Vor 40 Jahren wurde mit dem Bau des Schwimmbades in L.u.St. begonnen

Im Eichsfeld und dem Unstrut-Hainich-Kreis zählt L.u.St. zu den wenigen Orten, welche ein Freibad besitzen.

In den kreislichen Medien wurde unlängst über unser Schwimmbadfest im August berichtet. Fälschlicherweise wurden auch einige Namen der Erbauer hierbei unrichtig benannt. Im Herbst diesen Jahres werden es bereits 40 Jahre, dass wir in Lengenfeld mit dem Bau des Schwimmbades begonnen haben.
Da ich mit vielen Lengenfeldern aktiv an der Vorbereitung, der Bauorganisation und am Bau beteiligt war, habe ich mir zu diesem 40-jährigen Jubiläum einige Gedanken gemacht.

Bis zum Jahr 1950 besaß Lengenfeld schon einmal ein Schwimmbad. Nahegelegen dem Jetzigen, wo jetzt der Anglerteich ist. Bademeister war zu jener Zeit Karl Busse (Vater von Horst Busse). Es war nicht so komfortabel wie Unseres heute, sondern nur aus Holzpfählen errichtet. Aber es erfüllte seinen Zweck. Viele Kinder erlernten damals schon das Schwimmen und es waren nur wenige, die nicht schwimmen konnten.
Durch die Kriegs- und Nachkriegswirren wurde jedoch auch das Bad in Mitleidenschaft gezogen und musste aus Sicherheitsgründen geschlossen werden.

Seit Anfang der 50er Jahre wurde immer und immer wieder der Wunsch geäußert, von Kindern, Jugendlichen und Eltern, ja aus allen Teilen der Bevölkerung, in Lengenfeld wieder ein Schwimmbad zu bauen. Mitte der 50er Jahre hing bereits in der Gemeindeschänke ein Bauplan aus, wie das neue Schwimmbad aussehen sollte. Doch immer nur war der Wunsch der Vater des Gedanken, denn es blieb nur ein Wunschtraum. Vom Kreis und Bezirk wurden keinerlei Signale gesetzt oder Bereitschaft zur Finanzierungshilfe gezeigt, so das im entferntesten nicht mit dem Bau begonnen werden konnte. Immer und immer wieder wurden neue Baupläne geschmiedet und auch wieder verworfen.

Doch unsere Lengenfelder Bürger, ob groß oder klein, ließen sich nicht entmutigen. Sie blieben sprichwörtlich am Ball. Durch diesen unaufhörlich vorgetragenen Wunsch der breiten Masse der Bevölkerung wurde im Jahre 1967 eine Bürgerbefragung durch die Gemeindevertretung über das Für und Wider durchgeführt. Mit dem überwältigendem Ergebnis, dass sich 90% der Befragten für den Bau des Schwimmbades aussprachen. Bei gleicher Befragung zeichnete die Bevölkerung 40 tausend Mark an Geldspenden und einige tausend Arbeitsstunden. Überrascht und gestützt von solcher Spenden- und Opferbereitschaft, entschlossen sich der Gemeinderat und die Gemeindevertretung mit dem Bau des Schwimmbades im Herbst 1967 zu beginnen.
Eine Zustimmung des Rates des Kreises lag jedoch nicht vor, eher eine bremsende und abwehrende Haltung, die in dem sinngemäßen negativen Ausspruch gipfelte: „Das wird sowieso nur eine Kurt Heller-Gedächtnisgrube.“ Kurt Heller war der damalige Bürgermeister unserer Gemeinde.
Diese Aussage sollte bedeuten, ihr macht eine Baugrube, und dann ist es vorbei mit der Begeisterung.
Ähnliches war kurz vorher in Großengottern geschehen. Etwas trotzig geworden, ließen wir uns hier in Lengenfeld nicht dadurch beirren. Eher beflügelte uns dies noch und spornte uns an: „Nun erst recht!“ Zunächst wurde ein ehrenamtlicher Baustab gegründet, der ab sofort jeden Mittwoch tagte, um die jeweiligen erforderlichen Baumaßnahmen festzulegen.

