Kartoffelfeuer (1992)

In der vorigen Ausgabe hatte ich Ihnen, hebe Leser, ein paar Erinnerungen aus den Herbsttagen meiner Kindheit mitgeteilt. So gehörte es seinerzeit auch zu einem großen Erlebnis, wenn im Herbst die Kartoffelfelder abgeerntet waren, bei trockenem und sonnigem Wetter mit dem dürren Kartoffelkraut ein Feuer anzubrennen. Zu dieser Zeit hatte fast jeder Dorfbewohner auf unserem kargen Eichsfeld ein Kartoffelfeld, um die Familien mit selbstangebauten Kartoffeln über den nächsten Winter zu bringen.

Tagelang drängelten wir bereits unseren Vater, nun endlich mit uns ein zünftiges Kartoffelfeuer anzubrennen. Allein durften wir dies auf keinen Fall, obwohl wir dies schon gern gemacht hätten. So war es dann meistens an einem Samstagnachmittag, wo er mit uns Kindern losging. Meistens nahmen wir etwas Stroh mit, damit das Feuer besser anbrannte. Wenn das Feuer dann so herrlich knisterte und schnatterte, schleppten wir Kinder das dürre Kraut heran, soviel wie nur möglich, damit es recht lange brennen konnte. Wenn dann so richtige rotglühende Glut vorhanden war, legten wir Kartoffeln, die noch auf dem Acker lagen, in die Glut hinein.

Nach einer kurzen Zeit holten wir dann die garen, heißen Kartoffeln aus der glühenden Asche heraus und pellten die Schale ab. Diese waren sehr heiß, und man musste aufpassen, sich die Finger nicht zu verbrennen. Die so gerösteten Kartoffeln verbreiteten einen wunderbaren Geruch und schmeckten ganz herrlich, sie waren für uns eine „Delikatesse“!

Wenn es dann am Abend nach Hause ging, hatten wir glühende Köpfe, schwarze Pfoten, die Klamotten und der ganze Körper rochen nach Rauch und unsere Mutter sagte: „Marsch in Waschküche“. Denn ein Bad wie heute hatte kaum einer auf unseren Dörfern. Aber es war ein schönes, unvergessliches Erlebnis, auf welches wir uns in jedem Herbst immer wieder aufs Neue freuten. So müssen Sie sich den Erlebnispark unserer Kindheit vorstellen, zwar nicht in Ziegenhagen oder Bad Lauterberg, aber trotzdem ganz toll und vor allem war hier der „Eintritt frei“.

Nun soll mir keiner sagen: „Was nichts kostet, ist auch nichts!“ Meine Generation und auch ich persönlich denken gern an solche für uns schönen Kindheitserlebnisse zurück! So hatte Herbst immer wieder schöne Tage! Denken auch Sie gerne an solche Kindheitserinnerungen zurück? Dann geben Sie es ruhig mal zum Besten!

Willi Tasch
(Quelle: Obereichsfeld-Bote, Nr. 40/1992)