Archiv für Molluskenfunde - Ein Kalktufflager bei Großbartloff (1921)

Ein weiteres, von mir eingehend untersuchtes Kalktufflager liegt auf dem geologischen Kartenblatte Lengenfeld. Dasselbe umfaßt Teile des landschaftlich hervorragend schönen Obereichsfeldes. Im tief in die Schichten des Muschelkalkes bis auf den oberen und mittleren Buntsandstein eingeschnittenen Luttertale, welches an Schönheit nicht hinter den lieblichen Tälern des Thüringer Waldes zurücksteht, findet sich ober- und unterhalb des Dorfes Groß-Bartloff ein Kalktufflager, dessen Längsausdehnung 4 km und dessen größte Breite 0,5 km beträgt. Das Lager ist an der Spitzmühle, 0,75 km oberhalb des Dorfes, bis zu einer Tiefe von 15 m aufgeschlossen. Ein Blick auf den auf der linken Seite des Baches, welcher bei der Spitzmühle einen 8 m hohen Wasserfall bildet, liegenden Steinbruch gewährt einen Einblick in das Kalktufflager bis zur Tiefe von 10,5 m. Durch Bohrung auf der Sohle des Steinbruches konnte ich noch 2 m lockeren Kalksand feststellen, ohne dabei das Liegende des Kalktufflagers zu erreichen. Das rechte Steilufer des Lutterbaches zeigt unterhalb des Wasserfalles lockeren, weißen Kalksand, dem einige festere Zwischenlagen eingebettet sind. Der Wasserfall selbst stürzt über 8 m hohe Felsen in die Tiefe. An der Nordwand des Steinbruches war in diesem Sommer eine 9 m starke, aus mehreren Steinschichten gebildete Werkbank aufgeschlossen.

Der Stein ist in der Tiefe recht hart, nach oben wird er weicher, ist teilweise zellig-porös und hat Zwischenlagen von inkrustierten Schilfstengeln.

Auch Blattinkrustationen finden sich. An einer anderen Stelle fand sich eine tonig-sandige Einlagerung.

An der Ostseite des Steinbruches war neben der Werkbank 6 m lockerer, geschichteter weißer Kalksand mit einzelnen dünnen Schichtchen von festerem Stein entblößt. Im Kalksande fanden sich Chara-Früchte in Menge. Über der Werkbank liegt eine Schicht (1 ½ m) von lockerem, zelligem Tuff.

Die Werkbank scheint auf der rechten Seite des Baches, falls sie überhaupt ausgebildet ist, in größerer Tiefe zu liegen, wenigstens konnte sie bei zahlreichen Bohrungen in der Tiefe von 2 m nicht festgestellt werden.

Bei der Aufnahme des geologischen Kartenblattes wurden an Schnecken des Steinbruchs festgestellt:

  • Vitrina diaphana Drap.
  • Succinea putris L.
  • Tropidiscus marginatus Drap.
  • Tropidiscus carinatus Müll.
  • Limnophysa palustris Müll.

Ich fand beim Aufsammeln und durch Ausschlämmen folgende Arten im Steinbruche :

  • Vitrina diaphana Drap. 3.
  • Conulus fulvus Müll. 13.
  • Hyalinia cellaria Müll. 8.
  • Hyalinia nitidula Drap. 2.
  • Hyalinia hammonis Ström. 9.
  • Vitrea crystallina Müll. hfg.
  • Zonitoides nitida Müll. hfg.
  • Patula rotundata Müll. hig.
  • Patula ruderata Stud. 2.
  • Acanthinula aculeata Müll. 1.
  • Vallonia pulchella Müll. 3.
  • Vallonia costata Müll. hfg.
  • Helicoilonta obvoluta Müll. 5.
  • Trichia hispida L. 21.
  • Monacha incarnata Müll. hfg.
  • Eulota fruticum Müll. 6.
  • Chilotrema lapicida L. 1.
  • Arianta arbustorum L. hfg.
  • Xerophila ericetorum Müll. 3 (rezent)
  • Xerophila candidula Stud. 1.
  • Tachea nemoralis L. 4.
  • Tachea hortensis Müll. 16 ungebänderte
  • Napaeus obscurus Müll. 2.
  • Pupilla muscorum Müll. 2.
  • Sphyradium edentulum columella Mts 15.
  • Isthmia minutissima Hartm. 1.
  • Vertigo pygmaea Drap. 1.
  • Vertigo moulinsiana Dup. 2.
  • Vertigo antivertigo Drap. 5.
  • Vertigo substriata Jeffr. 2.
  • Vertigo pusilla Müll. 4.
  • Clausiliastra laminata Mont. 5.
  • Alinda plicata Drap 1.
  • Kuzmicia parvula Stud. 8.
  • Kuzmicia bidentata Ström. 1.
  • Pirostoma ventricosa Drap. hfg.
  • Cionella lubrica Müll. 6.
  • Caecilianella acicula Müll. 4.
  • Succinea elegans Rissv. 10.
  • Succinea pfeifferi Rssm. 4.
  • Gulnaria auricularia L. hfg. kleine Form.
  • Gulnaria ovata Drap. 2 (rezent)
  • Gulnaria peregra Müll. 1.
  • Limnophysa palustris Müll. hfg.
  • Limnophysa truncatula Müll. 14.
  • Physa fontinalis L. hfg.
  • Tropidiscus carinatus Müll; var. dubius
  • Hartm. sehr hfg.
  • Bathyomphalus contortus L. sehr hfg.
  • Gyraulus albus Müll. 1.
  • Acme polita Hartmann 1.
  • Bythinia tentaculata L. sehr hfg.
  • Valvata cristata Müll. hfg.
  • Pisidium pusillum Gm. 6.

