Lengenfeld im Laufe der Zeiten - Steigende Aufwärtsentwicklung in den Jahrhunderten

Nach dem Reuterschen Salbuch hatte Lengenfeld im Jahre 1610 118 Häuser, davon 6 Gemeindehäuser. Die Gemeindehäuser waren 1 Kirche, 1 Pfarrei, 1 Schule (bei der Schule war der Backofen), 1 Gemeindeschänke, 1 Brauhaus und 1 weiteres Gemeindehaus.

Nach Aufzeichnungen des Pfarrers Hahne (1645) hatte Lengenfeld vor dem 30-Jährigen Kriege (vor 1648) 100 Herdstätten. Nach dem Kriege waren es nur noch 24. Die anderen waren verfallen md meistens vom Feinde verbrannt. Die Sippennamen, die schon 1610 im Salbuch als Besitzer aufgeführt werden, den 30-Jährigen Krieg überdauert, ununterbrochen bis heute in den Steuerlisten aufgeführt werden und immer noch Nachkommen hier wohnen, sind Fischer, Hedderich, Hahn, Lorentz, Richwien und Witzel.

1710 hatte Lengenfeld wieder 113 Häuser und 6 Gemeindehäuser. Dieser Stand hat sich, wie aus den Gemeinde-Steuerlisten zu ersehen ist, über zwei Jahrhunderte gehalten. Die Einwohner Lengenfelds waren in der Zeit Bauern, Handwerker, Raschmacher, Wollkämmer, Woll- und Leineweber, Köhler, Ziegel- und Kalkbrenner. (Die Hausierer, Handelsleute und Ziegeleiarbeiter haben sich erst in der Zeit nach 1800 gebildet).

Von Gewerbetreibenden, die für ihre Gewerbe steuerten, werden vor 1800 nur der Gemeindeschenkwirt und 2 Gasthäuser genannt, die nicht nur Ausschenkgeld (Ohmschenkgeld) für Bier, sondern auch jeder 2 fl Branntweins-Accise jährlich zahlen mussten. Der Gemeindeschenkwirt hatte nur allein das Recht, „für den Verkauf" zu schlachten, dafür musste er ebenfalls 1 Thaler Steuer zum Amt Bischofstein zahlen. Erst 1805 werden im Ganzen 3 Metzger erwähnt, die sich verpflichtet haben, die von Preußen erhobene Schlachtsteuer für das „Stück Schlachtvieh“ zu zahlen. Die Ziegelhütten- und Kalkbrenner Lengenfelds mussten 5 Thaler Betriebssteuer zahlen, die Pottaschesieder jährlich 2 fl. Auch einige Musikkapellen waren in Lengenfeld, die besteuert wurden.

Ein für die damalige Zeit größerer Betrieb war die Stoffdruckerei und Färberei. Lengenfeld war auch Sitz der Maurerzunft für das Amt Bischofstein. Mühlen gab es fünf, und zwar Hagemühle, Mittelmühle, Obermühle, Tiebelsnasenmühle und Schnied-Müllen (Schneidemühle).

Für das Gesundheitswesen sorgten ein Feldscher und eine Hebamme. Der wirtschaftliche Aufschwung Lengenfelds kam erst nach dem Eisenbahnbau 1875.

Heute hat Lengenfeld 260 Häuser, 1 kath. Kirche, 1 ev. Kirche, eine neue vierklassige Schule, 1 Pfarrei, 2 Gemeindegasthäuser, 1. Gemeindebäckerei, 1 Spritzenhaus mit neuer Motorspritze und ein weiteres Gemeindehaus. Die Hauswirtschaftsbetriebe sind 3 Zigarrenfabriken, 1 Strickerei und Schloss Bischofstein als Landerziehungsheim mit 80 bis 90 Schülern. Außerdem sind in Lengenfeld heute 7 Erbhofbauern, 44 kleinere rein landwirtschaftliche Betriebe, 20 gemischte Betriebe (Landwirtschaft mit Handwerk), 3 Mühlen, 5 Fleischereien, 3 Privatbäckereien, 7 Schneider, 5 Schuhmacher, 5 Schreiner, 3 Maler, 3 Stellmacher, 3 Friseure, 2 Buchbinder, 2 Sattler, 2 Klempner, 1 Fotograf, 1 Steinbildhauer, 1 Schlosser, 2 Schmiede, 1 größerer Zimmermanns- und 1 größerer Maurerbetrieb vorhanden. Neben diesen Handwerksbetrieben, die offene Geschäfte haben, gibt es noch etwa 15 Ladengeschäfte. Ein großer Teil der Einwohner übt seinen Beruf als Ziegler und Handelsleute aus.

Für die Gesundheit sorgen heute ein neuzeitlich eingerichtetes Krankenhaus, 1 Arzt, 1 Zahnarzt, 1 Dentist, 1 Apotheke und 2 Hebammen. Als sanitäre Einrichtung kann auch noch das Schwimmbad gelten.

Lambert Rummel
(Quelle: „Eichsfelder Heimatbote“ vom 14. Mai 1938)