Sie tanzten nur einen Sommer

Wer kennt den alten Kinofilm noch? Dieser Film stürmte vor 50 Jahren die Kinokassen und war auf den Leinwänden zu sehen. Hieran musste ich unwillkürlich denken, als ich im Oktoberheft las, dass unser Gastwirt der Gemeindeschänke, Herr Kohlhaus, am 30. November dieses Jahres sein Pachtverhältnis mit der Gemeinde beendet. Gerade ein Jahr hat es gedauert, dass dieses Gasthaus wieder geöffnet und bewirtschaftet wurde!

Nun hat ein großes Dorf wie Lengenfeld unterm Stein nur noch wenige gastronomische Einkehrmöglichkeiten. Ein Dorf, wo man im nächsten Jahr 30.000 Draisinenfahrer erwartet, wo sich ein im Land Thüringen bekanntes Krankenhaus befindet. Ja, wo auch im Schloss Bischofstein ein einladendes Pflegeheim beheimatet ist. Ich möchte nicht urteilen, woran dieser Kurzauftritt unseres Schankwirtes liegt. Vermutlich liegt es am Gästemangel und somit auf Deutsch: Zu geringer Umsatz. Sind wir Lengenfelder – kein Vorwurf – nicht ein bisschen selbst an dieser Misere schuld? Dies muss sich jeder Einzelne „im stillen Kämmerlein“ selbst fragen?

Als ich persönlich vor 60 Jahren meine Zelte in Lengenfeld unterm Stein aufschlug, hatte unser Grenzdorf sage und schreibe sechs Gaststätten. Ja, ich kann für mich persönlich in Anspruch nehmen, in allen sechs noch mein Bier getrunken zu haben. Unsere Enkel und Urenkel werden auf Anhieb nicht mehr wissen, wo sich diese im Dorf befunden haben. Doch dann kam die erste Zwangsaussiedlung im Jahr 1952 und das war ein Schlag für ganz Lengenfeld.

Auch drei Gastwirte waren unter den leidgeprüften Zwangsausgesiedelten. Dies minderte damals schon die Qualität der Gastronomie in unserem Ort. Auch der damalige Schankwirt war unter den Leidgeprüften.

Als BHG Lengenfeld unterm Stein wurden wir vom damaligen Kreis verpflichtet, die Schänke unter dem Namen Bauernhaus wieder zu eröffnen. Und siehe da: Das neu eröffnete Bauernhaus florierte und arbeitete immer mit Gewinn. Ein besonders verdientes Gaststättenpaar dieser Zeit waren Onkel Martin und Tante Mariechen (Morgenthal).

Während ihrer Betreiberzeit ging die Post ab in der Gemeindeschänke. Manch Lengenfelder älteren Jahrgangs hat noch schöne Erinnerungen an diese Zeit. Mir persönlich liegt das Wohl der Gemeindeschänke besonders am Herzen, da diese Gaststätte zu DDR-Zeiten von der BHG Lengenfeld bewirtschaftet wurde, deren Leiter ich damals war. Doch damals wurden auch die Kirmes, Kirmesnachfeier, Gemeindevertretersitzungen, Versammlungen der örtlichen Vereine u.v.a.m. in der Gemeindeschänke (Bauernhaus) gefeiert. Auch erinnere ich mich daran, dass damals jeden Sonntag um 9.30 Uhr das Hochamt war, anschließend gingen Burschen wie Männer zum Frühschoppen in die Gemeindeschänke, wo jeder Stuhl besetzt war und sogar ein Teil der Männer mit einem Stehplatz an der Theke zufrieden war. War das nicht schön, frage ich heute meine lieben Altersgenossen? Ein großer Teil von ihnen hat bereits seine letzte Ruhestätte auf dem Friedhof bezogen. Auch gingen damals die männlichen Jahrgänge am Sonntagnachmittag zum Kartenspielen in die Gemeindeschänke. So möchte ich der Hoffnung Ausdruck geben, dass nach den geplanten Bauarbeiten an der Gemeindeschänke sich ein Gaststättenpaar findet, welches wieder Aufschwung in die Gastronomie unseres anziehungswürdigen Dorfes bringen wird.

Unsere Gemeindschänke muss wieder eine solche Anziehungskraft bekommen, dass Familien und Vereine ihre Feierlichkeiten im Dorf – in Lengenfeld unterm Stein – feiern. Dieser Wunsch ist der Vater meiner Gedanken.

Mit einer Träne in den Augen
Ihr Senior Willi Tasch