Vom Steilufer erhielt ich durch Schlämmen folgende Arten:

  • Vitrina diaphana Drap. 3.
  • Conulus fulvus Müll. hfg.
  • Hyalinia cellaria Müll. hfg.
  • Hyalinia nitens Mich. 1.
  • Hyalinia nitidula Drap. 5
  • Hyalinia lenticula Held, sehr hfg.
  • Hyalinia hammonis Ström. 3.
  • Vitrea crystallina Müll. hfg.
  • Vitrea contracta Wstld. 13.
  • Zonitoides nitida Müll. hfg.
  • Patula rotundata Müll, sehr hfg.
  • Acanthinula aculeata Müll. hfg.
  • Vallonia pulchella Müll. hfg.
  • Vallonia costata Müll, sehr hfg.
  • Helicodonta obvoluta Müll. hfg.
  • Isogonostoma personata Lm. 5.
  • Trichia hispida L. hfg.
  • Trichia hispida L. var. conica Jeffr. 2.
  • Monacha incarnata Müll. hfg.
  • Eulota fruticum Müll. 5.
  • Chilotrema lapicida L. 8.
  • Arianta arbustorum L. 3.
  • Tachea nemoralis L. hfg.
  • Tachea hortensts Müll. 2 gebänd., 7 ungebänderte.
  • Napaeus obscurus Müll. hfg.
  • Orcula dcliolum Brug. 120 und viele Anfangswindungen.
  • Pupilla muscorum Müll. 10.
  • Spyradtum edentulurn Drap. 3.
  • Spyradtum edentulurn columella Mts. 10.
  • Isthmia minutissima Hartm. 3.
  • Vertigo alpestris Aid. 14.
  • Vertigo antivertigo Drap. 9.
  • Vertigo substriata Jeffr. 1.
  • Vertigo pusilla Müll. hfg.
  • Clausiliastra laminata Mont. 1.
  • Kuzmicia parvula Stud. 23.
  • Kuzmicia bidentata Ström. 7.
  • Kuzmicia pumila (Ziegl.) C. Pf. 3.
  • Pirosioma ventricosa Drap. hfg.
  • Pirostoma plicatula Drap. 3.
  • Ctonella lubrica Müll. hfg.
  • Ctonella lubrica Müll. var. exigua Mke. hfg.
  • Azeca menkeana C. Pf. 1.
  • Caecilianella acicula Müll. 1.
  • Succinea putris L. 15.
  • Gulnaria ovata Drap. 2.
  • Limnophysa truncatula Müll. hfg.
  • Acme polita Hartm. sehr hfg.

Es wurden, abgesehen von den beiden rezenten Formen, im Steinbruche 51 Arten festgestellt. Von diesen sind 11 Wasserbewohner. Am häufigsten treten auf Gulnaria auricularia L., Limnophysa palustris Müll., Physa fontinalis L., Tropidiscus carinatus Müll. var. dubius Hartm. und Valvata cristata Müll., welche als Aufenthaltsort stehende Gewässer bevorzugen. Es kann also angenommen werden, dass das Kalktufflager sich auf dem Grunde eines stehenden oder langsam fließenden Gewässers gebildet hat. Darauf deuten auch die massenhaft vorkommenden Chara-Früchte hin. Bathyomphalus contortus L. liebt frischeres Wasser. Das sehr häufige Vorkommen dieser Art hängt wohl damit zusammen, dass der Lutterbach sein Wasser dem Becken zuführte und an manchen Stellen eine lebhaftere Strömung verursachte. Diese führte zum Entweichen größerer Mengen von Kohlensäure aus dem Wasser, und veranlasste die Bildung der festen Werkbank.

