Der Viaduct über das Friedathal bei Frieda - Ein bautechnischer Bericht aus dem Jahre 1880

Bei der Überschreitung der Bahn über das Friedathal bei Frieda musste Rücksicht genommen werden auf Durchführung des Friedaflusses in einer lichten Weite von 16 m, der Chaussee von Eschwege nach Heiligenstadt in einer Breite von 10 m und eines Feldweges von 6 m Breite.

Behufs Lösung dieser Aufgabe wurden zunächst drei Concurrenzprojecte ausgearbeitet.

Project I beabsichtigte die Herstellung eines einzigen Bauwerks mit drei überwölbten Öffnungen nach vorstehender Skizze; dasselbe erforderte eine längere Verlegung der Chaussee, und hätte der äußeren Erscheinung wegen die Feldweg-Unterführung eine über das Bedürfnis hinaus gehende lichte Weite erhalten.

Project II, wie vorstehend gezeichnet, ließ die Chaussee in ihrer bisherigen Lage durch Herstellung eines besonderen gewölbten Bauwerks für deren Unterführung, während ein zweites, gleichfalls gewölbtes Bauwerk zur Durchführung der Frieda und des Feldweges diente.

Project III nahm ein einziges, bis zur Planumshöhe entwickeltes Bauwerk an, welches wie die beistehende Skizze zeigt, aus einer Öffnung von 36 m lichter Weite bestand, die mit eisernem Überbau nach dem beim Effzeviaduct angewendeten System überspannt werden sollte. Die Construction der beiden Widerlager basirte auf dem Princip möglichst großer Materialersparnis durch Aussparungen im Mauerwerk der durch den Dammkegel zu umschüttenden

Pfeiler. – Es wurden im Innern jedes Pfeilers vier kegelartige Hohlräume von 6 m Durchmesser der Grundfläche angenommen, welche oben durch schlanke überhöhte Kuppeln geschlossen werden sollten.

Vergleichende Kostenberechnungen ergaben zu Gunsten des Projects Nr. III eine Ersparnis von rot. 150000 M.

Nachdem dieses Project bereits zur Ausführung genehmigt war, zeigte sich, dass der in der Gegend zu gewinnende Buntsandstein der Triasformation nicht genügende Festigkeit besitzt, um die ihm bei der gewählten Kuppelconstruction zugemutheten Pressungen mit Sicherheit auszuhalten. Das Mauerwerk größtentheils aus Werksteinen herzustellen, wäre jedoch sehr kostspielig geworden. Von den, durch diese Erwägungen hervorgerufenen weiteren Parallelprojecten erhielt das zur Ausführung gebrachte, auf Blatt 47 dargestellte, bei welchem abermals eine Ersparnis von rot. 100000 M.  erzielt wurde, den Vorzug.

Unter Beibehaltung der Mittelöffnung sind hier Seitenöffnungen von je 23 m angeordnet, welche wie jene mit eisernem, für das Bedürfnis einer zweigeleisigen Bahn ausgeführtem Überbau überdeckt sind. Die Pfeilhöhe der kleineren Träger ist so angenommen, dass die tiefsten Punkte der drei Constructionen wieder in einer der unteren Gurtung jedes Trägers ähnlichen Curve liegen.

Die Landpfeiler sind wie diejenigen des Eftzeviaducts construirt, die Unterschneidung ist jedoch nur bis zur Terrain-Höhe angeordnet, um größere Sicherheit bei der Ausführung zu erreichen, da die Hinterfüllung erst nach Fertigstellung der ganzen Pfeiler stattfinden konnte.

Um bei der beträchtlichen Höhe der schlanken Mittelpfeiler Schwankungen und Erschütterungen beim Befahren unschädlicher zu machen, sind die drei obersten, in Abständen von je 3 m angebrachten Binderschichten verklammert und durch je zwei kräftige Verticalanker miteinander verbunden.

Die Ausführung des Pfeilermauerwerks, welche die Zeit vom Mai 1877 bis October 1878 beanspruchte und für welche durchweg Sandstein zur Verfügung stand, erfolgte über Hand. Zum Besteigen der Pfeiler und zum Hinaufschaffen der Materialien wurden thurmartige Gerüste gebaut, welche durch Einbinden einzelner Etagenschwellen und Holme mit dem Mauerwerk in Verbindung gesetzt wurden. Das Versetzen der Abdecksteine erfolgte von den auf Blatt 45 dargestellten haubenartigen, auf Consolen ausgekragten Rüstungen. Die Construction der Consolen gestattete, dieselben nachher leicht wieder zu entfernen. Als bei erreichter größerer Höhe der Pfeiler die Ausführung über Hand gefährlich erschien, wurde ein auf eisernen Stützhaken ruhendes Schutzgeländer um die Pfeiler angeordnet.

Die Herstellungskosten des Baues haben in Sa. 235000 M. betragen.

Julius Lehwald
Frankfurt a/M. im August 1879
Königlicher Regierungs- und Baurath
(Quelle: Zeitschrift für Bauwesen. Berlin, 1880)