Gastronomie mit Pfiff - Familie Kroll seit 15 Jahren in der Lengenfelder Gemeindeschänke

Die Lengenfelder Gemeindeschänke kann auf eine wechselvolle Geschichte zurückblicken. Bereits im Jahre 1773 erbaut, war sie für lange Zeit ein Ort des Gesprächs und der Geselligkeit. Bis in die 90er Jahre des vorigen Jahrhunderts wurde selbst das größte Dorffest, die Kirmesfeier, hier abgehalten. In früheren Zeiten bildete die Gemeindeschänke das Zentrum des Ortes, da der alte Dorfanger Lengenfelds direkt an der Gemeindeschänke lag. Im Jahre 1901 musste dieser Anger einem neuen Tanzsaal weichen, der an die Gemeindeschänke angebaut wurde. Am 30.6.1952 erfolgte die Umbenennung der Gemeindeschänke in „Bauernhaus“ bzw. „Bauernstube“. Diese Bezeichnungen sind noch vielen Einwohnern geläufig. Dass die Gemeindeschänke auch heute noch existiert, ist für die meisten Lengenfelder selbstverständlich. Doch wissen wohl die wenigsten, dass der derzeitige Pächter, Herr Werner Kroll, bereits vor 15 Jahren den Ausschank in diesem traditionsreichen Hause übernommen hat. Dies war uns Grund genug, ein Interview mit Herrn Kroll zu führen, der kürzlich selbst ein eigenes Jubiläum, seinen 60. Geburtstag, begehen konnte.

Für das „Lengenfelder Echo“ sprach Werner Kroll über seine Entscheidung, nach Lengenfeld zu kommen, die Veränderungen der letzten Jahre und warum seine eigenen Wurzeln im Eichsfeld liegen.

Lengenfelder Echo: Was veranlasste Sie, als neuer Pächter der Gemeindeschänke nach Lengenfeld unterm Stein zu kommen?

Werner Kroll: Bis zum Frühjahr 1992 war ich als Geschäftsführer im „Haus Vogtei“ tätig, in dem ich viele Jahre Großveranstaltungen ausrichtete und die gastronomische Betreuung übernommen hatte. Nach der Wiedervereinigung Deutschlands wurde es allerdings zunehmend schwieriger, das Haus in seiner bisherigen Form weiterzuführen. Aus diesem Grund suchte ich nach einem neuen Wirkungsfeld in der Umgebung. Ein befreundeter Gastwirt aus Eschwege gab mir schließlich den Tipp, dass in Lengenfeld unterm Stein ein neuer Pächter gesucht werde. Als entschloss ich mich, mir vor Ort ein Bild zu machen.

Lengenfelder Echo: Können Sie sich noch an Ihre Ankunft in Lengenfeld erinnern und wie war ihr erster Eindruck?

Werner Kroll: Ja, daran kann ich mich noch sehr gut erinnern. Zunächst war ich überrascht über die vielen Schönheiten des Ortes. Besonders die Eisenbahnbrücke und der damals noch intakte Zugverkehr lagen mir sehr am Herzen. Ich fühlte mich wohl hier. Allerdings ließ mich der Anblick der Gemeindschänke erschrecken. Der Zustand des Gebäudes war in einem sehr schlechten Zustand und mir war klar, dass aufwändige Sanierungen nötig waren, die zu einem großen Teil mit eigenen Mitteln finanziert werden mussten.

Lengenfelder Echo: Was musste im Detail geschehen?

Werner Kroll: Als Erstes mussten die sanitären Einrichtungen und das Heizungssystem grundlegend erneuert werden. Beides war in einem desolaten Zustand. Nachdem dies geschehen war, konnte ich die Gemeindeschänke zu einer Vollwertgaststätte ausbauen. Danach erfolgte der schrittweise Aufbau und die Gestaltung der Heimatstube im Saal der Gemeindeschänke. Heutzutage finden die Gäste hier ein kleines Museum, in dem vor allem Gebrauchsgegenstände der „ländlichen Zeit“ ausgestellt werden.

Lengenfelder Echo: Blicken wir noch einmal zurück zu den Anfängen. Wie wurden Sie als neuer Gastwirt im Ort aufgenommen?

