Aus der Vergangenheit des Höhendorfes Struth - mit Beiträgen aus dem Struther Pfarrarchiv (1936)

Die Geschichte des obereichsfeldischen Höhendorfes Struth ist sehr wechselreich. In den Jahren um 1800 war die Gemeinde Struth durch das Gewerbe der Raschmacherei in blühendem Zustande; man vernachlässigte aber dadurch das viel sichere und dauernde Erwerbsmittel, den Ackerbau, fast vollständig. Darin lag ein großer Fehler, dessen Nachteile und Wirkungen erst in späterer Zeit zur Erkenntnis kamen. Nach dem Tilsiter Frieden von 1807 gehörte Struth zum Harzdepartement des Königreichs Westfalen, Distrikt Heiligenstadt, Kanton Dörna.

Der Ort zählte damals 121 Häuser und 603 Einwohner. Zum großen Schaden der Gemeinde Struth wurde unter der westfälischen Regierung im Jahre 1810, am 5. Juni, das Kloster Zella aufgehoben, wo die Hälfte der Struther Einwohnerschaft bisher Arbeit und Unterstützung gefunden hatte. Kloster Zella war, wie alle übrigen Klöster, ein Asyl für Arme und Notleidende. Am 4. April 1811 wurde das Kloster für 212.000 Franken an die Gebrüder Lutteroth und an Heinrich Röbling in Mühlhausen verkauft. Bei der im Jahre 1814 erfolgten Reorganisation des Fürstentums Eichsfeld wurde Struth dem Landkreise Mühlhausen zugeteilt. In dieser Zeit entstanden auch die ersten Spinn- und Webfabriken zu Mühlhausen, Treffurt und Dingelstädt und brachten die Spinnräder und Webstühle der armen Landbewohner fast ganz zum Stillstand. Die Gemeinde Struth wurde dadurch von harter Not heimgesucht. Die Einwohner sahen sich gezwungen, nach einem anderen Erwerbszweig Umschau zu halten.

Und das konnte nur der Ackerbau sein. Ein großes Glück war es für Struth, dass das Kloster Zella an die Gebrüder Herzberg aus Weißenborn verpachtet wurde, die als erfahrene Landwirte reiche theoretische und praktische Kenntnisse im Ackerbau besaßen. Ihnen hat unsere Gemeinde viel zu verdanken. Sie halfen mit Rat und Tat und brachten den Ackerbau in unserer Gemeinde nach und nach in Schwung. Große Verdienste um Struth erwarben sich auch der letzte Propst des Klosters Zella, Pater Coelestin Zander sowie der im Jahre 1824 verstorbene Pfarrer Teitzel. Wenn wir darum den heutigen Stand der Gemeinde Struth betrachten, bezüglich der Bearbeitung der Scholle, müssen wir dem früheren Ortschronisten Lehrer Gatzemeyer Recht geben, wenn er schreibt: „Struth ist Struth nicht mehr!“

Die Kirche St. Jakobus

Am Ende des 18. Jahrhunderts sah sich die Gemeinde Struth genötigt, eine neue Kirche zu bauen. Teils, weil die alte Kirche ganz baufällig, teils, weil sie zu klein war.

Im Jahre 1792, am 11. Juni, wurde der Anfang zum Steinbrechen für den Neubau der Kirche gemacht. Der Steinbruch selbst war auf dem Kirchenlande bei den sogenannten „Leinenkutten“. Die Ausführung des Baues hatte Maurermeister Krause (Heiligenstadt). Am 1. Mai 1793 wurde der erste Stein zum Fundament gelegt. Dieser Stein liegt unter der Chorkappe, wo er, mit einem Kreuz versehen, zu sehen ist. Der Kirchenbau kostete der Gemeinde viel Geld. Kruse hat kein Meisterstück mit diesem Bau geschaffen, da sich schon bald allerlei Mängel zeigten.

