Der Mordversuch an Förster Dunkelberg in Lengenfeld unterm Stein - Ergebnis der Gerichtsverhandlung (1893)

Nordhausen, 21. Juni 1893

Vor hiesigem Schwurgericht waren heute des versuchten Mordes angeklagt die Gebrüder Korbmacher Heinrich und Michael Gunkel aus Lengenfeld. Auf dem Tische vor den Geschworenen lagen 2 scharf geschliffene Beile, Kleidungsstücke etc. als Beweisstücke.

Ferner war eine schwarze Tafel mit einer Zeichnung der Lage von Lengenfeld und Umgebung, woselbst sich der Straffall abgespielt hat, aufgestellt. Der Königliche Förster Dunkelberg aus Struth hatte die Bemerkung gemacht, daß in seinem Schutzbezirke öfter Holzdiebstähle, vermuthlich von den Angeklagten Gebr. Gunkel, verübt wurden.

Am 27. März nachmittags gegen ½ 3 Uhr kam Dunkelberg nach Lengenfeld und kehrte u. a. im Lorenz’schen Gasthofe ein. Dort traf er abends gegen 7 Uhr mit den Gebrüdern Gunkel zusammen, die eben aus dem Walde kamen und Beile bei sich trugen, ließ sich mit ihnen in ein Gespräch ein und erhielt hierbei die Gewißheit, daß die Gunkels früher Holzdiebstähle ausgeführt hatten, weshalb er mit Haussuchung bei denselben drohte.

Dadurch wurde namentlich Heinrich Gunkel sehr aufgebracht und bemerkte, daß er ihn, den Förster, zum Hause hinauswerfen würde, wenn er ohne Beisein des Ortsschulzen versuchen sollte, bei ihm Haussuchung vorzunehmen, worauf ihm der Förster erwiderte, daß er sehr wohl berechtigt sei, auch ohne den Schulzen Haussuchung vorzunehmen.

In seiner Erregung, die noch durch ein Vorkommniß mit seiner Ehefrau gesteigert war, äußerte Heinrich Gunkel im Gasthause nach dem Zeugniß der anwesenden Regina Mehler zu seinem Bruder: „Ich habe mich heute so furchtbar geärgert, daß ich am ganzen Leibe zittere; was meinst Du, wenn wir uns heute abend vor das Dorf legten und ihn den Wanst voll hieben?“ Abends gegen 10 Uhr verließen die Gebrüder Gunkel das Gasthaus, und Heinrich Gunkel bot dem Förster noch eine gute Nacht.

Heinrich Gunkel ging mit zu Michael in dessen Wohnung und äußerte u.a.:„Heute abend muß der Hund sterben!“ Dann holte Michael Gunkel nochmals Schnaps aus dem Gasthause und sah hierbei, daß sich der Förster zum Fortgehen anschickte, um noch eine Patrouille in sein Waldrevier zu machen. Als der Förster am Ausgange des Dorfes angelangt war, sah er auf der Straße von Struth her zwei Männer auf sich zukommen, in denen er die Gebrüder Gunkel erkannte.

Mit dem Ausrufe: „Hund, jetzt mußt Du sterben!“ sprang alsbald Heinrich Gunkel mit hocherhobenem Beile auf den Förster los und führte nach dem Kopfe desselben einen Hieb, der aber infolge einer Wendung des Försters letzteren nur im Nacken hinter dem Ohre traf, immerhin aber, da er mit der Schärfe des Beiles Beiles geführt war, eine schwere Wunde verursachte, an welcher der Förster heute noch leidet.

Unmittelbar nach dem ersten von Heinrich Gunkel geführten Hiebe schlug auch Michael Gunkel den Förster mit dem stumpfen Theile des Beiles an den Kopf und weiter führte Heinrich Gunkel noch mehrere scharfe Hiebe aus, so daß der Förster aus drei schweren Wunden am Kopfe blutete, ihm zwei Zähne eingeschlagen waren und die linke Hand schwer verletzt wurde. Der Verletzte sank blutend nieder, konnte aber den Davoneilenden noch zurufen: „Gunkels,was habt Ihr jetzt gemacht!“

Der Förster schleppte sich dann bis zum nächsten Hause, sank dort ohnmächtig nieder und wurde dann von der Ehefrau Fick gefunden, die ihn mit Hilfe ihres Mannes in ihr Haus brachte und sofort ärztliche Hilfe herbeiholte. Der Förster ist jetzt soweit wieder hergestellt, daß ernste Gefahr für Leben und Gesundheit nicht mehr besteht. Das ärztliche Gutachten ging dahin, daß der von Heinrich Gunkel mit der Schärfe des Beiles zuerst geführte Hieb den Tod des Försters gehabt haben würde, wenn nicht durch die Wendung des Försters eine Ableitung erfolgt wäre. Aber auch die anderen Verwundungen seien ziemlich schwer gewesen Die Geschworenen bejahten sämmtliche Schuldfragen, worauf der Gerichtshof Heinrich Gunkel zu 7 ½ Jahren Zuchthaus und 8 Jahren Ehrverlust, den Michael Gunkel zu 6 Jahren Zuchthaus und 6 Jahren Ehrverlust verurtheilte.


Quelle: Saale-Zeitung allgemeine Zeitung für Mitteldeutschland. Hallesche neueste Nachrichten, Abend-Ausgabe, vom 22.06.1893, Seite 2.