Werner Kroll: Die anfängliche Zeit gestaltete sich etwas schwierig, da uns die Leute im Ort noch nicht kannten. Am 15. Mai 1992 hatte ich den Ausschank in der Gemeindeschänke offiziell übernommen, doch blieben die Gäste anfangs aus. Oft sprach ich mit meiner Frau Maritta über diesen Zustand und wir dachten: „Vielleicht ist es doch der falsche Ort“. Doch nach und nach veränderte sich dieser Zustand und immer mehr Gäste kamen zu uns und lernten uns kennen. Ein großes Dankeschön möchte ich in diesem Zusammenhang auch an Frau Eva Lassak richten, die von Anfang an bei uns beschäftigt ist und uns immer tapfer zur Seite stand.

Lengenfelder Echo: Wie gestalteten sich die folgenden Jahre? Gab es grundlegende Veränderungen?

Werner Kroll: Da ich mich immer für die kulturelle und touristische Entwicklung des Ortes eingesetzt habe, konnte ich die Gründung des Gewerbevereins und die Entstehung des Weihnachtsmarktes mit interessierten Bürgern vorantreiben. Auch gab ich den Anstoß zur Gründung eines Vereins, der sich heute um die Erhaltung der Eisenbahnbrücke und der Kanonenbahnstrecke im Südeichsfeld bemüht. Darüber hinaus entstand die Idee zum Partyservice, der auch heute noch gern angenommen wird. Weiterhin gehören Familienfeiern sämtlicher Art, wie z.B. Hochzeiten, Kommunionfeiern, aber auch Trauerfeiern, zu unserem Spektrum. Besonders erfreut es uns auch immer wieder, wenn uns Bürger aus den Nachbargemeinden zu einer Familienfeier engagieren. Zudem möchten wir uns bei den Stammkunden, u.a. Vereinsgruppen, bedanken, die regelmäßig unser Lokal aufsuchen!

Lengenfelder Echo: Wie würden Sie Ihre eigene Gastronomie beschreiben? Gibt es einen Leitsatz?

Werner Kroll: Ich würde es „Gastronomie mit Pfiff“ nennen. Bei uns wird eine deftige Eichsfelder und Thüringer Küche geboten. Außerdem ist mir die angenehme Atmosphäre in meinem Lokal sehr wichtig. Ein Leben ohne Gastronomie kann ich mir nicht vorstellen, denn ich bin Gastronom mit Leib und Seele. Meine Arbeit hat mir immer Spaß gemacht und ich fühle mich auch heute noch wohl in diesem Beruf.

Lengenfelder Echo: Wie sehen die zukünftigen Pläne für die Gemeindeschänke aus?

Werner Kroll: Mir ist es wichtig, dass der Bezug zu den historischen Wurzeln des Gebäudes nicht verloren geht. Deshalb ist es mein Anliegen, den ehrwürdigen Charakter des Hauses und den Anspruch als Bauernstube unbedingt beizubehalten. So soll der Saal der Gemeindeschänke beispielsweise weiter als Heimatstube ausgebaut werden. Weiterhin werde ich versuchen, den Biergarten auf der Terrasse als Palmengarten zu gestalten, damit sich die Gäste im Sommer noch wohler fühlen. Vor allem würde ich mich freuen, wenn uns zukünftig noch mehr Gäste beehren würden.

Lengenfelder Echo: Eine letzte Frage: Wird die Familie Kroll auch weiterhin in Lengenfeld bleiben?

Werner Kroll: Leider verschlechtert sich die Situation der Gastwirte zusehends und ich würde mich über mehr Unterstützung von Seiten der Gemeinde freuen! Doch so lange wir in Lengenfeld gebraucht werden und uns die Leute mögen, bleiben wir natürlich hier. Zudem offenbarten die letzten Wochen eine besondere Überraschung, die mir Mut und Kraft gibt, hier weiterzumachen. Wie kürzliche Recherchen ergeben haben, stammen meine Vorfahren mütterlicherseits aus dem Südeichsfeld, genauer gesagt aus Großtöpfer. Diese Entdeckung versetzte mich in großes Erstaunen. Mein Urgroßvater, ein Lehrer, wohnte sogar zeitweise auf Schloss Bischofstein, bevor dort die Internatsschule eingerichtet wurde. Diese Umstände spornen mich natürlich noch weiter an, in der Heimat meiner Vorfahren zu bleiben.

Lengenfelder Echo: Vielen Dank für das Gespräch. Ein Bauernfrühstück bitte!

Das Interview führte Oliver Krebs.