Um das Jahr 1800 war der Bau so weit vorangeschritten, dass am 10. August 1800 die feierliche Einweihung erfolgen konnte.

Anno 1811, am 12. IX., wurde die Orgel des aufgehobenen Klosters Zella, von dem Orgelbauer Frankenberg (Dingelstädt) auf 700 Taler taxiert, vom Herrn Kommissarius Würschmidt (Heiligenstadt) der Gemeinde Struth für 200 Taler überlassen. Auch erhielt die Kirche im selben Monat vom Herrn Kommissarius die Stühle aus der Kirche von Zella sowie auch einen Altar aus der Kirche des ebenfalls aufgehobenen Klosters Anrode als Geschenk. Der Hochaltar stammt aus der ehemaligen Abtei Gerode. Die gefälligen Altäre in echter Barockausführung bilden wohl den höchsten Kunstwert der Kirche.

Unter den Gegenständen, die der Kirche zu Struth vom Kommissarius aus der Klosterkirche vermacht wurden, verdient ein alter Äbtissinnenstuhl besondere Beachtung. An der westlichen Turmwand der unteren Empore in der Struther Kirche hatte der Chorstuhl bis Ende des vorigen Jahres seinen Standort. Die noch am besten erhaltene Rückwand des Stuhles zeigt 2 wundervolle Gemälde, rechts die Himmelfahrt, und links die Auferstehung des Heilandes. Im schmucken Klosterkirchlein zu Zella diente der Chorstuhl vormals der Äbtissin und ihrer Assistentin als Ehrenplatz.

Im Jahre 1847 wurde das Kunstwerk, nachdem es Jahrzehnte hindurch in einer Gerümpelkammer von Kloster Zella gestanden hatte, in die Struther Kirche überführt. Zurzeit wird der Chorstuhl nach Angaben des Landeskonservators in Halle würdig wiederhergerichtet und soll dann im Altarraum der Kirche seinen neuen Platz finden.

Die Pfarrei

Eng mit der Geschichte der Kirche ist auch die der Pfarrei verknüpft. Bis zum Jahre 1764 scheint Struth Filialort von Effelder gewesen zu sein, da bald Kapläne, bald Pfarrer von Effelder Gottesdienst gehalten haben. Im Jahre 1764, am 20. Oktober, wurde Benediktinerpater Maurus Wüstefeld aus Gerode von Kommissarius Huth in Struth eingeführt. Nach dessen Tode am 27. Juni 1777 folgte am 6. Oktober 1777 Pater Kesting. Als dieser 1794 als Prior nach Gerode berufen wurde, folgte ihm am 28. Oktober 1794 Pater Cölestin Zander. Selbiger erhielt anno 1805 die Würde eines Propstes des Klosters Zella. Ihm folgte im selben Jahre als Pfarrer von Struth Pater Edmund Teitzel. Dieser erlebte Zellas Aufhebung; erhielt beim Verkauf des Klosters freie Wohnung darin auf Lebenszeit und vom Könige nebst den sonstigen Einkünften noch 307 Taler, 17 Groschen als jährliches Pfarrgehalt. Pfarrer Teitzel starb am 18. Mai 1824 und fand seine Ruhestätte auf dem Struther Friedhof. Da die Wohnung des Pfarrers von Struth in Kloster Zella mit Teitzels Tode aufgehört hatte, so muhte Struth entweder eine eigene Pfarrwohnung schaffen, oder Filiale von Effelder werden. Bis zum Jahre 1827 wurde Struth dem Herrn Pfarrer Krebs (Effelder) gegen eine Vergütung von 200 Talern für die pfarrliche und seelsorgliche Administration anvertraut.

1827 im August hat sich Pfarrer Nolte aus Günterode um die Pfarrei Struth beworben. Bereits am 4. Oktober desselben Jahres ernannte ihn die Regierung in Erfurt mit folgender Ernennungsurkunde zum Pfarrer von Struth.