Dem Baustab gehörte folgender Personenkreis an:

Kurt Heller, Bürgermeister zu Beginn des Baues
Alex Münch, während der Bauzeit amtierender Bürgermeister
Hubert Hagemann, Baumeister und Bauingenieur
Heinz Blankenburg, Buchhalter und Chronist
Willi Tasch, Leiter der BHG
Gerhard Buchwald, Frisörmeister (eifrigster Schwimmer des Dorfes)
Alois Lorenz, Lehrer (sportlich sehr aktiv)
Franz Hardegen, LPG-Vorsitzender
Arno Marx, Leiter der Puppenfabrik
Karl Hagemann, Bauingenieur - Architekt

Zeitweilig wurden diesem Gremium aktive Bürger und Fachleute hinzugezogen. An der Zusammensetzung des Baustabes sieht man, heute nach 40 Jahren noch, dass dies Menschen waren, die Kontakt zu Bürgern hatten, aber auch materiell, finanziell und ideell Unterstützung geben konnten.
Wöchentlich tagte das Gremium und legte Maßnahmen über den Fortlauf des Bauwerkes, die Materialbeschaffung (oft ein Kunststück mit sozialistischem Zauberstab) und die Beschaffung von Transport- und Bautechnik (LPG, Puppe, BHG machten Unmögliches möglich) fest.
Allein die Bezahlung offener Rechnungen war oft ein Problem, da kein Geld da war. Jedes Wochenende hatte ein Mitglied des Baustabes die Aufsicht und Einteilung bei freiwilligen Arbeitseinsätzen. Bei den ersten Einsätzen war die Beteiligung unserer Bürger so spontan, dass an einem Spitzentag 108 Helfer gezählt werden konnten.
Die Arbeitsbedingungen waren bei den Ausschachtungsarbeiten und beim Verlegen von Abwasserrohren oft unmenschlich. Öfters standen die Helfer bis an die Knie im Matsch und Wasser, so dass wir uns oft gegenseitig Mut machen mussten. Aber keiner ist gegangen. Es war wie eine verschworene Gemeinschaft.
Die größten Verdienste und die unermüdlichste Ausdauer zeigten hierbei Hubert Hagemann und Alex Münch.

Es waren die Persönlichkeiten, die die etwas schwach gewordenen Helfer immer wieder ermutigten und mitrissen. Sie waren fast bei allen Einsätzen am Ort des Geschehens und
Alex Münch als Bürgermeister stand oft selbst bis an die Knie im Schlammassel. Dieses Bild werde ich nie vergessen.

Ursprünglich sollten die abgeschrägten Badwände nur mit Lehm geglättet und dann mit der verschweißten Schwimmbadfolie überspannt werden. Doch durch das viele Grund- und Schichtwasser bedingt – welches auch die unmöglichen Schlammschlachten verursachte – entschlossen wir uns kurzerhand, die Schrägen nicht mit Lehm, sondern mit Beton herzustellen und dann mit Folie zu überspannen. Doch wo nehmen wir Kies, Sand, Zement und dergleichen her? Dies war dann die Frage. Wir hatten doch keinerlei Bauanteile vom Kreisbauamt erhalten. Doch nicht umsonst hatten die beiden Bürgermeister nach ihrem Wunsch, Leute mit etwas Einfluss und Organisationstalent in den Baustab berufen. Es war oft wie auf der Hochzeit zu Kanaa, wo es plötzlich hieß, „Es ist kein Wein mehr da.“ Doch heißt es auch: „Wo die Not am größten....“ So halfen wir uns immer wieder über aufgetretene Klippen und Schwierigkeiten hinweg. Es war schon eine tolle und herausfordernde Gemeinschaftsarbeit, wo wir auch auf vergnügte und fröhliche Stunden zurückblicken konnten.

Gern erinnere ich mich auch an die damaligen Gastwirte des Ortes, wenn sie abwechselnd an jedem Samstag früh am Bad erschienen und sich nach jedem persönlichen Frühstücks- und Getränkewunsch erkundigten, und dies dann mit einem Bollerwagen ins Bad brachten. Ein Auto hatte damals keiner von beiden.