Das Steilufer der Lutter ist nur durch einen Fahrweg, die Uferböschung und das Bachbett, vom Steinbruche getrennt. Ein Vergleich der Konchylienfauna beider Sammelorte zeigt jedoch einen wesentlichen Unterschied. Am Steilufer sammelte ich 48 Arten, unter denen nur 2 Wasserbewohner sind. Nur eine derselben, Limnophysa truncatula Müll., wurde häufig gefunden. Gulnaria ovata Drap, fand sich nur in 2 Exemplaren. Alle übrigen Wasserschnecken vom Kalksande des Steinbruches kommen in dem des Steilufers nicht vor. Auch sonst stimmen beide Faunen nur in 35 Arten überein; 16 Arten vom Steinbruche fehlen im Tuffe des Steilufers und 14 Arten vom Steilufer sind in der Fauna des Steinbruches nicht enthalten. Die beiden, dicht beisammen liegenden Kalktufflager sind mithin nicht auf gleiche Weise entstanden. Die Fauna des Steilufers besteht zu 96 Prozent aus Landschnecken, die vom Wasser eingeschwemmt worden sind. Ich halte den Kalktuff vom Steilufer für Schwemmtuff, der also sekundär umgelagert worden ist. Für diese Annahme spricht auch das besonders häufige Vorkommen der eingebetteten Schnecken in einzelnen Bänken. Das Tufflager am Steilufer ist jedenfalls das ältere und in seinen tiefsten Lagen wohl schon im Diluvium entstanden. Von Glazialrelikten fanden sich in diesem Tuffe Vertigo alpestris Aid. und Vertigo substriata Jeffr. Auch Vitrea contracta Wstld. ist eine nordische Form. Ueberaus zahlreich ist Orcula doliolum Brug. vertreten; Sphyradium edentulum columella Mts. und Azeca menkeana C. Pf. sind stratigraphisch und tiergeographisch von Bedeutung. Isogonostoma personata Lm. und Hyalinia nitens Mich, fand ich in den von mir bisher untersuchten Kalktufflagern zum ersten Male.

Auch der Tuff des Steinbruches muss wohl zum älteren Alluvium gerechnet werden; denn auch in ihm finden sich drei Arten, die zu den Glazialrelikten zählen: Patula ruderata Stud., Vertigo moulinsiana Dup. und Vertigo substriata Jeffr. Eine verhältnismäßig seltene Clausilia ist Alinda plicata Drap.

Wie schon gesagt worden ist, ist der Kalktuff vom Steilufer der ältere. Auf diesem Lager entstand später der jüngere Tuff, der sich in einem größeren Wasserbecken absetzte. Dieses kam später zur Entleerung, als das Wasser den Riegel von hartem Kalktuffe durchnagt hatte. Das abfließende Wasser grub sich allmählich im älteren Tuffe das tiefe Bett aus. Die Felsen des Wasserfalles bilden einen Teil des Querriegels, der sich jedenfalls auch unter dem lockeren Tuffsande noch fortsetzt.

Ein Rest eines noch älteren Kalktufflagers liegt etwas talabwärts dicht vor dem Dorfe Groß-Bartloff auf der linken Talseite auf dem Kummerberge.

Auch an der gegenüberliegenden Seite des Luttertales ist auf der geologischen Karte ein geringes Kalktuffvorkommen eingezeichnet. Doch war dieses nicht aufzufinden. Beide Lager haben einst im Zusammenhange gestanden und sind durch die fortschreitende Vertiefung des Tales erst getrennt worden.

Am Abhange des Kummerberges fand ich beim Bohren 1,60 m weißen Kalksand, auf der Höhe des niedrigen Hügels konnte ich bei 2 m Tiefe das Liegende des Lagers, den Buntsandstein, nicht erreichen. Der Sand auf der Höhe zeigt rötliche Färbung, welche durch Beimischung aufgearbeiteter Buntsandsteinmassen bedingt ist. Früher wurde auf dem Kummerberge die Werkbank des Kalktufflagers in einem Steinbruche abgebaut.

