Wie eine junge Frau im Jahre 1880 ihren Mann fürs Leben suchte und einen Tipp aus Lengenfeld unterm Stein bekam

Kürzlich erreichte die Redaktion des „Lengenfelder Echos“ eine Leserzuschrift aus Hannover.

Prof. Dr.-Ing. Werner Richwien, ein Enkel des Lengenfelder Heimatdichters Adam Richwien und treuer Leser des „Lengenfelder Echos“, übersandte einen interessanten Beitrag, der seiner Tochter im „Niederdeutschen Heimatblatt“ aufgefallen war.

Ein darin enthaltener Brief befasst sich mit frühen Formen der Eheanbahndung und gewährt gleichzeitig einen Einblick in das orthografische Verständnis der ländlichen Bevölkerung.

Was diesen Brief jedoch für das „Lengenfelder Echo“ interessant macht, ist sein Absender: Der Brief wurde verfasst von Marie Schneider, die mit ihrem Mann Caspar in Lengenfeld unterm Stein lebte.

Für die Zusendung möchten wir uns herzlich bei Herrn Richwien und seiner Tochter bedanken!

Nachfolgend der Originalbeitrag aus dem„Niederdeutschen Blatt“:

Wie haben sich die Gepflogenheiten in den letzten 125 Jahren doch geändert! Als Beispiel ein Brief aus dem Jahre 1880, in dem es um die Vermittlung eines Bräutigams geht.

Heute würde kein weibliches Wesen sich seinen Bräutigam von anderen aussuchen lassen. Berufliche und damit finanzielle Unabhängigkeit garantieren den Frauen heute die freie Wahl unter den möglichen Partnern, während bis ins 20. Jahrhundert hinein die Ehe für die Frauen die einzige Absicherung und damit eine reine Versorgungsangelegenheit war.

Unverheiratet fielen sie den Geschwistern zur Last, hatten keine Rechte und waren nur als Mitarbeiterinnen auf dem Hof geduldet. Ein gleiches Schicksal erlitten übrigens auch die
unverheirateten Zwei- und Drittsöhne, wenn sie denn nicht einen Beruf, z.B. Pfarrer, Lehrer oder
Soldat ergreifen konnten.

Berufsausbildung für die Frauen, besonders auf dem Land, wurde für überflüssig gehalten. Mit der Vermittlung eines Bräutigams ließ man es genug sein.

Hier in unserem Fall scheint die Braut einiges zu bieten zu haben, denn sie sucht augenscheinlich
einen Ehemann und Verwalter für ihr Gut (Hof Heesen) und der Angekündigte wird als äußerst passend beschrieben. Äußerlich sind das gute Voraussetzungen für eine Ehe. Aber wer weiß, wie es den beiden in Wirklichkeit ergangen ist?

Jutta Siegmeyer
Quelle: Niederdeutsches Heimatblatt, Nr. 696], Dezember 2007

Lengenfeld, den 23ten Dez. 80

Libe Freundin,

Ich muss ihr benachrichtigen, daß wir für ihr b(p)assend ein sehr guten Bräudigam wissen. Der selbe ist auch vom großguth und halt auch gut vermögen. Ich und meine Frrau haben den jungen von Klein auf gekand und wissen ganz genau daß man dem selben nicht im geringsten waß nachsagen kann, derselbe wissen wir ganz genau daß ist ein tüchdiger arbeiter und versteht auf einen großen Hof warlich zu werken. Ich und meine Frau stehn vor ein daß hie in ganz Amt Hagen kein besser Burschen ist als dieser, Es sind aber zwei Söhne auf disem Guth da muss einer von. derselbe were recht bassent vor ihr … bitte schreiben sie uns so ihr in der Kürze mal zubesuchkommen.

Es grüßt bestent, Caspar Schneider
handelt Frau Marie

Attresse Caspar Schneider, in Lengenfeld u. Stein
Kreiß Heiligenstadt

Rückseite: Liebe Freundin, wir haben schon seit 40 Jahr bei dieser herrschaft wo … komt und wir
haben disen Burschen daß vorgetragen derselbe war es gleich zufrieden und die beiden Alten auch