Lengenfelder Echo im Wandel der Zeiten

Wir älteren Lengenfelder erinnern uns noch gern an die Urzeit des damaligen „Lengenfelder Echo“ vor gut 45 Jahren. Es erschien monatlich und der Herausgeber war der damalige Kulturbund, der in Lengenfeld eine rege Tätigkeit zeitigte. Die Arbeit und Redaktion des Blättchens war auf breite Schultern verteilt. Allen voran unser Heimatforscher und spätere Ehrenbürger Lambert Rummel. Aber auch Leute wie Walther Fuchs, Gerhardt Hildebrandt, Richard Meyer, Alex Münch, Heinrich Richwien (Kirchberg) und Josef Menge (Menges Schullehr) verliehen dem Heimatblatt Aktualität und hielten ein eichsfeldisches Heimatbewusstsein wach. Es war die Zeit, als der Kulturmensch Alex Münch unser Bürgermeister  und Lengenfeld unterm Stein fürwahr eine Kulturhochburg war. Es war auch die Zeit, als man in Lengenfeld noch Theater spielte.

Aus welchem Grund das „Lengenfelder Echo“ Ende der 1950er Jahre (1960, Februar-Ausgabe, Anm. d. Redaktion) nicht mehr erschien, vermag ich heute nicht mehr zu sagen. Heute noch blättere ich gerne in dem inzwischen vergilbten und abgegriffenen Blättchen nach. Manch schönes Gedicht, Reim, Sage, Episode, Aktuelles aus der LPG gilt es dabei mit den heutigen Augen nachzulesen.

Doch wir Menschen von heute schätzen meistens erst das, was wir plötzlich nicht mehr besitzen. Wie so oft im menschlichen Leben!

So vergingen einige Jahrzehnte. Im Jahre 1989, nach der Wende, waren wir froh und glücklich, als der „Obereichsfeld Bote“ (1990, Anm. d. Redaktion) aus der Taufe gehoben wurde.

Wiederum ein Heimatblatt, welches sogar wöchentlich erschien und das Sprachrohr der eichsfeldischen Dörfer Heyerode, Diedorf, Wendehausen, Schierschwende, Struth, Faulungen, Hildebrandshausen und Lengenfeld unterm Stein (war). Karl Laufer von Heyerode (inzwischen schon verstorben) griff wöchentlich zur Feder und trug wesentlich zur Gestaltung und Unterhaltung bei.

Auch ich, inzwischen im Ruhestand, entdeckte, um keine Langeweile aufkommen zu lassen, etwas Talent und Freude am Schreiben. So berichtete ich wöchentlich über Licht und Schatten in unserem Dorf.

Aber auch aus den anderen Dörfern kamen unterhaltsame Beiträge sowie amtliche und kirchliche Vermeldungen. Das Blättchen erschien jeweils zum Wochenende und so mancher hatte somit seine Sonntagslektüre im Haus. Doch die Zeit bleibt nicht stehen. Es zog die moderne Kommunikationstechnik – der Ortskanal – in einige Gemeinden ein und man legte amtlicherseits keinen Wert mehr auf das Erscheinen des Obereichsfeld-Boten. Zu guter Letzt waren es fast nur noch Lengenfelder Leser, die ein Abo für den „OB“ hatten. Und wie so oft in der heutigen Zeit kam der Tag, wo es hieß: „Es rechnet sich nicht mehr.“

Der Druck und das Erscheinen wurden eingestellt. Wir Lengenfelder bedauerten dies sehr.

Für mich persönlich war dies emotional ein rabenschwarzer Tag und ich bedauerte dies in der letzten Ausgabe mit nachstehenden Versen:

In der Wendezeit wurd’ er aus der Taufe gehoben.
Ich meine unser Amtsblatt, den „Obereichsfeld-Boten.“
Voller Mitteilungen, Beschlüsse und Berichte,
es war die neue Freiheit, es galt optimistisch die Zukunft zu sichten.

Von Karl Läufer aus Heyerode, konnte man wöchentlich lesen,
was heute ist und wie es früher gewesen.
Von Diedorf, da kam ein Wanderer des Weges gegangen,
humoristisch hat er berichtet, ganz spannend und unbefangen.
Auch Rita aus Wendehausen, die meldete sich zu Wort
und die Pfarrer, die vermelden aus der Kirche vom Ort.

Der Faulunger Ernst, auch des Schreibens sehr kundig,
unterhielt mit Jugenderlebnissen sehr witzig und pfundig.
Eva-Maria, eine junge Dame aus Hildebrandshausen,
kritisch und satirisch, mancher bekam davon Ohrensausen.

Und Willi, der Schreiberling aus Lengenfeld unter dem Stein,
machte jahrelang Woche für Woche seinen Reim.
Manfred von der Struth, der machte es auch ganz toll,
so war in den ersten Jahren, der „Bote“ immer proppevoll!

