Der Bischof von Fulda auf dem Hülfensberg

Am Dienstag, den 17. September. Ein wundervoller Herbsttag, ganz in Blau und Gold getaucht. Am Turm der Wallfahrtskirche weht die Fahne, weithin Willkomm bietend dem hohen Gast, dem Bischof von Fulda. Er hat drunten in Wanfried in dem St. Nikolauskirchlein gefirmt.

Nachmittags trägt ihn das Auto die Kehren der prächtigen Waldstraße hinauf auf die Eichsfelder Hochfläche … Bebendorf ... der Lehrer, die Kinder an der Straße … Begrüßungsworte … ein Blumenstrauß. Ein Wagen, geschmückt mit Blumen, fährt den 72-Jährigen den steilen alten Totenweg hinauf, hält vor dem Portal der Kirche. Die Orgel klingt, als der Bischof in das Gotteshaus schreitet und still auf dem Betstuhl in der Mitte der Kirche niederkniet.

Schwestern aus Heiligenstadt, eine Schule aus Bickenriede, die den hohen Herrn mit einem Lied erfreut, so manche andere Besucher grüßen den greisen Kirchenfürsten. Ein Stündlein Rast im Refektorium des Klosters, im Kreise der frommen Patres; zur Rechten des Bischofs der Ortspfarrer, der Pfarrer von Geismar. Dann steht der Bischof an den Aussichtspunkten des heiligen Berges. Hell leuchtet das Bischofsrot unter dem Grün der Buchen. Herbstlich klar ist die Luft. Klar und deutlich liegt das Eichsfelder Land wie eine Karte vor seinen Augen: von der Gobert her über die Kaltenebersche Kluse zum Dom von Effelder am Horizont … vorn die Täler der Frieda und Rosoppe … Geismar, Lengenfeld, Bischofstein …

Was mag die Seele des Bischofs gefühlt haben, als er das Eichsfeld vor sich sah, das demnächst zu seiner Diözese gehören wird: vielleicht derselbe Platz, auf dem einst St. Bonifatius stand und von der Höhe des Stuffenberges auf die Wälder hinabschaut, über denen noch die Finsternis des Heidentums lag; das Herz erfüllt von ähnlichen Gefühlen einer apostolischen Liebe und Sehnsucht.

Langes Schweigen, erfüllt von innerer Bewegung … Eine Bewegung, als wenn er das Land segnet, ein Blick väterlicher Liebe, ein Wort: „der neue Gottesgarten der Diözese Fulda …“ Dann nimmt er Abschied, kehrt zurück durch die fruchtbaren Auen des Werratales nach Wanfried … nach Fulda. Auf Wiedersehen im nächsten Jahr … vielleicht am Hülfenstag bei der großen Wallfahrt ... bei der Firmung.            

Autor: F. (Wanfried)
(Quelle: „Bonifatiusbote: Kirchenzeitung für das Bistum Fulda“, Ausgabe vom 29. September 1929)