Noch jetzt stehen einige größere Felsen und auch dünngeschichtete Bänke, in denen sich viele Gulnaria ovata Drap, und Bythinia tentaculata L. finden, an. Ich fand beim Ausschlämmen des Kalksandes:

  • Conulus fulvus Müll. 7.
  • Hyalinia hammonis Ström. 13.
  • Vitrea contracta Wstld. 7.
  • Zonitoides nitida Müll. 15.
  • Punctum pygmaeum Drap. 1.
  • Patula rotundata Müll. 1.
  • Patula ruderata Stud. 3.
  • Acanthtnula aculeata Müll. 2.
  • Vallonta pulchella Müll. 16.
  • Vallonta costellata A. Br. 15.
  • Vallonia costata Müll. 25.
  • Trichia hispida L. 1.
  • Xerophtla ericetorum Müll. 5, rezent.
  • Napaeus obscurus Müll. 4.
  • Torquila secale Drap. 10, rezent.
  • Pupilla muscorum Müll. 13.
  • Isthmia minutissima Hartm. 13.
  • Vertigo pygmaea Drap. 3.
  • Vertigo antivertigo Drap. 7.
  • Vertigo pusilla Müll. 9.
  • Vertigo angustior Jeffr. 2.
  • Kuzmicia bidentata Ström. 1.
  • Pirostoma plicatula Drap. 2.
  • Claustlia (Bruchstücke größerer Arten).
  • Cionella lubrica Müll. 5.
  • Cionella lubrica Müll. var. exigua Mke. 7.
  • Caecilianella acicula Müll. 3.
  • Succinea pfeifferi Rssm. 1.
  • Carychium minimum Müll. 4.
  • Gulnaria ovata Drap, sehr hfg.
  • Gulnaria ovata Drap. var. patula Da Costa 2.
  • Limnophysa truncatula Müll. 1.
  • Physa fontinalis L. 2.
  • Tropidiscus umbilicatus Müll. hfg.
  • Gyrorbis vortex L. hfg.
  • Gyrorbis vorticulus Trosch. hfg.
  • Gyraulus glaber Jeffr. 5.
  • Armiger nautileus L. 18.
  • Segmentina nitida Müll. hfg.
  • Bythinia tentaculata L. sehr hfg.
  • Valvata alpestris Küst. sehr hfg.
  • Valvata cristata Müll. hfg.
  • Pisidium fontinale C. Pf. 7.
  • Pisidium obtusale C. Pf. 8.

Bei der geologischen Aufnahme des Blattes Lengenfeld wurden in dem Kalktuffe der Terrasse am Kummerberge gefunden: Gulnaria ovata Drap., G. ovata, var. patula Da Costa und Bythinia tentaculata L.

Der Kalktuff des Kummerberges ist von den drei Lagern des Luttertales der älteste, da er auf einer hochgelegenen Terrasse des Tales liegt. Von den 42 Arten sind 15 Wasserbewohner, die durchweg in stehenden Gewässern leben. Es kann daraus wieder auf die Ablagerung dieses Tufflagers in einem  Wasserbecken, welches einst das Tal ausfüllte, geschlossen werden. Von Glazialrelikten fanden sich Vitrea contracta Wstld. und Patula ruderata Stud. Eigenartig ist das Vorkommen von Valvata alpestris Küst., die den alpinen ziemlich gleich sind. (Nach Geyer gehören die gefundenen Valvata zum alpestris-Kreis.) Diese Art ist bereits ausgestorben gewesen, als die Kalktufflager der Talsohle gebildet wurden. Auch die Bythinia des Kummerberges weicht von der im Tale gefundenen Form erheblich ab. Sie ist auffallend hoch gewunden und zum Teil spitz ausgezogen. Einzelne Stücke ähneln der Bythinia leachi Shepp. Zu den erloschenen Arten gehört auch Vallonia costellata A. Br., die im Tuffe des Tales nicht mehr gefunden wird.

[…]

Anmerkung

Die Ausarbeitung wurde gekürzt auf den Bereich Großartloff. Der Originaltitel des Aufsatzes lautet: „Die Konchylienfauna diluvialer und alluvialer Ablagerungen in der Umgebung von Mühlhausen i. Th. IV. Teil.“

B. Klett
(Quelle: „Archiv für Molluskenfunde“, Heft 4. Jahrgang LIII. 1921, S. 188 – 196)