold, Koboldt (ein Johann Sebastian Koboldt aus Geismar ist 1709-15) Pfarrer in Wachstedt, Arnold (altes Bauerngeschlecht, Schulze um 1850), Schäfer, Heinemann, Kohl, Schneider, Hartmann, Hagedorn.

Im Rechtsstreit der Kirchengemeinde Geismar mit dem Stift „St. Cyriakus“ zu Eschwege werden 1521-28 Koch, Gottesleben, Henkel, Wegener, Tolle (Dölle), Weber, Ruland, Gross, Lotze als Altersmänner genannt.

Wilbich:

Hagedorn (Schultheiß), Heinemann, Dittrich, Schäfer, Wentzel, Döring, König, Hartung, Koboldt, Voigt, Strauss, Giasener (Griesmüller), Luchtenrodt.

Ershausen:

Rodenstock, Schuchardt, Dölle, Weber, Schäfer, Fiege, Jacobi, Kannengießer, Herwig, Bachmann, Schmidt, Müller, Reinhardt, Gross, Löffelholz, Wichmann, Ai- brecht, Jacobshagen.

Lengenfeld:

Löffler, Vogt, Ruland, Lorentz, Gross, Grosse, Hesse, Lamprecht, Thomas, Müller, Weidemann, Steinmetz, Hederich, Holnbach, Töpfer, Jacobi.

Großbartloff:

Hösbach, Krause, Stöber, Grebing, Godehardt, Fischer, Glessener, Montag, Dittrich, Kaufhold, Henkel.

Misserode:

Schuchardt, Döring, Franke, Bartel.

Krombach:

Thüne (Schultheiß), Arnold, Heinemann, Wandt, Schilling.

Faulungen:

Glorius (Schultheiß), Arnoldt, Leineweber.

Frieda:

(bis 1583 mainzisch, dann im Austausch gegen Döringsdorf hessisch).

Hier sind 7 x „MERTEN“ (Martin) aufgeführt. Es liegt nahe, dass einige Familien FRIEDA aufwärts ins südliche Eichsfeld abgewandert sind. Im 18. Jahrhundert ist der Großvater des Bischofs Dr. Konrad MARTIN in Großtöpfer tätig. Er kauft 1797 den Meierhof (Meierei) in Lengenfeld, den nach seinem Tode 1816 die Eltern des Bischofs übernehmen.

Weitere Namen sind: Hanstein, Müller, Schneider, Schmerbach, Steinmetz, Schmidt, König.

Die Entwicklung des Familiennamens setzte erst etwa im 13. Jahrhundert ein. Bis um 1250 kam man noch ohne feste Familiennamen aus. So wirkte in Diedorf um 1267 ein Bertholdus (Berthold) als plebanus (Leutepriester). Im 14. Jahrhundert waren Namen nur ausnahmsweise im Gebrauch. Erst im 15. Jahrhundert kommen feste Namen auf dem Eichsfeld vor. 1407 wird Albertus RODE genannt, immatrikuliert auf der Universität zu Erfurt (später Kanonikus in Heiligenstadt).

Heimat- und Familienforscher haben im Laufe der Zeit ihre Vorfahren in Ahnen-listen festgehalten, ausgehend von einem Ahnenträger. Es gibt auch Familien, die sich in einer Gemeinschaft mit der Familien- und Sippenforschung befasst und einen Familienverband gegründet haben, so die bekannte Familie STRECKER in Dingelstädt. Der Chronist schaut gern betrachtend in die Familienchroniken der Vor- und Nachfahren des Karl HACKETHAL vom Hof in Reinholterode und der HENKEL in Breitenholz mit vielen Zweigen, so u. a. der „GREINEMANN" mit unserem verehrten Lehrer Prof. GREINEMANN, der KRATZ aus der alten Kratzmühle zu Geismar mit zwei tüchtigen Männern, der NORING in Zella und der weithin bekannten LEINEWEBER voll Tradition. Was diesen alten Geschlechtern einen so hohen Reiz verleiht, ist ihre oft enge Beziehung zur Heimatgeschichte. Hier sei unseres alten Heimatfreundes Dr. HARTUNG gedacht, der die Chroniken der HACKETHAL und HENKEL schuf.

Ein hervorragendes Stück Familiengeschichte aus alter Zeit ist die Familienchronik des „Singenden Bierbrauers“ Pinkus MÜLLER in der bekannten „Oldbeerbrauerei un Oldbeerautschank“ in Münster, eine Stätte der Freude. Johannes Müller aus der kleinen Gemeindeschenke in Hildebrandshausen kam in der Franzosenzeit (1806-13) mit dem Stab in der Hand, ein Lied auf den Lippen nach Münster in Westfalen. Er schuf eine kleine Bäckerei mit der damals üblichen Altbierküche. Das Volkslied war ein treuer Gehilfe bei seiner Arbeit. Da er sich bewährte, erhielt er den Bürgerbrief der Stadt Münster. Sein Sohn Carl, stimmbegabt, sang im frohen Kreise die Volkslieder seiner Zeit (1839-68). Der Nachfolger Jean ist schon als Obermeister der Brauerinnung eine bekannte Persönlichkeit (1868-1943). Er sang in Konzerten des Roten Kreuzes. Dann folgte ein „MÜLLER“, der alle seine Vorfahren übertraf = Carl MÜLLER, „Pinkus MÜLLER“ genannt, weithin bekannt als der „Singende Bierbrauer“ von Münster (1899-1979). Er sang oft bei besonderen Anlässen und auf Schallplatten. Bei einem „Pöttken Aoltbeer" erzählte „Pinkus“ gern seinen Gästen einiges aus der Familiengeschichte, mit dem Ahnherrn Johannes Müller, der in näpoleonischer Zeit aus Hildebrandshausen im Eichsfeld kam. Am 1. 9. 1979 ist „Pinkus MÜLLER“ verstorben. Im altehrwürdigen Rathaussaal in Münster fand eine würdige Gedenkfeier für den verdienten und hoch angesehenen münsterschen Bürger statt.

Sein Sohn Klaus MÜLLER schied als 5. Braumeister des Geschlechts allzu früh aus dieser Welt (18. 3. 1980). Er wurde unter großer Anteilnahme der Münsteraner zu Grabe getragen.

„Kurz sind die Tage des Menschen, seine Jahre sind bei Gott.“

Das sagt der Spruch im letzten Joch der altehrwürdigen Wallfahrtskirche auf dem Hülfensberg, auf den der lange auf Bergeshöh’ gediente Bruder Seraphin mit seinem Stab zeigt.

Heimatfreund P. Einhard OBERTHÜR - OFM -, Priesterjubilar, alter Chinamissionar in Geseke hält in dankbarem Gedenken an „Pinkus MÜLLER“ die glanzvoll gebundene Familienchronik der Müller in seinen Händen. Darin befinden sich u. a. eine Urkunde des eichsfeldischen Ahnherrn aus der Franzosenzeit und der alte münsterische Bürgerbrief für Johannes MÜLLER aus Hildebrandshausen im Eichsfeld.

Otto Martin
(Quelle: Eichsfelder Heimatstimmen 25 (1981), S. 75-77)