Dann ging es mit der nächsten Ausbaustufe weiter. Sprungbretter und Sprungturm. Hier gab es unterschiedlichste Meinungen und ein Für und Wider. Gott sei Dank setzte sich die Meinung von Alois Lorenz durch, so das ein Sprungturm gebaut und an dieser Stelle das Bad auch entsprechend tiefer ausgeschachtet wurde.
Mit fortlaufender Bauzeit nahm – und das muss man ehrlicherweise auch sagen – was auch verständlich war – auch eingestehen – die Bereitschaft und Unterstützung von der Bevölkerung auch ab. Wir brauchten also dringend ein Erfolgserlebnis!
So verzichteten wir zunächst auf das geplante Kinderplanschbecken. „Das machen wir später.“ sagten wir uns. Die Eröffnung und Nutzung war unser einziges Ziel. Leider war nach der Eröffnung die Luft im wahrsten Sinne des Wortes heraus.

Auch nach der Wende, als es nun Material in Massen gibt, fehlte es an der nötigen Zug- und Schubkraft. Die Reisefreiheit eröffnete ferne Horizonte.

Bei den Durststrecken waren es dann besonders Hubert Hagemann mit seinen Mannen: LPG, BHG und die Puppenfabrik, die Technik, Material und auch Arbeitskräfte zum Fortlauf der Bauarbeiten schickten.

Am 25. Juni 1970 war es dann so weit. Nach 2 ½ jähriger Bauzeit, mit vielen unvorhergesehenen Schwierigkeiten, die gemeistert werden mussten, war die feierliche Einweihung und Eröffnung des Lengenfelder Schwimmbades vorgesehen. Die ersten Gäste waren schon erschienen, da wurden noch die letzten Gehwegplatten verlegt. Es ging ähnlich zu, wie bei einer großen Premiere.

„Hurra, wir haben ein Schwimmbad!“ hieß es in der Eröffnungsrede. Nun strahlten alle und waren in bester Stimmung. Urplötzlich sprang Hubert Habemann im schwarzen Festanzug, mit Zylinder, als erster Badegast ins kühle Nass. Die Freude und der Jubel aller Gäste waren riesengroß. Eine kleine bescheidene Feier – bei so viel Geldsorgen – schloss sich bei Gastwirt Josef Lorenz an, der während der ganzen Bauzeit die Frühstücksversorgung zu unserem Besten gemeistert hat.

Heute, nach 40 Jahren gehört es zum sommerlichen Alltag für Kinder, Jugendliche und Erwachsene, dass sie in unser herrliches Schwimmbad gehen. Viele Großväter und Urgroßväter von ihnen haben aufopferungsvoll und fleißig am Bau mit gearbeitet, sowie freiwillige Geldspenden geleistet. Dies sei mir am 40 Jahrestag der Grundsteinlegung erlaubt, einige Fakten, die längst vergessen, ins Gedächtnis zu bringen.

Ja, von den Helfern der ersten Stunde sind die wenigsten noch unter uns. Bis zur politischen Wende im Jahre 1990, lag ja unser Dorf im 5-km Grenzgebiet und somit auch unser Schwimmbad. Bürger außerhalb des Grenzgebietes konnten daher Lengenfeld und somit unser Schwimmbad nicht besuchen. Das war eine erhebliche Einschränkung der finanziellen Einnahmen. Trotzdem hat es unsere Gemeine fertig gebracht, das Bad im wahrsten Sinne des Wortes über Wasser zu halten. Doch nach der Wende steht unser Schwimmbad für jedermann offen – ob Berliner, Leipziger oder Hamburger – alle sind in unserem schönen Lengenfeld unterm Stein herzlich willkommen.

Seit dem vorigen Jahr können auswärtige Besucher sogar zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen, denn unsere Kanonenbahn hat sich inzwischen in ganz Deutschland bekannt gemacht. Schaut man am Bahnhof mal nach den Kfz-Kennzeichen, so ist man verwundert, woher die Besucher alle kommen. Nachdem man bei der Draisinefahrt etwas ins Schwitzen kam, kann man anschließend ins kühle Nass unseres Bades springen.