Voller Erwartung und schmunzelnd haben die Leser das Blatt genommen,
inzwischen auf Sparflamme, dünner wie dünn, schon fast heruntergekommen.
Unlängst, es war zum Weinen, nur noch zwei Blatt,
als unsre Schwester Josefa, grad ihren Urlaub hatt’.

Unsre Nachbarn auf der Höh’, die drücken den Knopf und schalten an,
ihren Fernseher und wissen: was, wie, wo und wann?
Die Großgemeinde „Katterberg“, die wurd’ dem Amtsblatt untreu.
Im „Mühlhäuser Wochenblatt“ vermelden sie, was bei ihnen neu.

„Warum bist denn du so schweigsam gewesen?“,
Fragten viele ältere Menschen und haben mich gebeten:
„Willi, schrieb dü dach wedder ins Blaatchen rin,
üsser Vermeldungen vum Pfarrn, stett ja nüscht mie drin.

Un de Geburtstage vun dan aalen Lieten,
de dar Schulze jede Wochen lett ninschriebe.
Das es en bischen wennig fer unser Gald,
nur weigen dan kerchlichen Vermeldungen, hun me‘s nit obbestaalt.“

Den Bitten entsprechend, hatt’ ich mir nun vorgenommen,
wenn die trüben Herbst- und Wintertage kommen,
schreibend zu versuchen, ob s da oben noch funkt.
Wollt’ bringen wieder dies und jenes auf den Punkt.

Was gut ist in unsrem schönen Lengenfeld,
doch auch, was dir und mir nicht gefällt.
Denn: Wo viel Licht, da ist auch viel Schatten,
diese weise Erkenntnis, schon unsere Ahnen hatten.

Doch inzwischen kam von Linus Wittich die Botschaft an:
Es sind zu wenig Leser, wegen roter Zahlen man das Blatt nicht drucken kann.
Zum Monatsende, da ist der Tag Ultimo,
dann schweigt der wöchentliche „Obereichsfeld-Bote“.

Der Bürgermeister, mit seinem „Zwölfer-Rat“,
muss Ausschau halten, für ein neues Amtsblatt.
Bekanntlich hat unser Dorf keinen Kanal im Funk,
wo man das Amtliche, bringt auf den Punkt.

Tritt vielleicht noch ein Wunder ein?
Und im Jahr 2000, ein neues „Lengenfelder-Echo“ erscheint!
In dieser Hoffnung, sag ich Euch Lengenfeldern „Auf Wiedersehn“.
Mit Gewissheit weiß ich: „Die Zeit bleibt niemals stehn.“

So bleibt mir zum Abschied heute nur zu sagen,
ein schönes Lied fällt mir ein, aus meinen Jugendtagen:
„Zum Abschied reich ich dir die Hände
und sag’ dir leis auf Wiedersehn.
Ein schönes Märchen geht zu Ende,
Es war ja so schön.“

Und so lauteten zwei Zeilen dieses Gedichtes recht hoffnungsvoll:

„Tritt vielleicht noch ein Wunder ein? Und im Jahr 2000, ein neues „LE“ erscheint?“

Zur Freude vieler Lengenfelder wurden diese Verse in die Tat umgemünzt. Auf Initiative von Bürgermeister Augustin Dienemann und Walter Schröder wurde Ende 1999 das erste neue „Lengenfelder Echo“ als Sonderdruck herausgegeben. Und das heutige Exemplar ist die 31. Ausgabe seither.

Ein herzliches Dankeschön für den Mut und die Tatkraft, ein solches Heimatblatt zu gestalten und finanziell zu unterhalten. Das Spendenkonto steht jedem Leser offen und Spenden sind für den Fortbestand nötig und erwünscht!

Doch wie ich weiß, ist zurzeit Walter Schröder als Einzelkämpfer für die Herausgabe zuständig und verantwortlich. Fällt er jedoch aus, durch Urlaub, Krankheit oder ...?, so ist das weitere Erscheinen sehr fraglich. Das wäre natürlich jammerschade!

Nach meinem Dafürhalten und Empfinden müsste Satz, Gestaltung und Druck auf breitere Schultern verteilt werden.

Wir haben im Ort ein Gymnasium mit vielen interessierten und begabten Schülern, aus welchem ein solches Redaktionskollegium hervorgehen könnte. Alle Schüler der oberen Klassen beherrschen heutzutage die Computertechnik – das A und O für die Gestaltung einer Zeitung.

Aber auch in unseren Vereinen sind Mitglieder beheimatet, die solche Fähigkeiten besitzen. Man sollte sich daher in der Gemeinde darüber mal einige Gedanken machen. In der Medizin heißt es: „Vorbeugen ist besser als heilen und bei der Feuerwehr spricht man vom „Vorbeugenden Brandschutz.“

Meine Ausführungen sollten nur dazu anregen, mal darüber nachzudenken. Nicht, dass es eines Tages wieder Geltung erlangt: Zum Abschied reich ich dir die Hände ...

Im gutgemeinten aber auch kritischem Sinn
Ihr Willi Tasch
(Quelle: „Lengenfelder Echo“, Juli-Ausgabe 2002, S. 5-6)