„Nachdem die Pfarrstelle bei der katholischen Gemeinde zu Struth im Kreise Mühlhausen erledigt worden ist, über welche seine Königliche Majestät von Preußen, unserm allergnädigsten Könige und Herrn das Patronat- und Ernennungsrecht zusteht; so hat die Königliche Regierung zu Erfurt nach der von seiner Königlichen Majestät ihr beigelegten Vollmacht, den Geistlichen Friedrich Nolte aus Günterode wegen seiner ihm angerühmten Eigenschaften zum Pfarrer der katholischen Gemeinde zu Struth ernannt. Sie ernennt denselben hiermit nochmals dergestalt, daß seiner Königl. Majestät von Preußen, unserem allergnädigsten Könige und Herrn, der Pfarrer Nolte untertänig, treu und gewärtig sei und des Vaterlandes Wohl aus allen Kräften fördern, Schaden und Nachteil verhüten, das Wort Gottes, wie es in der hl. Schrift enthalten ist und von der Kirche gelehrt wird, treu und unermüdlich predigen, die heiligen Sakramente andächtig verwalten, geistlich leben, der Gemeinde überall ein gutes Beispiel geben, überhaupt sich so betragen soll, wie es einem rechtschaffenen katholischen Pfarrer eignet und gebühret, und er es hier auf Erden vor sich selbst und der Obrigkeit, dereinst aber vor dem Richterstuhle unseres Herrn zu verantworten sich getrauet. Dagegen soll der Pfarrer Nolte alle Einkünfte, Nutzungen und sonstigen Gerechtsame, die zu dem Weltlichen seines Amtes gehören, besitzen und genießen, auch nötigenfalls dabei geschätzt werden.

Wegen der kanonischen Einsetzung und Einführung in sein Amt hat derselbe sich an die Geistlichen Obern zu wenden.

Die unterzeichnete Königliche Regierung befiehlt allen, die es angeht, besonders aber der Gemeinde Struth, den Pfarrer Friedrich Nolte als ernannten Pfarrer anzuerkennen und ihm mit gebührender Ehrerbietung und Achtung zu begegnen.

Gegeben zu Erfurt, den 24. Oktober 1827.“

Da mit dem Tode des Pfarrers Teitzel die Pfarrwohnung in Kloster Fella erlosch, musste für eine Pfarrwohnung in Struth gesorgt werden. Es wurde zunächst ein Haus nahe der Kirche gemietet zu dem hohen Mietpreis von 38 Talern jährlich. In diesem Hause wohnte der Pfarrer Nolte vom 4. Dezember 1827 bis Mitte August 1833 sehr beengt. Pfarrer Nolte wandte sich, um ein eigenes Pfarrhaus für die Gemeinde Struth zu erhalten, an die Regierung. Man machte sie darauf aufmerksam, dass sie als Rechtsnachfolgerin des Klosters Zella die Pflicht habe, für eine Wohnung in Struth zu sorgen. In seinen Bemühungen um den Bau eines Pfarrhauses wurde Pfarrer Nolte tatkräftig unterstützt durch den Landrat von Hagen (Mühlhausen), der nichts unversucht ließ, der armen Gemeinde Struth, die sich ein Pfarrhaus aus eigenen Mitteln nicht beschaffen konnte, zu helfen. Seinem Eifer entsprach dann auch der glückliche Erfolg. Das Ministerium zu Berlin genehmigte am 18. Juni 1829 den Neubau eines Pfarrhauses auf Staatskosten. Nur die Hand- und Spanndienste sollte die Gemeinde leisten sowie auch einen passenden Bauplatz beschaffen. Der Bau selbst wurde im März 1832 angefangen und am 30. Juni 1833 beendet.

Vinzenz Hoppe, Struth
(Quelle: „Mein Eichsfeld“, Jahrgang 1936, Seite 77 – 79)