An den Ufern des Dorfteiches

Dorfteich und Karpfen erwecken, wenn man sie im Herbst nennen hört, immer die gleiche Vorstellung. Man denkt an das Abfischen und einen gedeckten Tisch mit feiner Tunke und geriebenem Meerrettich. Vielleicht eilen die Gedanken schon bis zu Silvester voraus. Aber wir wollen keine Schlemmer sein, die immer zuerst von gutem Esten reden.

Der Teich hat im Dorf auch noch wichtigere Aufgaben, als dicke Karpfen zu liefern. Dass er kleine Kinder birgt, glauben die Buben und Mädel nicht mehr. Doch dass sich Liebesleute im Frühjahr und Sommer gern an seinen Ufern ergehen, bestreitet wohl niemand.

Unter den Bäumen an seinen Ufern singt und plaudert es sich so gut. Und ist im Winter die Eisfläche auf dem Teich spiegelglatt, so möchte die Jugend am liebsten den ganzen Tag dort zubringen. Oft ist die Decke noch zu dünn und fängt sie bedenklich zu knistern an, wenn die ersten Jungen und Mädel ihre Versuche machen, und manche haben ihren Wagemut schon mit dem Leben bezahlt.

Dann vergessen wir nicht den praktischen Zweck, den die meisten Dorfteiche haben. Sie sind Sammelbecken für Löschwasser, ohne das die Feuerwehr bei Bränden mit der besten Motorspritze in vielen Dörfern nichts ausrichten könnte. Nicht alle Gemeinden sind so glücklich, ein größeres fließendes Wasser zu haben. Wer einmal einen Brand in einem wasserarmen Ort miterlebt hat, der weiß den Wert eines guten Feuerteiches zu würdigen. Und der wehrt sich gegen jede Verwahrlosung. Sauber muss der Dorfteich sein, denn er gehört ja zu den „Visitenkarten“ der Gemeinde.

Quelle: Eichsfelder Volksblatt, Ausgabe vom 11.10.1938