Jahrelang war „Maras Imbiss“ im Schwimmbad präsent und sorgte dafür, dass Hunger und Durst gestillt werden konnte. Inzwischen wird diese gastronomische Versorgung
Durch Steffen Reinhardt zur Zufriedenheit der kleinen und großen Badegäste durchgeführt.

Im Laufe von fast vier Jahrzehnten haben natürlich auch die Schwimm- bzw. Bademeister aus Alters- und persönlichen Gründen gewechselt. Es ist schon eine verantwortungsvolle Aufgabe, bei Hochbetrieb im Schwimmbad immer und überall zu sein.

Gott Dank, hat es in den fast vierzig Jahren bei uns in Lengenfeld unterm Stein keine größeren Unfälle gegeben. Seit der Badesaison 2004 ist Herr Dieter Bernhardt als Schwimmmeister in unserem Bad angestellt. Ich glaube nicht zu übertreiben, wenn ich sage, hier hat die Gemeinde ein gutes Händchen gehabt. Unser Schwimmbad ist zu jeder Zeit in einem einladenden Zustand. Jedoch auch der Gemeindebauhof und unser Schwimmbadverein tun ihr Bestes.
Vor einigen Jahren wurde ja bereits eine große Reparatur mit höheren Kosten durchgeführt, wo selbst unser Bürgermeister Augustin Dienemann mit dem Presslufthammer in der Baugrube stand.

Höhepunkt eines jeden Jahres ist das sommerliche Schwimmbadfest. An diesen beiden Tagen strengen sich die Mitglieder des Schwimmbadvereins vereint mit dem Schwimmmeister besonders an. Spiel, Sport und Tanz ist an diesen Tagen Trumpf. Für das leibliche Wohl ist jedes Jahr aufs Neue bestens gesorgt.

Doch nehmen wir Lengenfelder diese Feste eigentlich noch an? Ehrenamtliche Mitbürger opfern sehr viel Freizeit. Sie backen und braten , was das Zeug hergibt, nach Herzenslust. Schade eigentlich, wenn diese Menschen am Abend diese Hälfte wieder mit nach Hause nehmen müssen. So geschehen, am Sonntag des diesjährigen Schwimmbadfestes. Und was hatten sich diese Männer und Frauen angestrengt. Und geschmeckt hat das! Einfach lukullisch!
Doch dies musste ich loswerden und musste daher auch mal gesagt werden!

Aber das Positive seit Beginn des ersten Spatenstiches überwiegt, denn 40 Jahre Schwimmbad Lengenfeld unterm Stein, das lässt sich doch hören.
Bedenken wir, wie viel Spaßbäder wurden nach der Wende dicht an dicht im Thüringer Land gebaut und wie viele gingen davon schon wieder in Insolvenz?
Gerade in den letzten Tagen stand es in unseren Medien: Das moderne Thermalbad in Oberhof, welches 1996 für sehr viel Geld gebaut wurde, hat Insolvenz angemeldet.
So kann man der kommenden Generation – unseren Urenkeln – nur wünschen, dass sie die Früchte der Gemeinschaftsarbeit ihrer Urgroßeltern noch ernten können. Doch jeder Bauer weiß, jede Neuaussaat bedarf auch der Pflege.

So wünsche ich den heutigen Kindern und Jugendlichen, dass sie den wahren und uralten Spruch beherzigen:
„Was du ererbt von deinen Vätern, erwirb es, um es zu besitzen.“
Vielleicht können wir dann das 50-jährige Jubiläum ganz groß feiern. Wieder mit einem Sprung mit Frack und Zylinder ins Wasser, wie damals der verdienstvolle Baumeister Hubert Hagemann.
Etwas ketzerisch – liebe Leser, nehmen Sie es mir bitte nicht übel – möchte ich abschließend die Frage stellen:

Könnten wir heute, nachdem wir nun nach der Wende alle Freiheiten besitzen – besonders Reisefreiheit - nochmals so ein imposantes gemeinnütziges Gemeinschaftswerk in freiwilliger und kostenloser Mitarbeit auf die Beine stellen? Und außerdem noch 40.000 Mark als Spenden locker machen?

Die Antwort hierauf überlasse ich Ihnen, liebe Leser.
Denn wie sagte Rudi Carrell?: „Lass dich überraschen ...“