Die Jagd auf den „schwarzen Josef“

Döringsdorf, 9. Dezember 1927

„Der schwarze Josef“ ist wieder da. Am Nikolausabend kam er über Katharinenberg, Karnberg, Fabelswiese, Kohnstein. Der im Heinrichstal nachweislich „schwerverletzte kapitale Keiler“ scheint, wenn es nicht ein Stiefbruder Faulunger Kapitalen ist, noch gut auf den Schalen zu sein und nur noch etzliches am Brande der Wunden zu leiden, nach dem Suhlbad zu schließen, das er in einem Troge der Kalksöfer Viehweide nahm. Hoffen wir, dass nicht der kalte Brand sich einstellt, damit die hiesige Jägerschaft ihn noch als Jul-Eber zu jagen vermag, als welchen ihn weiland in den 12 heiligen Nächten unsere Ahnen auf dem Stufenberge verzehrten. Schon liegen unsere Jagdrüden in den Riemen; war doch noch im Jahre 1568 unser „Gnediger Fürst und Herr zu Hessen berechtigt, gegen einen jeden Schweinehatz die Rüdden und Hunde bei Döringsdorfer Scheffern, Meyern und sunsten zu fordern, in werender Schweinehatz zu gebrauchen und nach Verrichtung desselben am Orte und Ende, da sie genommen, wieder zu überschicken.“ – Warum waren sie bei jedem Schweinehatz so erfolglos, die Beben- und Döringsdörfer, die Wende- und Hildebrandshäuser, die Faul- und Albunger? Selbst bei 9 Posten in der Patrone? Sie vernachlässigten das Signalwesen, übten noch vor keiner Jagd auf kühn geschwungenem Waldhorn das köstliche, prickelnde „Sau tot!“

Döringsdorf, 13. Dezember 1927

„‚Der schwarze Josef sitzt eingekreist unter der Keudelskuppe“, dieser Ruf elektrisierte heute unsere Weidmänner in der Runde. 14 Schützen und Landjäger unter Führung des Försters Heiderich (Schwebda) umstellten die Tannendickung, 12 Treiber drangen ein. Der Josef erschien zögernd, von 5 Schüssen empfangen, die das Echo der Berge und Wälder weckten. Doch keine Schweinsborste fand sich am Abschuss, kein Schweißtopfen auf dem verharschten Schnee. Der gegen Kugel und Rehposten selbst bei 20 Schritt Abstand gleichmäßig gefeite Keiler wandte sich in seiner Not gegen Geismar, wo bessere Menschen wohnen als in Faulungen und auf dem Keudelsteine. Vor der Ulrichsbirke soll er sich erst mal auf die Keulen niedergelassen haben. Ob er doch blessiert, oder vor Schreck erstarrt war, oder überlegte, wohin, wer kann es sagen? Weidmannsheil!“

Quelle: Eichsfelder Heimatbote. Organ des Bundes der Eichsfelder Vereine. Heiligenstadt, Samstag, den 17. Dezember 1927. Nr. 51, 6. Jahrgang.